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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 7 K 7096/15 EFG 2017 S. 1473 Nr. 17

Gesetze: AO § 42 Abs. 1 S. 1AO § 42 Abs. 1 S. 2AO § 42 Abs. 1 S. 3AO § 42 Abs. 2 S. 1AO § 42 Abs. 2 S. 2UStG § 19 Abs. 1UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG § 13a Abs. 1 Nr. 2UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2MwStSystRL Art. 11

Beteiligung einer Steuerberatungs-GmbH als Kommanditistin an mehreren GmbH & Co.KGs und Auslagerung von Buchführungsarbeiten auf diese Kommanditgesellschaften zur Ausnutzung der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG als Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO

umsatzsteuerliche Organschaft mit Personengesellschaften

Leitsatz

1. Bei Anwendung des § 42 AO im Umsatzsteuerrecht sind die unionsrechtlichen Vorgaben zu Missbrauchssachverhalten, wie sie vom EuGH verbindlich ausgelegt werden, zu beachten. § 42 AO ist im Umsatzsteuerrecht also nach Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH zu prüfen.

2. Lagert eine Steuerberatungs-GmbH von ihr bisher selbst erbrachte Buchführungs- und Lohnabrechnungsarbeiten für nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Mandanten (z. B. Heilberufe) auf mehrere GmbH & Co. KGs aus, an denen sie jeweils als Kommanditistin beteiligt ist, mit denen aber keine umsatzsteuerliche Organschaft besteht, erbringen die KGs ihre Leistungen mit dem Personal der GmbH und ist nach den gesamten Umständen das einzige und wirkliche Hauptziel der Gestaltung, dass die KGs jeweils die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG in Anspruch nehmen und ihre Leistungen den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Mandanten ohne Umsatzsteuer in Rechnung stellen können, so ist umsatzsteuerlich von einem Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO auszugehen und sind die zivilrechtlich den Kommanditgesellschaften zuzurechnenden Umsatz umsatzsteuerlich der GmbH zuzurechnen. Für eine missbräuchliche Gestaltung spricht es, dass u. a. teilweise die gleichen Kunden nacheinander von mehreren der KGs bedient wurden und den anderen Gesellschaftern der KGs nur eine schwach ausgeprägte wirtschaftliche Beteiligung an den Geschäftschancen der KGs (z. B. keine Beteiligung an stillen Reserven) eingeräumt wurde.

3. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist dahingehend unionsrechtskonform auszulegen, dass der Begriff „juristische Person” (jedenfalls) auch eine GmbH & Co. KG umfasst. Es ist an dem Erfordernis einer Eingliederung i. S. eines Über-/Unterordnungsverhältnisses (Eingliederung mit Durchgriffsrechten) festzuhalten und eine Organschaft mit einer Personengesellschaft als Organgesellschaft kommt weiter (nur) in Betracht, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DStR 2017 S. 8 Nr. 47
DStRE 2018 S. 305 Nr. 5
EFG 2017 S. 1473 Nr. 17
GmbH-StB 2018 S. 25 Nr. 1
UStB 2017 S. 327 Nr. 11
HAAAG-54803

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