Voraussetzungen eines nach dem Vergleichswertverfahren erstellten Sachverständigengutachtens für eine Immobilie
Leitsatz
1. Der Nachweis des geringeren gemeinen Werts eines Grundstücks kann (auch) durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten
und vereidigten Sachverständigen für die Grundstücksbewertung erfolgen. Ist das Gutachten unplausibel, ist der Nachweis des
geringeren gemeinen Werts nicht gelungen. Ist das Gutachten plausibel und entspricht es der Immobilienwertermittlungsverordnung
– ImmoWertV –, ist der im Gutachten angegebene Wert anzusetzen.
2. Bei Anwendung des Vergleichswertverfahren (§ 15 Abs. 1 S. 2 ImmoWertV) kommt der Vergleichbarkeit der Lage zwischen dem
Bewertungsgrundstück und dem Vergleichsgrundstück herausragende Bedeutung zu. Der Gutachter muss die Heranziehung oder Nichtheranziehung
von Kauffällen aufgrund ihrer Lage, also die Abgrenzung des Vergleichsraumes, nachvollziehbar begründen. Die Abgrenzung des
Vergleichsraums ist nach der Homogenität vorzunehmen, d. h. so zu treffen, dass darin befindliche, abgesehen von der Lage
in etwa gleiche Grundstücke gleiche Kaufpreise erzielen. Zur Beurteilung der Vergleichbarkeit ist (zumindest) eine reale Außenbesichtigung
notwendig; eine bloß virtuelle Außenbesichtigung der Vergleichsobjekte (im Streitfall: Nutzung des Onlinedienstes „Bing Maps”
durch den Gutachter) reicht nicht aus.
3. Darf ein Gutachter aus Gründen seiner Rechtsverhältnisse (z. B. Datenschutz, Amtsverschwiegenheit, standesrechtliche Schweigepflicht
o. ä.) ein Grundstück nicht individualisieren, so ist das Grundstück als Vergleichsgrundstück nicht geeignet. Die Angabe lediglich
einer größeren Straße in Berlin, ohne Angabe einer Hausnummer, als Adresse eines Vergleichsgrundstücks ist nicht ausreichend.
4. Ein Verkehrswertgutachten muss aus sich heraus verständlich und auf Plausibilität überprüfbar sein, nicht erst durch ergänzende
Ermittlungen und Erhebungen des FA oder des FG.
5. Sind in einem Verkehrswertgutachten nach dem Vergleichswertverfahren nur Verkäufe von Vergleichsgrundstücken im Jahr vor
dem Bewertungsstichtag berücksichtigt, ist der Vergleichszeitraum nicht plausibel gewählt. Plausibel wäre etwa eine Zeitspanne
von sechs oder 12 Monaten vor und nach dem Bewertungsstichtag.
6. Häuser mit ausgebauten Dachgeschossen sind nicht mit Häusern ohne ausgebaute Dachgeschosse vergleichbar.
7. Ist das vom Steuerpflichtigen eingereichte Sachverständigengutachten in mehrfacher Hinsicht unschlüssig und erkennt das
FA zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts der Immobilie ausnahmsweise den – unter dem nach dem Vergleichswertverfahren
nach § 183 BewG ermittelten Wert liegenden – Kaufpreis aus der 14 Monate nach dem Bewertungsstichtag erfolgten Veräußerung
der Immobilie an, so ist der Ansatz eines von dem tatsächlichen Kaufpreis abweichenden Wertes nicht zulässig.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStR 2018 S. 8 Nr. 21 DStRE 2018 S. 917 Nr. 15 DStZ 2017 S. 783 Nr. 21 EFG 2017 S. 1499 Nr. 18 ErbStB 2017 S. 338 Nr. 11 JAAAG-57199
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