BFH Beschluss v. - XI B 111/99

Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb im Jahre 1990 von der Treuhandanstalt eine Apotheke. Seine Bemühungen, im Jahre 1991 das Gebäude, in dem sich die Apotheke befand, zu kaufen, scheiterten an den ungeklärten Eigentumsverhältnissen. Erst nachdem das Grundstück auf den Rückerstattungsberechtigten übergegangen war und dieser es veräußert hatte, konnte es der Kläger mit Kaufvertrag vom erwerben.

In seiner Bilanz zum bildete der Kläger für den Erwerb des Grundstücks eine Rücklage nach § 6 Abs. 1 des Fördergebietsgesetzes (FördG). Nach einer Außenprüfung beim Kläger erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) die Rücklage im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 1991 nicht an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit ihrer Beschwerde begehrten die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, hilfsweise Divergenz zuzulassen. Zu klären sei die Frage, was im Falle der Anschaffung eines Grundstücks unter ”Investition begonnen worden ist” i.S. des § 6 FördG zu verstehen sei. Keineswegs sei hierfür die notarielle Beurkundung des Kaufvertrages als notwendig anzusehen. Er (der Kläger) habe einschließlich der Sicherung der Finanzierung alles getan, um das Grundstück zu erwerben. Nach Sinn und Zweck der Begünstigung müsste die Rücklage gewährt werden, wenn ein eindeutiger und nach außen hin dokumentierter Investitionswille des Steuerpflichtigen vorliege, die Investition lediglich wegen administrativer, dem Steuerpflichtigen nicht zurechenbarer Umstände gehemmt werde. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), was unter Beginn der Investition zu verstehen sei, liege bisher nicht vor. Aus Literatur und Rechtsprechung ergebe sich überwiegend, dass hierfür eine entsprechende nach außen hin gerichtete verbindliche Abgabe des Entschlusses ausreichend sei. Die angefochtene Entscheidung stelle demgegenüber auf das zusätzliche Merkmal des vollständigen Abschlusses eines Kaufvertrags ab. Der aufgeworfenen Rechtsfrage komme über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung zu, weil es in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle aufgrund der Verzögerung administrativer Entscheidungen erst nach dem zu einer notariellen Beurkundung gekommen sei.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, weil die Kläger Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise nicht dargetan hätten.

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F., welcher gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) anzuwenden ist.

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom XI B 218-221/95, BFH/NV 1998, 190, m.w.N.). Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln. Die grundsätzliche Bedeutung ist nur dann i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. dargelegt, wenn der Beschwerdeführer substanziierte und konkrete Angaben darüber macht, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (Beschluss in BFH/NV 1998, 190, m.w.N.). Auch wenn die Rechtsfrage —wie im Streitfall— vom BFH noch nicht entschieden ist, so ist doch eine Auseinandersetzung mit den wichtigsten im Schrifttum und der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) dazu vertretenen Auffassungen notwendig. Es ist auch zumindest erforderlich, dass unter Heranziehen der vorhandenen Rechtsprechung des BFH, die zu dem allgemeinen Problemkreis vorliegt, in dem die aufgeworfene Rechtsfrage steht, dargetan wird, dass sich aus diesen Entscheidungen keine Lösung ableiten lasse (, BFH/NV 1998, 1226, m.w.N.).

Diesen Erfordernissen genügen die Ausführungen der Kläger in der Beschwerdeschrift nicht. Das FG hat —entgegen dem Vortrag der Kläger— für den Beginn der Investition nicht auf den Abschluss des notariellen Kaufvertrags abgestellt, sondern —unter Hinweis auf Meinungen in der Literatur— darauf, dass der Steuerpflichtige die Vereinbarungen mit dem Verkäufer bis zur Vertragsreife gebracht hat und nur noch die notarielle Beurkundung fehlte. Den Ausführungen der Kläger lässt sich nicht entnehmen, weshalb danach die Rechtsfrage noch der Klärung bedarf. Die Kläger setzen sich mit dem zum FördG auseinander, in dem die Frage nicht abschließend geregelt sei, und halten den Abschluss eines Kaufvertrags nach Sinn und Zweck und unter Hinweis auf eine Kommentarstelle, auf die das FG seine Entscheidung gestützt hat, für den Beginn der Investition für nicht erforderlich. Auch aus den Entscheidungen des BFH zum Herstellungsbeginn vom IV R 83/88 (BFHE 159, 133, BStBl II 1990, 290) und zum Anschaffungsbeginn vom IV R 160/78 (BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101) ergebe sich, dass die endgültige und nach außen hin dokumentierte Willensäußerung des Investors zur Durchführung der Investition ausreiche. Inwiefern die Rechtsfrage umstritten und nicht ebenso zu beantworten ist, wie dies das FG getan hat, ist nach dem Vortrag der Kläger nicht erkennbar.

Darüber hinaus haben die Kläger das allgemeine Interesse an einer Entscheidung des BFH in der Beschwerdeschrift nicht dargetan. Ihre Ausführungen hierzu im Schriftsatz vom können wegen Ablaufs der Beschwerdefrist nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. z.B. , BFH/NV 1995, 312). Die bloße Behauptung, dass gleich gelagerte Fälle gegeben seien, reicht nicht aus. Auch wenn bekanntermaßen ungeklärte Eigentumsverhältnisse im Beitrittsgebiet nicht selten waren, besagt dies noch nichts über die Häufigkeit der Bildung der Rücklage nach § 6 Abs. 1 FördG in solchen Fällen, zumal die Vorschrift nur 1991 und 1992 anzuwenden war (§ 8 Abs. 2 FördG).

Das Urteil des BFH, von dem das FG nach Meinung der Kläger abgewichen ist, haben die Kläger nicht i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. bezeichnet. Zwar reicht es aus, dass nur die Fundstelle des BFH-Urteils angegeben wird. Die Bezeichnung erfordert im Übrigen aber unter anderem die Darlegung, dass —bei vergleichbarem Sachverhalt— das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem ebenso tragenden abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung des BFH abweicht (Beschluss in BFH/NV 1998, 190, m.w.N.). Hieran fehlt es.

Der Senat sieht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO von einer Begründung ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 184
BFH/NV 2003 S. 184 Nr. 2
JAAAA-67919