Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht versagt hat.
Das FA führte bei der Klägerin, einer GmbH, eine Betriebsprüfung durch. Gegen den ihr übersandten Bericht über diese Prüfung legte die Klägerin einen Einspruch ein, den das FA am als unzulässig zurückwies.
Im Anschluss an die Betriebsprüfung erließ das FA gegenüber der Klägerin geänderte Steuerbescheide für die Streitjahre. Diese Bescheide tragen das Datum ; wann die Klägerin sie tatsächlich erhalten hat, ist zwischen den Beteiligten streitig. Der Körperschaftsteuerbescheid 1994 wurde später aus hier nicht entscheidungserheblichen Gründen zugunsten der Klägerin geändert; den Änderungsbescheid hat die Klägerin gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der seinerzeit geltenden Fassung zum Gegenstand des (erstinstanzlichen) Klageverfahrens gemacht.
Einsprüche gegen die Bescheide vom gingen beim FA zunächst nicht ein. Am teilte jedoch der Geschäftsführer der Klägerin (G) dem FA telefonisch mit, er habe Mahnungen über Steuerrückstände erhalten, obwohl der Einspruch gegen den Betriebsprüfungsbericht noch anhängig sei. Hierzu wies die Bearbeiterin des FA den G darauf hin, dass der genannte Einspruch bereits beschieden worden sei und dass Einsprüche gegen die Steuerbescheide dem FA nicht vorlägen. Daraufhin übersandte die steuerliche Beraterin der Klägerin dem FA noch am selben Tag per Telefax ein ebenfalls vom datierendes Schreiben mit folgendem Wortlaut: ”Gegen die ursprünglichen Bescheide für 1991 bis 1994…haben wir fristgerecht Einspruch und AdV eingelegt, wie sie auch aus beiliegenden Kopien (Postausgangsbuch, Fristenkontrollbuch) entnehmen können.” Diesem Schreiben lagen folgende Unterlagen bei:
- Ein Einspruchsschreiben mit Datum vom , das die Bescheide vom betrifft,
- die Kopie eines Auszugs aus dem Postausgangsbuch der Beraterin, in dem unter dem das FA als Empfänger in Sachen der Klägerin verzeichnet ist und die zugehörige Spalte die Bemerkung ”Einspruch Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer 91 bis 94” trägt,
- eine Kopie aus einem Fristenkontrollkalender, in der es unter Bezeichnung der Klägerin und unter dem Datum heißt: ”rk Einspr. St-B 91-94” sowie
- der mit dem Eingangsstempel vom versehene Gewerbesteuermessbescheid 1991.
Das FA verwarf die Einsprüche als unzulässig. Die deswegen erhobenen Klagen wies das Finanzgericht (FG) ab, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden.
Das FA ist den Nichtzulassungsbeschwerden entgegengetreten.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Wird hierauf eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss die grundsätzliche Bedeutung in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde kann das Vorliegen dieses Zulassungsgrundes nur hinsichtlich derjenigen Rechtsfragen geprüft werden, die in der Beschwerdebegründung bezeichnet sind (Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 55).
2. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat eine Rechtssache dann, wenn die Entscheidung des konkreten Falles von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhängt, die im allgemeinen Interesse an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn das angefochtene Urteil auf der Anwendung von Regeln beruht, die in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entwickelt worden sind. In einer solchen Situation darf die Revision nur dann zugelassen werden, wenn Gesichtspunkte erkennbar sind, die in der bisherigen BFH-Rechtsprechung nicht berücksichtigt waren und die deshalb eine erneute höchstrichterliche Entscheidung der maßgeblichen Rechtsfrage erforderlich machen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N.).
Im Streitfall hat das FG angenommen, dass die Begründung des von der Klägerin gestellten Wiedereinsetzungsantrags nicht denjenigen Anforderungen genügt, die nach der Rechtsprechung des BFH an einen solchen Antrag zu stellen sind. Diese Würdigung hat die Klägerin nicht angegriffen; sie hat vielmehr ausdrücklich vorgetragen, dass das FG-Urteil in diesem Punkt mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung übereinstimme.
Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung sieht die Klägerin (allein) in der Frage, ob die unzureichende Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags dann unschädlich sei, wenn die Finanzbehörde durch unzureichende Hinweise eine Ergänzung des Vorbringens verhindert habe. Diese Frage hat jedoch schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags nach § 110 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ausschließlich Sache des Antragstellers ist. Daher ist nicht klärungsbedürftig, dass die Finanzbehörde nicht verpflichtet ist, den Antragsteller über den erforderlichen Inhalt eines Wiedereinsetzungsgesuchs aufzuklären oder zur Ergänzung eines unzulänglich begründeten Antrags aufzufordern; das gilt jedenfalls dann, wenn —wie im Streitfall— der Antrag unter Mitwirkung eines fachkundigen Beraters gestellt wurde (vgl. , BFH/NV 1988, 242; , BFH/NV 2002, 358, 359; Kuczynski in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 110 AO Rz. 46). Eine Beratungspflicht der Behörde erwächst entgegen der Ansicht der Klägerin insbesondere nicht aus dem verfassungsrechtlichen Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) oder aus der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG), da beide nicht von der selbstverantwortlichen Einhaltung der bestehenden verfahrensrechtlichen Vorschriften entbinden. Eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt mithin nicht in Betracht.
3. Ebenso beruht das angefochtene Urteil nicht, wie die Klägerin meint, auf einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Das von der Klägerin gerügte Verhalten des FA vermag einen solchen schon deshalb nicht zu begründen, weil § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO grundsätzlich nur Fehler im gerichtlichen Verfahren, nicht aber Fehler im voraufgegangenen Verwaltungsverfahren erfasst (, BFH/NV 2001, 1591; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 77, m.w.N.). Ein Verfahrensfehler des FG liegt nicht vor.
Insbesondere hat das FG nicht dadurch, dass es den Wiedereinsetzungsantrag als unzureichend begründet angesehen und aufgrund dieser Erwägung die Klage abgewiesen hat, das Recht der Klägerin auf Gehör verletzt. Es war nicht verpflichtet, die Klägerin im Verlauf des Verfahrens darauf hinzuweisen, welche Gesichtspunkte es für entscheidungserheblich hielt. Eine solche Hinweispflicht besteht nur dann, wenn das FG seine Entscheidung auf eine Erwägung stützen will, mit der ein Beteiligter ersichtlich nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste (, BFHE 185, 422, BStBl II 1998, 383, 384; vom VIII R 28/95, BFHE 186, 29, BStBl II 1998, 505; , BFH/NV 1998, 1352). Um eine solche Gestaltung geht es im Streitfall nicht, da jeder Verfahrensbeteiligte davon ausgehen muss, dass das FG seiner Entscheidung die einschlägige BFH-Rechtsprechung zu Grunde legt. Genau darum aber geht es nach dem Vortrag der Klägerin im Streitfall.
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MAAAA-68070