Steuerliche Absetzbarkeit von Herstellungskosten bei Baudenkmalen; Anbau eines Fahrstuhls und Umnutzung eines Dachgeschosses
Gesetze: § 7i Abs 1 S 1 EStG, § 7i Abs 1 S 2 EStG, Art 6 Abs 4 DSCHG BY
Instanzenzug: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Az: 2 B 16.2107 Urteilvorgehend Az: M 9 K 14.1124 Urteil
Gründe
1Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
21. Die Fragen, ob
- der erstmalige Einbau eines Personenaufzugs in ein Baudenkmal mit Erdgeschoss und mehreren (vorliegend sechs) Obergeschossen und
- der erstmalige Ausbau eines Dachgeschosses zu Wohnraum in einem Baudenkmal
zu dessen sinnvoller Nutzung im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG erforderlich sind, rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Soweit sich die Fragen losgelöst von den Umständen des Einzelfalls beantworten lassen, sind sie entweder bereits geklärt oder lassen sich ohne Weiteres im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde klären.
3Nach § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige in gewissem, hier nicht interessierenden Umfang die Herstellungskosten für Baumaßnahmen absetzen, die u.a. nach Art und Umfang zur sinnvollen Nutzung eines im Inland gelegenen Baudenkmals erforderlich sind.
4Der Tatbestand der sinnvollen Nutzung eines Baudenkmals ist in § 7i Abs. 1 Satz 2 EStG definiert. Danach ist eine sinnvolle Nutzung (nur) anzunehmen, wenn das denkmalgeschützte Gebäude in der Weise genutzt wird, dass die Erhaltung seiner schützenswerten Substanz auf die Dauer gewährleistet ist. Das Tatbestandsmerkmal der Dauer verlangt eine Gebäudenutzung, die eine dauerhafte Substanzerhaltung gewährleistet (Pfirrmann, in: Kirchhof, EStG, 16. Aufl. 2017, § 7i Rn. 2). Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend erkannt hat, markiert § 7i Abs. 1 Satz 2 EStG damit keinen Zeithorizont, der jenseits eines überschaubaren und einer seriösen Prognose zugänglichen Zeitraums liegt (vgl. für die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB 4 C 7.04 - BVerwGE 122, 308 <311>). Im Interesse des verantwortungsbewussten Umgangs mit öffentlichen Mitteln sollen vielmehr solche Investitionen von der Steuervergünstigung ausgeschlossen sein, die nicht nachhaltig, sondern allenfalls kurzzeitig den Substanzerhalt eines Baudenkmals sichern.
5Erforderlich im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG sind die Aufwendungen für die Erhaltung eines Baudenkmals, wenn sie, gemessen an dessen Zustand vor Beginn der Baumaßnahmen, geboten sind, um den unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erstrebenswerten Zustand herbeiführen zu können ( - BFH/NV 2005, 53 = juris Rn. 5). Der Wortlaut der Vorschrift schließt es aus, Baumaßnahmen bereits deshalb für erforderlich zu halten, weil sie zu einer besseren wirtschaftlichen Nutzung des Gebäudes führen ( 4 B 18.14 - BRS 82 Nr. 214 Rn. 5).
6a) Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass Aufwendungen für den nachträglichen Anbau eines Aufzugs an ein als Mietshaus genutztes Wohnhaus erforderlich und damit steuerbegünstigt sind, wenn andernfalls die bisherige Vermietbarkeit der Wohnungen längerfristig nicht gesichert ist. Dieser Standpunkt ist richtig und wird auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat deshalb geprüft, ob die Nachrüstung des als Baudenkmal geschützten Gebäudes rechtlich gefordert ist oder wegen neuzeitlicher Nutzungserfordernisse vom Markt verlangt wird.
7Der Verwaltungsgerichtshof hat verneint, dass sich aus Art. 6 Abs. 4 BayDSchG die Verpflichtung zum Einbau eines Aufzugs ergibt. Mit der Auslegung der Vorschrift ist die Klägerin nicht einverstanden. Der Senat ist aber nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO an die Auslegung gebunden, weil es sich bei dem Denkmalschutzgesetz um Landesrecht handelt.
