Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte Einnahmen aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer aus der Aufstellung von Spielautomaten sowie aus dem Betrieb einer Spielhalle in G. Die Verwaltung wurde vom Wohnsitz des Klägers aus vorgenommen. Für die Spielhalle waren seinerzeit Räume angemietet und für die besonderen Erfordernisse entsprechend umgebaut worden. Wegen Arbeitsüberlastung und auch aus Krankheitsgründen veräußerte der Kläger die Spielhalle im Januar des Streitjahres 1990 für ... DM; der Veräußerungsgewinn betrug ... DM. Zum wurde der restliche Betrieb ”Automatenaufstellung” in die ...Automaten-GmbH eingebracht.
In dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheid besteuerte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) den Gewinn als laufenden gewerblichen Gewinn. Die Einrichtung der Spielhalle habe nur zu einer Betriebserweiterung geführt; eine Trennung der Bereiche ”Automatenaufstellung” und ”Spielhalle” sei nicht zu erkennen. Die Kläger waren hingegen der Auffassung, dass die Spielhalle die Voraussetzungen eines Teilbetriebs erfülle. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt; die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 622 veröffentlicht. Der Kläger habe einen Teilbetrieb veräußert; die Spielhalle sei als eigenständiger Bereich lebensfähig und selbständig gewesen. Die Eigenständigkeit zeige sich auch im Kaufpreis. Einem Erlös von 285 000 DM hätten Buchwertabgänge von nur 40 250 DM gegenübergestanden. Der erhebliche Mehrbetrag müsse einen Geschäftswert abgegolten haben. Es komme nicht entscheidend darauf an, dass der Kläger für die Spielhalle keine eigenständige Buchführung erstellt habe. Ebenso sei nicht von Bedeutung, dass der Kläger betriebliche PKW auch zur Betreuung der Spielhalle genutzt habe.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung der § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
1. Wegen der sachlichen und örtlichen Überschneidung der Tätigkeiten des Klägers liege ein Teilbetrieb nicht vor. Das Merkmal der sachlichen Eigenständigkeit sei nicht erfüllt. In der Spielhalle seien neben zwei Billardtischen und zwei Geräten mit Geschicklichkeitsspielen hauptsächlich Geldspielgeräte aufgestellt. Die Funktion der Geldspielgeräte sei in der Spielhalle und in den Gaststätten die gleiche (vgl. dazu , BFH/NV 1991, 291). Nach Auffassung des BFH reiche es für die Annahme eines Teilbetriebs nicht aus, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter in der Hand eines Erwerbers eine ausreichende Grundlage für ein Unternehmen bilden könnten.
2. Letztlich bestehe auch eine ”personelle sächliche Verbindung” zwischen den beiden Tätigkeiten. Der Kläger habe denselben betrieblichen PKW regelmäßig für Fahrten zur Betreuung der Automaten in der Spielhalle und in den Gaststätten benutzt.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
II. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Einkommensteueränderungsbescheid vom , den die Kläger nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a.F. zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben.
Die Revision des FA ist gemäß § 126 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen. Der Kläger hat einen Teilbetrieb veräußert; der Veräußerungsgewinn unterliegt dem ermäßigten Steuersatz nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG.
1. Unter einem Teilbetrieb ist ein organisatorisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der —für sich betrachtet— alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des EStG aufweist und als solcher nach Art eines selbständigen Zweigbetriebs lebensfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. , BFH/NV 1998, 1209).
Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche organisatorische Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse —beim Veräußerer— zu entscheiden. Bei dieser Gesamtwürdigung kommt den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Abgrenzungsmerkmalen —z.B. räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, eigener Wirkungskreis, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm— je nachdem, ob es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt, unterschiedliches Gewicht zu. Die Merkmale brauchen nicht kumulativ erfüllt zu sein; der Teilbetrieb erfordert nur eine gewisse Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 1209, m.w.N.).
2. Im Streitfall überwiegen die Merkmale, die für einen Teilbetrieb sprechen; die Spielhalle ist kein unselbständiger Teil eines einheitlichen Betriebs. Der Betrieb der Spielhalle und der Betrieb von Automaten in Gaststätten waren räumlich voneinander getrennt. Die Spielhalle war mit eigenen Wirtschaftsgütern ausgestattet; das angestellte Personal war nur in der Spielhalle tätig. Die Geschäftsbereiche waren ungleichartig; Automatenaufstellung in fremden Gaststätten und der Betrieb einer eigenen Spielhalle mit einer eigenen Konzession haben zwar beide mit dem Einsatz von Spielgeräten zu tun, unterscheiden sich aber deutlich hinsichtlich ihrer Eigenart, ihrer Organisation und ihres Umfeldes. Die Automatenaufstellung umfasst nur einen Teilbereich im Vergleich zum Betrieb einer Spielhalle. Im Unterschied zu Einzelhandelsfilialen (dazu , BFH/NV 1992, 516) konnte die Spielhalle separat betrieben werden; ihre Eigenständigkeit zeigt sich auch in dem relativ hohen Kaufpreis, der die Buchwerte des übertragenen Vermögens bei weitem überstieg und durch die betriebliche Organisation und die Gewinnaussichten bestimmt war. Demgegenüber tritt der Umstand, dass der Kläger für die einzelnen Teile keine selbständige Buchführung erstellte, ebenso in den Hintergrund wie der Einsatz des betrieblichen PKW für beide Bereiche; die Selbständigkeit der Spielhalle wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger die Geldspielautomaten in der Spielhalle selbst leerte, Wechselgeld bereitstellte und gelegentlich Reparaturen ausführte. Diese Verbindungen sind nicht geeignet, die im Übrigen bestehende wesensmäßige und organisatorische Selbständigkeit der beiden Bereiche aufzuheben. Ebenso steht der Selbständigkeit nicht entgegen, dass der Kläger in dem Ort, in dem er die Spielhalle betrieb, zugleich einige wenige Automaten in Gaststätten aufgestellt hatte und damit in der nämlichen Gemeinde auch seinem weiteren Betrieb als Automatenaufsteller nachging, da hinreichend unterschiedliche Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich auch in sich räumlich überschneidenden Gebieten getrennt voneinander ausgeübt werden können.
Diese Beurteilung widerspricht nicht dem BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 291. In diesem Fall beurteilte der BFH bei einem Groß- und Einzelhändler von Tabakwaren die (mit dem Streitfall nicht vergleichbare) Veräußerung von 416 Automaten aus einem Bestand von 440 Automaten nicht als Teilbetriebsveräußerung. Im Unterschied zu dieser Entscheidung hat der VIII. Senat im Urteil in BFH/NV 1998, 1209 die Veräußerung eines größeren Bestandes von Automaten als Teilbetriebsveräußerung beurteilt; allerdings wurden bei dieser Veräußerung zuvor erworbene und vom eigentlichen Unternehmen entfernt liegende Unternehmensteile wieder abgegeben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 336 Nr. 3
DStRE 2002 S. 423 Nr. 7
KÖSDI 2002 S. 13265 Nr. 5
DAAAA-68008