Kriterien für die Nichtigkeit eines Steuerbescheids
wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder des Vorliegens eines
besonders schwerwiegenden Fehlers
Leitsatz
1. Ein
Verwaltungsakt ist nur dann im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 AO sittenwidrig,
wenn er selbst, mithin die durch ihn getroffene Regelung, gegen
die guten Sitten verstößt. Sittenwidriges Verhalten im Vorfeld des
Erlasses eines Verwaltungsaktes führt somit nicht zur Nichtigkeit.
2. a)
Ein nach § 125 Abs. 1 AO zur Nichtigkeit führender besonders schwerwiegender Fehler
liegt nur vor, wenn der rechtswidrige Verwaltungsakt die an eine
ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so hohem
Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, den ergangenen
Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen.
b)
Keine Entscheidungskriterien sind, ob der Fehler der Finanzbehörde
bewusst oder aus Versehen unterlief und ob er vermeidbar oder unvermeidbar
war.
c)
Allein eine schlechthin nicht zu rechtfertigende, bereits aus dem
bekanntgegebenen VA ersichtliche absolute Gesetzlosigkeit bewirkt
dessen Nichtigkeit. Eine solche absolute Gesetzlosigkeit ist anzunehmen,
wenn es den VA seiner Art oder seinem Inhalt nach überhaupt nicht
geben kann, etwa wenn ein Steuerbescheid eine gesetzlich nicht vorgesehene
Steuer oder eine Steuer für einen Sachverhalt festsetzt, der unter
gar keinen Umständen unter einen gesetzlichen Steuertatbestand subsumiert
werden kann.
Fundstelle(n): KAAAG-62539
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