8Ob das Baudenkmal der Klägerin auch ohne einen Aufzug faktisch weiterhin als Wohngebäude nutzbar ist oder Leerstand droht, weil sich die Vermietbarkeit der Wohnungen in den oberen Stockwerken nur mit einem Aufzug längerfristig sichern lässt, ist eine Tat- und keine Rechtsfrage. Der Verwaltungsgerichtshof hat sie bejaht. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Wohnungen in den oberen Geschossen ohne einen Aufzug in absehbarer Zeit nicht mehr vermietbar wären. Die voraussichtliche demografische Entwicklung in der Landeshauptstadt München in den nächsten 20 Jahren gehe mit einer weiteren Steigerung des Bedarfs an Wohnraum einher. Wegen der zentral guten bis besten Lage des denkmalgerecht sanierten Gebäudes der Klägerin, bei dem es sich nicht um einen einfachen Altbau handele, sei nicht zu erkennen, dass die Klägerin jetzt oder in absehbarer Zukunft Einbußen bei der Vermietbarkeit der Wohnungen hinnehmen müsste, falls im Gebäude keine Aufzugsanlage zur Verfügung stünde. Irgendwelche zu befürchtenden konkreten Mietverluste bzw. Mietminderungen ohne den Einbau einer Aufzugsanlage im Gebäude würden auch von der Klägerin in keiner Weise dargelegt.
9Der Senat ist nach § 137 Abs. 2 VwGO an diese Feststellungen gebunden, weil die Klägerin sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen hat. Mit neuem Tatsachenvortrag kann sie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gehört werden (vgl. 4 B 34.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016:290816B4B34.16.0] - juris Rn. 6). Das in der Beschwerdebegründung präsentierte Zahlenwerk, das einen jährlichen Mietverlust in Höhe von 14 774,76 € ausweist, wenn das Denkmal der Klägerin ohne Aufzugsanlage und ohne Wohnungen im Dachgeschoss des Vorderhauses bliebe, ist daher nicht zu berücksichtigen.
10Trotz der fehlenden Verfahrensrügen entfiele die Bindung des Senats nach § 137 Abs. 2 VwGO, wenn die Tatsachenwürdigung der Vorinstanz gegen revisible Rechtssätze verstieße ( 1 C 44.86 - BVerwGE 81, 74 <76>). Ein solcher Verstoß liegt jedoch nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof ist - wie bereits dargelegt - bei der Prüfung, ob die Erhaltung der schützenswerten Substanz des Baudenkmals der Klägerin auf die Dauer gewährleistet ist, zutreffend von einem Rechtssatz des Inhalts ausgegangen, dass der Prognose ein überschaubarer Zeitraum zugrunde zu legen ist. Bei der Subsumtion hat er auf die vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung erarbeitete Statistik abgestellt, in der die Bevölkerungsentwicklung in der Landeshauptstadt München bis zum vorausberechnet worden ist. Unvertretbar kurz ist der betrachtete Zeitraum nicht. Der von der Klägerin ins Feld geführten Statistik des Bundesinstituts für Bevölkerungsentwicklung, aus der sich ablesen lassen soll, dass im Jahr 2060 Wohnungen in Obergeschossen von Gebäuden ohne Aufzug wegen der Alterung der Bevölkerung nur noch von 72 % der Bevölkerung benutzbar sein würden, musste der Verwaltungsgerichtshof nicht den Vorzug geben. Die Statistik trifft keine Aussagen speziell für die Landeshauptstadt München, sondern prognostiziert die Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland.
11b) Der Prüfung der Steuerbegünstigung des nachträglichen Ausbaus des Dachgeschosses zu Wohnzwecken hat der Verwaltungsgerichtshof den rechtlichen Ansatz zugrunde gelegt, dass auf die Nutzung des Baudenkmals insgesamt und nicht nur auf die Nutzung des ehemaligen Trockenspeichers abzustellen sei. Zur sinnvollen Nutzung des Baudenkmals der Klägerin sei der Dachgeschossausbau nicht erforderlich, weil das Baudenkmal bislang als Wohnhaus genutzt werde und auch weiterhin so genutzt werden könne, dass die Erhaltung seiner schützenswerten Substanz auf Dauer gewährleistet sei.
