Mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat: Konkurrenzrechtliche Beurteilung von mitgliedschaftlichen Beteiligungsakten bei Beschränkung der Strafverfolgung
Gesetze: § 52 Abs 1 Alt 1 StGB, § 53 StGB, § 89a Abs 1 StGB, § 89a Abs 2 Nr 1 StGB, § 89a Abs 2 Nr 2 StGB, § 129a Abs 1 Nr 1 StGB, § 129b Abs 1 S 1 StGB, § 129b Abs 1 S 2 StGB, § 154 Abs 1 StPO, § 154 Abs 2 StPO
Instanzenzug: Az: III-7 StS 1/15
Gründe
1Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2Der näheren Erläuterung bedarf nur Folgendes:
3Das Oberlandesgericht hat angenommen, eine "mehrfache Tatbestandsverwirklichung des § 129a StGB" komme auch nach der neueren Rechtsprechung des Senats (, BGHSt 60, 308) zur konkurrenzrechtlichen Beurteilung von Handlungen, die mitgliedschaftliche Beteiligungsakte an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung darstellen und zugleich den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen, nicht in Betracht. Wenn und soweit der Angeklagte durch seine Beteiligungshandlungen zugleich gegen § 89a Abs. 1 und 2 StGB, gegen das Waffengesetz oder das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hätte und diese Gesetzesverletzungen gegebenenfalls tateinheitlich zu der mitgliedschaftlichen Beteiligung hinzuträten, würde dies einer "tatbestandlichen Handlungseinheit im Rahmen des § 129a Abs. 1 StGB unter Wertungsgesichtspunkten nicht entgegen" stehen, weil es sich bei § 89a Abs. 1, 2 StGB um ein "gleichgelagertes Gefährdungsdelikt" handele; nichts anderes gelte "für (kriegs-)waffenrechtliche Gesetzesverstöße".
4Dies ist rechtsfehlerhaft.
5Nach der zitierten Rechtsprechung des Senats werden mitgliedschaftliche Beteiligungsakte an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung, die auch den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen und der Zwecksetzung der Vereinigung oder sonst deren Interessen dienen, nicht (mehr) zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefasst. Solche Handlungen stehen zwar gemäß § 52 Abs. 1 Alternative 1 StGB in Tateinheit mit der jeweils gleichzeitig verwirklichten mitgliedschaftlichen Beteiligung, jedoch - soweit sich nach allgemeinen Grundsätzen nichts anderes ergibt - sowohl untereinander als auch zu der Gesamtheit der sonstigen mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte in Tatmehrheit (BGH aaO, S. 311 f.). Dies gilt auch für Akte, die sowohl eine mitgliedschaftliche Beteiligungshandlung als auch die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat darstellen: Der Anwendungsbereich und der Strafgrund von § 89a Abs. 1, 2 StGB einerseits und §§ 129a, 129b StGB andererseits sind nicht deckungsgleich; Verstöße gegen diese Vorschriften stehen deshalb - was das Oberlandesgericht nicht in Zweifel gezogen hat - zueinander in Idealkonkurrenz (, juris Rn. 3 f.). Da Handlungen, wie sie hier in Rede stehen (der Angeklagte absolvierte eine mehrwöchige Kampf- und Waffenausbildung, er leistete mit einem Sturmgewehr bewaffnet Wachdienste), in aller Regel jedenfalls die Schlagkraft der Organisation erhöhen, weisen sie als Beteiligungsakte, die zugleich den Tatbestand des § 89a Abs. 1, 2 Nr. 1 und 2 StGB (und etwa den des § 22a Abs. 1 Nr. 2, 6 KWKG) erfüllen, nach der Rechtsprechung des Senats einen deutlich erhöhten Unrechts- und Schuldgehalt auf und unterfallen deshalb nicht der tatbestandlichen Handlungseinheit. Vielmehr treten sie - hier idealkonkurrierend mit der eigenständigen, isolierten Erfüllung der §§ 129a, 129b StGB - neben die eine verbleibende tatbestandliche Handlungseinheit und stehen in Tatmehrheit zu dieser (BGH aaO, S. 319 f.).
6Diese konkurrenzrechtliche Beurteilung ändert sich nicht dadurch, dass die Strafverfolgung - wie hier gemäß § 154a Abs. 1, 2 StPO geschehen - auf Verstöße gegen § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB beschränkt wird (, juris Rn. 17). Zur Verurteilung wegen nur einer Tat der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland kann es in diesen Fällen deshalb in aller Regel nur kommen, wenn die zu der tatbestandlichen Handlungseinheit gemäß § 53 Abs. 1 StGB in Realkonkurrenz stehenden Taten zuvor nach § 154 Abs. 1 und 2 StPO eingestellt worden sind. Nach allgemeinen Grundsätzen können sie nach entsprechendem Hinweis gleichwohl zu Lasten des Angeklagten verwertet werden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 154 Rn. 25 mwN).
7Durch den aufgezeigten Rechtsfehler ist der Angeklagte, der demgemäß nur wegen einer Tat der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland und nicht - wie es nach der Verfahrensbeschränkung gemäß § 154a Abs. 1, 2 StPO rechtlich zutreffend gewesen wäre - wegen mehrerer Verstöße gegen § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB verurteilt worden ist, allerdings hier nicht beschwert.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:201216B3STR355.16.0
Fundstelle(n):
BAAAG-58943