Änderungsmöglichkeit eines Einkommensteuerbescheids nach § 129 bzw. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bei vom Steuerpflichtigen durch
Beifügung einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erklärten, in der Anlage V an falscher Stelle aufgeführten und vom FA
aufgrund eines Rechtsanwendungsfehlers nicht besteuerten Einkünften aus einem Vermietungsobjekt
Leitsatz
1. Bezog die Steuerpflichtige Vermietungseinkünfte aus der Vermietung eines Objekts sowie aus der Beteiligung an einem geschlossenen
Immobilienfonds, hat sie in der von einem Steuerberater erstellten Anlage V der Einkommensteuererklärung aber lediglich den
Überschuss aus der Vermietung des Objekts, zudem unzutreffend in der Zeile „Anteile an Einkünften an einer Grundstücksgemeinschaft”,
erklärt und hat die Sachbearbeiterin trotz einer der Einkommensteuererklärung beigefügten „Gewinnermittlung nach § 4 Abs.
3 EStG”, in der der „Gewinn” aus der Vermietung des Objekts ermittelt wurde, unzutreffend angenommen, es handle sich dabei
um die Einkünfte aus der Fondsbeteiligung, für die bereits eine einen Verlust ausweisende Mitteilung über die einheitliche
und gesonderte Feststellung von Vermietungseinkünften vorlag, und hat sie deswegen bei Erstellung des Einkommensteuerbescheids
bei den Vermietungseinkünften anstelle des erklärten Überschusses lediglich den Verlust aus der Fondsbeteiligung angesetzt,
so ist eine Berichtigung des bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheids nach § 129 AO aufgrund der Möglichkeit eines
sachverhaltsbezogenen Denk- oder Übertragungsfehlers der Sachbearbeiterin des FA nicht zulässig.
2. Wird eine andere Mitarbeiterin des Finanzamts nachträglich auf die unterbliebene Besteuerung der positiven Einkünfte aus
dem einen Vermietungsobjekt aufmerksam, so kann der Einkommensteuerbescheid ungeachtet des Verschuldens der zuständigen Sachbearbeiterin
–unzulängliche Sachverhaltsermittlung (u. a. keine sorgfältige Durchsicht der Steuererklärung, der eingereichten Anlagen sowie
der vorliegenden Mitteilung über die Einkünfte aus der Fondsbeteiligung)– aufgrund des gleichrangigen erheblichen Mitverschuldens
der Steuerpflichtigen – u. a. kein Verweis in der Anlage V auf die eingereichte „Gewinnermittlung”, unzutreffende Ermittlung
der Überschusseinkünfte aus Vermietung durch eine auf betriebliche Einkünfte hindeutende „Gewinnermittlung” nach § 4 Abs.
3 EStG – nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden.
3. Liegt sowohl eine Verletzung der Ermittlungspflicht durch die Finanzbehörde als auch eine Verletzung der Mitwirkungspflicht
durch den Steuerpflichtigen vor, so sind für die Frage, ob ein Steuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden kann,
die beiderseitigen Pflichtverletzungen grundsätzlich gegeneinander abzuwägen. In einem solchen Fall trifft nach ständiger
Rspr. des BFH i. d. R. die Verantwortlichkeit den Steuerpflichtigen mit der Folge, dass der Steuerbescheid geändert werden
kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Verstoß der Finanzbehörde gegen seine Ermittlungspflicht den Verstoß des Steuerpflichtigen
gegen seine Mitwirkungspflicht deutlich überwiegt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStR 2018 S. 10 Nr. 20 DStRE 2018 S. 753 Nr. 12 DStZ 2017 S. 865 Nr. 23 EFG 2017 S. 1711 Nr. 21 TAAAG-59653
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