12Der rechtliche Ausgangspunkt der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Der Wortlaut des § 7i Abs. 1 EStG ist eindeutig. Steuerbegünstigt sind nach § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG nur Herstellungskosten, die u.a. zur sinnvollen Nutzung des Gebäudes erforderlich sind, und eine sinnvolle Nutzung ist nach § 7i Abs. 1 Satz 2 EStG nur anzunehmen, wenn das Gebäude in der Weise genutzt wird, dass die Erhaltung der schützenswerten Substanz des Gebäudes gewährleistet ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es also nicht darauf an, ob es sinnvoll ist, den Trockenraum im Dachgeschoss nunmehr als Wohnung zu nutzen. Dass die historische Funktion der Dachgeschosse als Abstellräume und Trockenböden weitgehend verloren gegangen ist und Wohnungen in Dachgeschossen nachgefragt werden, rechtfertigt es nicht, die Aufwendungen für den Umbau der Steuervergünstigung zuzuführen. Der Rechtsauffassung des Staatsministeriums des Innern des Freistaats Sachsen in der Verwaltungsempfehlung vom folgt der Senat nicht.
13Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nicht, dass die Kosten des nachträglichen Ausbaus eines Dachgeschosses zu Wohnraum steuerbegünstigt sind. Der Zweck des § 7i EStG, die Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Gebäude zu fördern, weil die ordnungsgemäße Erhaltung von Baudenkmalen, die regelmäßig besonders aufwendig ist, bestehenden Wohnraum sichert, zur Entspannung der Wohnungssituation beiträgt und ein Anreiz ist, privates Kapital für die Gebäudesanierungen und Bestandserhaltungen zu mobilisieren (vgl. BT-Drs. 11/5680 S. 9), ist pauschal formuliert und gibt für die Frage der Steuerbegünstigung konkreter Maßnahmen nichts her. Ein Steuertatbestand, der die Schaffung zusätzlichen Wohnraums in Ballungsgebieten mit hohem Nachfragedruck fördert, ist § 7i EStG nicht.
14Aus der behaupteten früheren Praxis des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, die Kosten für den erstmaligen Ausbau von Dachgeschossflächen zu Wohnraum als steuerbegünstigt zu bescheinigen, kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Eine Selbstbindung der Verwaltung kommt nur in Betracht, wenn es um die Ausübung von Ermessen geht (vgl. - [] - BFHE 255, 482 Rn. 41 f.). Die Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG steht jedoch nicht im Ermessen der zuständigen Behörde.
15Die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Erhaltung der Substanz des Baudenkmals der Klägerin auch ohne Ausbau des Dachgeschosses zu Wohnzwecken nicht gefährdet ist, ist für den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend. Der mit Zahlen unterlegte Vortrag der Klägerin in der Beschwerdebegründung, mit dem sie Mieteinbußen und eine daraus resultierende Gefahr für den dauerhaften Erhalt des Denkmals bei fehlendem Dachgeschossausbau belegen will, hat außer Betracht zu bleiben.
162. Die weitere Frage, welche Kriterien vorliegen müssen, damit eine Maßnahme, gemessen am Zustand des Baudenkmals vor Beginn der Baumaßnahme, geboten ist, um den unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erstrebenswerten Zustand herbeiführen zu können, führt nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision, weil sie so unbestimmt formuliert ist, dass sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich ist. Der Senat könnte sie deshalb nur im Stil eines Lehrbuchs beantworten. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens (stRspr, vgl. nur 4 B 1.16 - ZfBR 2016, 372 Rn. 2). Soweit sich die Frage vorliegend stellt, hat sie der Senat in diesem Beschluss beantwortet.
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2017:280617B4B22.17.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2017 S. 1696 Nr. 12
HFR 2017 S. 975 Nr. 10
TAAAG-53156