Gründe
I. Der Antragsteller, Kläger und Revisionsbeklagte (Antragsteller) ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet hat. Dessen Wohnfläche beträgt 1 062 qm, die gewerblich (unternehmerisch) nutzbare Fläche 985 qm. Für die Räume, die für unternehmerische Zwecke nutzbar sind und die der Antragsteller bereits an andere Unternehmen vermietet hat oder vermieten will, hat er auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze gemäß § 4 Nr. 12 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nach § 9 UStG verzichtet. Aus den Eingangsrechnungen für das Bauvorhaben machte der Antragsteller in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen 01/1999 bis 08/1999 Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 181 896,92 DM geltend. Dieser Betrag entspricht 78,74 v.H. der gesamten ihm für die Errichtung des Wohn- und Geschäftshauses in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge. Den Aufteilungsschlüssel ermittelte der Antragsteller nach dem Verhältnis der kalkulierten bzw. tatsächlich erzielten Mieteinnahmen.
Der Antragsgegner, Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) vertrat dagegen die Auffassung, eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge unter Berücksichtigung des Ertragswertes komme bei neu errichteten Gebäuden nicht in Betracht. Aufzuteilen sei nach dem Verhältnis der zu Wohnzwecken und zu gewerblicher Nutzung vorgesehenen Flächen. Abziehbar seien deshalb für die streitigen Voranmeldungszeiträume lediglich 48,12 v.H. der in den Baurechnungen enthaltenen Vorsteuerbeträge. Dementsprechend änderte das FA die jeweiligen Voranmeldungsbescheide.
Der Einspruch des Klägers hatte —ebenso wie sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung— keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage und dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 1284, sein Beschluss in EFG 2000, 899 veröffentlicht. Über die vom FA eingelegte Revision (Az. des Bundesfinanzhofs —BFH— V R 52/00) ist noch nicht entschieden.
Am erließ das FA den Umsatzsteuerjahresbescheid für 1999, in dem es —wie zuvor in den entsprechenden Vorauszahlungsbescheiden 1-8/99— die Vorsteuerbeträge für das gemischt genutzte Grundstück nur nach dem Verhältnis der Flächen berücksichtigte und die Umsatzsteuer auf ./. 306 433 DM festsetzte. Nach Abzug bereits erstatteter Umsatzsteuer in Höhe von 370 321,79 DM verblieb ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 63 888,79 DM. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Ausweislich der Mitteilung vom hat das FA am Erstattungsansprüche des Antragstellers in Höhe von insgesamt 19 144,68 DM gegen den Zahlungsanspruch verrechnet.
Der Antragsteller beantragt nunmehr unter Hinweis auf die Umbuchungen des FA, die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 1999 vom in Höhe des von ihm nachzuentrichtenden Betrages von 63 888,79 DM auszusetzen bzw. die Vollziehung im Umfang der Umbuchungen aufzuheben.
Das FA tritt dem Antrag entgegen.
II. Der Antrag ist zulässig und begründet.
1. Sachlich zuständig für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist seit Einlegung der Revision gegen das der BFH als Gericht der Hauptsache (§ 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Auch die Zugangsvoraussetzung gemäß § 69 Abs. 4 FGO ist erfüllt, nachdem das FA in einem früheren Verfahrensabschnitt die Aussetzung der Vollziehung der entsprechenden Vorauszahlungsbescheide abgelehnt hatte (vgl. , BFHE 186, 341, BStBl II 1998, 744). Zwar sind die Steuerfestsetzungen aufgrund der Vorauszahlungsbescheide zwischenzeitlich durch den Umsatzsteuerjahresbescheid abgelöst (vgl. , BFHE 190, 25, BStBl II 2080, 486; vom V R 39/92, BFHE 174, 268, BStBl II 1994, 538, m.w.N.). Sind Gegenstand des Rechtsstreits jedoch —wie hier— dieselben Rechtsfragen, kann im Hinblick auf den Jahresbescheid direkt ein Aussetzungsantrag an das Gericht gestellt werden, wenn das FA weiterhin nicht aussetzen will. Allerdings ist der Rahmen für die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO beschränkt auf den Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und den festgesetzten Vorauszahlungen; festgesetzte Umsatzsteuer ist auch die aufgrund von Umsatzsteuer-Voranmeldungen angemeldete Steuer (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG; vgl. , BFHE 143, 201, BStBl II 1985, 370; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz. 585). Dementsprechend hat der Antragsteller den Antrag auf den Differenzbetrag zwischen dem aufgrund der Umsatzsteuer-Voranmeldungen erstatteten Betrag von 370 321,79 DM zu dem im Umsatzsteuerjahresbescheid für 1999 festgesetzten Erstattungsbetrag von 306 433 DM (63 888,79 DM) beschränkt.
2. Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO soll die Vollziehung ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Solche ernstlichen Zweifel sind gegeben, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Umständen Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken (z.B. , BFHE 183, 174, m.w.N.). Dabei ist —entgegen der offenbar vom FA vertretenen Auffassung— nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. z.B. BFH in BFHE 183, 174; , BFHE 175, 516, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärende Frage im summarischen Beschlussverfahren nicht abschließend zu entscheiden (vgl. z.B. , BFHE 170, 197, BStBl II 1993, 426, 428).
3. Diese Voraussetzungen liegen hier, wie das FG in seinem Aussetzungsbeschluss vom (EFG 2000, 899) zutreffend ausgeführt hat, vor.
Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln (§ 15 Abs. 4 UStG). Aus § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG folgt deshalb, dass ”der Unternehmer” eine sachgerechte Schätzung der nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge vorzunehmen hat und es grundsätzlich Sache des Unternehmers ist, welche Schätzungsmethode er wählt. Das FA kann (lediglich) nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist.
Kriterien für eine ”sachgerechte Schätzung” im Sinne der Vorschrift umschreibt das Umsatzsteuergesetz nicht ausdrücklich. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG stellt lediglich das Erfordernis einer ”wirtschaftlichen Zurechnung” von Vorsteuerbeträgen zu den mit der bezogenen Leistung ausgeführten Umsätzen auf (, BFHE 185, 530, BStBl II 1998, 525; vom V R 101/96, BFHE 185, 524, BStBl II 1998, 492).
Das FA beruft sich auf das (BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755). Danach ist für die im Zusammenhang mit der Herstellung eines teilweise zur Ausführung steuerpflichtiger, teilweise zur Ausführung steuerfreier Vermietungsumsätze verwendeten Gebäudes angefallenen Vorsteuerbeträge in der Regel das Verhältnis der den verschiedenen Zwecken dienenden Nutzflächen sachgerecht.
Für den Fall des Erwerbs eines gemischt genutzten Grundstücks, bei dem der Kaufpreis unter Berücksichtigung der Ertragswerte für seine unterschiedlich genutzten Teile ermittelt worden war, hat der erkennende Senat allerdings zuletzt entschieden, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer die nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge nach dem Verhältnis ermittle, das sich aus den Kaufpreisanteilen für die Nutzflächen ergibt. Auch dies führe zu einer wirtschaftlichen Zurechnung der auf den erworbenen Gegenstand entfallenen Vorsteuerbeträge zu den damit ausgeführten steuerfreien bzw. steuerpflichtigen Umsätzen (BFHE 185, 530, BStBl II 1998, 525, und BFHE 185, 524, BStBl II 1998, 492). Hat der Unternehmer hiernach ein bestimmtes sachgerechtes Ermittlungsverfahren gewählt und —objektiv nachprüfbar— nach einheitlicher Methode die beiden ”Nutzungsteile” eines gemischt verwendeten Gegenstandes bzw. einer sonstigen Leistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zugerechnet, ist es der Besteuerung auch dann zugrunde zu legen, wenn noch andere ”sachgerechte” Ermittlungsmethoden in Betracht kommen, wie z.B. die Aufteilung des Gesamtkaufpreises bzw. der Vorsteuerbeträge allein nach dem —aus der Gebäudenutzung folgenden— Flächenschlüssel.
Ausdrücklich offen gelassen hat der erkennende Senat in den vorbezeichneten Entscheidungen, ob auch bei Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes die Aufteilung der Vorsteuer nach dem Verhältnis der mit dem Gegenstand ausgeführten Umsätze als eine von mehreren sachgerechten Aufteilungsmethoden in Betracht zu ziehen ist. Für eine abschließende Entscheidung darüber ist im Aussetzungsverfahren jedoch kein Raum.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 658 Nr. 5
DStRE 2001 S. 546 Nr. 10
UR 2001 S. 450 Nr. 10
EAAAA-67202