BFH Beschluss v. - II B 30/01

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) errichtete auf einem nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WoEigG) geteilten Grundstück ein Gebäude mit mehreren Eigentumswohnungen. Bezüglich der streitbefangenen Eigentumswohnung stellte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) im Wege der Nachfeststellung auf den noch die Grundstücksart unbebautes Grundstück und den Einheitswert auf 8 300 DM fest. Nachdem die Wohnung im Herbst 1995 verkauft worden war, versuchte das FA die zwischenzeitliche Baugeschichte der Wohnung zu klären, und zwar insbesondere ihren tatsächlichen Zustand am . Auf die Anforderung einer Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf diesen Stichtag erhielt das FA zur Frage der Bezugsfertigkeit mehrere Angaben. So hieß es nacheinander, a) die Wohnung sei 1995 bezugsfertig geworden, b) bei der Wohnung habe es sich um eine Musterwohnung gehandelt, die seit längerer Zeit fertiggestellt gewesen sei, c) bei der Jahresangabe 1995 könne es sich um das Datum der Abnahme durch den Wohnungskäufer handeln und d) bei der Veräußerung der Wohnung sei diese noch nicht bezugsfertig gewesen, weil die Toilette noch nicht angeschlossen, die Teppichböden noch nicht verlegt und die Wohnung noch nicht vollständig gefliest gewesen sei.

Daraufhin erließ das FA zunächst einen Einheitswertbescheid auf den , mit dem es die Grundstücksart Einfamilienhaus und den Einheitswert auf 29 800 DM feststellte. Während des anschließenden Klageverfahrens erließ es am einen nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid auf den , mit dem es die Grundstücksart Geschäftsgrundstück und den Einheitswert auf 29 100 DM festsetzte. Dem lag die Annahme zugrunde, die Wohnung habe als Musterwohnung gedient. Diesen zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Änderungsbescheid, dessen Aufhebung die Klägerin ebenso begehrte, wie sie zuvor die Aufhebung des geänderten Bescheides verlangt hatte, hielt das Finanzgericht (FG) für rechtmäßig. Es würdigte den Sachverhalt dahin, dass die Eigentumswohnung am der Klägerin für eigene gewerbliche Zwecke als Musterwohnung gedient habe. Die Wohnung sei an diesem Stichtag soweit ausgebaut gewesen, dass den Kaufinteressenten der Zustand einer Wohnung im Endausbau habe verdeutlicht werden können. Dadurch sei es möglich gewesen, andere Wohnungen bis zum Verkauf in einem Zustand zu belassen, bei dem Ausbauwünsche der Erwerber noch hätten berücksichtigt werden können.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung zu.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn über eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und einheitlichen Handhabung des Rechts berührt (vgl. , BFHE 122, 119, BStBl II 1977, 608). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert darzulegen (vgl. , BFHE 147, 219, BStBl II 1986, 858). Daran hat sich durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom (BGBl I 2000, 1757) nichts geändert (vgl. , Der Betrieb 2001, 2429; Deutsches Steuerrecht 2000, 2068). An einer derartigen schlüssigen Darlegung fehlt es im Streitfall.

Die Klägerin hat nicht die Rechtsfrage nach der bewertungsrechtlichen Beurteilung von Musterwohnungen aufgeworfen. Vielmehr ist ihrem Sachvortrag sinngemäß die Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zu entnehmen, ob Wohnungen, die unter den heutigen Bedingungen eines Käufermarktes schon während der Bauphase und unabhängig vom Baufortschritt von einer Vielzahl von Kaufinteressenten besichtigt werden, bereits im Rohbauzustand als Geschäftsgrundstück zu bewerten sind. Diese Rechtsfrage ist jedoch im Streitfall nicht klärungsfähig, weil die zu bewertende Eigentumswohnung nach den bindenden und nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG ”weitestgehend ausgebaut” und bereits zur Demonstration des Endausbaus der Wohnungen geeignet gewesen ist.

Auch die Darlegung der angeblichen grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage ist unschlüssig. Die grundsätzliche Bedeutung soll sich daraus ergeben, dass die der Vorentscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung des FG dazu führe, einem Erwerber die degressive Gebäudeabschreibung nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes zu versagen, sobald eine Wohnungsbesichtigung stattgefunden habe. Dies ist der Vorentscheidung offensichtlich nicht zu entnehmen, da das FG die zusätzlichen Anforderungen gestellt hat, dass die Wohnung ausgebaut gewesen und als Musterwohnung eingesetzt worden sein muss.

Fundstelle(n):
PAAAA-68163