Zukunftssicherungsleistungen und 44 Euro-Freigrenze
Bezug: BStBl 2013 I S. 1301
Es wurde die Frage aufgeworfen, ob für Beiträge des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers (z. B. private Pflegezusatzversicherung und Krankentagegeldversicherung) die 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge (§ 8 Absatz 2 Satz 9 EStG; ab 2014: § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG) anzuwenden ist.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird auf Folgendes hingewiesen:
Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen (§ 19 EStG, § 2 Absatz 1 LStDV 1990). Zum Arbeitslohn gehören auch Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern – Zukunftssicherung – (§ 2 Absatz 2 Nummer 3 Satz 1 LStDV 1990).
Dem Arbeitnehmer fließt Arbeitslohn in Form von Barlohn zu, wenn er Versicherungsnehmer ist und der Arbeitgeber die Beiträge des Arbeitnehmers übernimmt (, BStBl 2003 II S. 331 und , BStBl 2008 II S. 204).
Auch wenn der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist und die versicherte Person der Arbeitnehmer, führt die Beitragszahlung des Arbeitgebers in der Regel zum Zufluss von Barlohn. Die 44-Euro-Grenze ist damit nicht anzuwenden.
Der BFH führt in ständiger Rechtsprechung aus, dass die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, davon abhängt, ob sich der Vorgang – wirtschaftlich betrachtet – so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat (zuletzt , BStBl 2013 II S. 190). Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer – wirtschaftlich betrachtet – die Beiträge zur Verfügung, ist eine Qualifizierung als Barlohn gerechtfertigt.
An der Qualifizierung als Barlohn ändert auch das (BStBl 2011 II S. 767) nichts. Der BFH hatte entschieden, dass die Gewährung von Krankenversicherungsschutz in Höhe der geleisteten Beiträge Sachlohn ist, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann.
Die Anwendung der 44-Euro-Freigrenze auf Zukunftssicherungsleistungen würde im Übrigen auch zu Wertungswidersprüchen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung führen, in der die Steuerfreistellung der Arbeitgeberbeiträge über § 3 Nummer 56 und 63 EStG in eine nachgelagerte Besteuerung nach § 22 Nummer 5 EStG mündet. Bei Zukunftssicherungsleistungen gilt im Einkommensteuerrecht ein eigenes Freistellungssystem, dem die 44-Euro-Freigrenze wesensfremd ist.
Die vorstehenden Grundsätze sind erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem zufließen.
Zu diesem Themenkomplex erteilte Anrufungsauskünfte nach § 42e EStG sind mit Wirkung zum zu widerrufen.
Weiterer Hinweis der OFD:
Mit , hat das Sächsische Finanzgericht gegen die vorstehende Verwaltungsauffassung entschieden, dass die Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG auch für Beiträge des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers gilt. Es hat jedoch die Revision beim BFH zugelassen (Az. des BFH ist noch nicht bekannt).
Gleichgelagerte Rechtsbehelfsverfahren ruhen daher gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung kann grundsätzlich entsprochen werden, sofern der Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz im Wege einer Zusatzkrankenversicherung gewährt.
Werden daneben weitere Zukunftssicherungsleistungen (etwa im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung) im Wege der Gewährung von Versicherungsschutz (z. B.: Direktversicherung) erbracht, müsste eine AdV-Gewährung konsequenter Weise auch insoweit zur Beurteilung als Sachbezug und mithin zur Einbeziehung in die Prüfung der 44-Euro-Freigrenze führen. Diese dürfte damit in vielen Fällen überschritten sein, so dass sich durch die Aussetzung eine für die Steuerpflichtigen ungünstigere Handhabung ergeben würde. In diesen Fällen ist daher Aussetzungsanträgen nicht stattzugeben.
OFD Frankfurt/M. v. - S 2334 A-104-St 211
Fundstelle(n):
DAAAG-58228