Revisionsbegründung: Anforderungen an die Inbegriffsrüge bei unterbliebener Erörterung einer Sacheinlassung des Angeklagten im Urteil
Gesetze: § 261 StPO, § 267 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO
Instanzenzug: Az: 31 KLs 9/15nachgehend Az: 4 StR 142/17 Beschlussnachgehend Az: 4 StR 142/17 Beschluss
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen, Betruges in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern, wegen Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern sowie wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchtem Betrug“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
2Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge der Verletzung von § 261 StPO Erfolg. Die weiteren Verfahrensrügen sowie die Sachrüge bedürfen daher keiner näheren Erörterung.
3Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Landgericht in seiner Beweiswürdigung davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe sich „zur Sache nicht eingelassen“, obwohl er sich, was durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen ist, am 10. Hauptverhandlungstag zur Sache eingelassen hat.
41. Die Rüge ist zulässig erhoben.
5Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts gehört der Inhalt der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht zu den den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und musste deshalb in der Revisionsrechtfertigung auch nicht vorgetragen werden. Den Inhalt der Sacheinlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung festzustellen - in welcher Form auch immer diese erfolgt ist - ist Sache des Tatrichters, der dafür bestimmte Ort sind die Urteilsgründe (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 516/08, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vom - 3 StR 489/14, NStZ 2015, 473).
62. Die Rüge hat auch in der Sache Erfolg.
7a) Angesichts der durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesenen Tatsache (§ 274 StPO), dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom „weiter zur Sache“ aussagte, sind die Urteilsgründe lückenhaft. Sie ermöglichen dem Senat nicht die Nachprüfung, ob der Tatrichter bei der Urteilsfindung alles verwertet hat, was Gegenstand der Hauptverhandlung war. Vielmehr ist zu besorgen, dass das Landgericht bei der Beweiswürdigung die Einlassung des Angeklagten nicht mit berücksichtigt hat und seiner Überzeugungsbildung deshalb eine tragfähige Grundlage fehlt (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 2 StR 204/07, StV 2008, 235; vom - 1 StR 242/17).
8b) Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verstoß gegen § 261 StPO beruht. Der Inhalt der Einlassung des Angeklagten ist wegen des Verbots, den Inhalt der Hauptverhandlung zu rekonstruieren, der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht zugänglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 17/03, BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; vom - 3 StR 6/08, BGHSt 52, 175, 180; vom - 3 StR 516/08, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; im Ergebnis ebenso ).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:270917B4STR142.17.1
Fundstelle(n):
wistra 2018 S. 170 Nr. 4
XAAAG-64185