Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft, deren Kommanditisten der Prozessbevollmächtigte im Hauptsacheverfahren und seine Ehefrau sind. Die Gesellschaft vercharterte in den Streitjahren 1984 und 1986 bis 1990 eine Segelyacht. Die erzielten Verluste erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) wegen Liebhaberei nicht an. Gegen die negativen Gewinnfeststellungsbescheide hat die Klägerin im Februar 1996 Klage erhoben.
Der Prozessbevollmächtigte und seine Ehefrau haben außerdem wegen Einkommensteuer 1992, 1993 und 1997 Klagen erhoben, für die derselbe Senat des Finanzgerichts (FG) zuständig ist. Ferner sind vor diesem Senat neun weitere Verfahren anhängig, die der Prozessbevollmächtigte für andere Mandanten als Prozessbevollmächtigter führt.
In dem hier zugrunde liegenden Verfahren der Klägerin lehnte der Prozessbevollmächtigte (zunächst) mit Schreiben vom den Berichterstatter Richter am FG X wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dasselbe geschah in einem vom Prozessbevollmächtigten für einen Mandanten geführten Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) Az. ..., dessen Berichterstatter ebenfalls Richter am FG X war. Beide Ablehnungsanträge wurden unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen des Prozessbevollmächtigten sowie seines Büroangestellten L begründet.
Unter Bezugnahme auf diese Ablehnungsanträge lehnte der Prozessbevollmächtigte den Berichterstatter auch in seinen eigenen o.g. Verfahren wegen Einkommensteuer sowie den neun für Mandanten betriebenen Verfahren jeweils mit Schreiben vom als befangen ab.
Der Berichterstatter gab zu dem Befangenheitsantrag im hier zugrunde liegenden Verfahren der Klägerin eine ausführliche dienstliche Äußerung ab. Zu den Ablehnungsanträgen vom in den anderen Verfahren fertigte er eine zusammengefasste dienstliche Stellungnahme, die sich auf den Satz beschränkte, er sei in den Sachen nicht voreingenommen und halte sich nicht für befangen.
Der Vorsitzende des betreffenden FG-Senats, Vorsitzender Richter am FG V, verfügte unter dem die Übersendung der dienstlichen Äußerung des Berichterstatters im hier zugrunde liegenden Verfahren der Klägerin an den Prozessbevollmächtigten zur Kenntnisnahme und etwaigen Gegenäußerung mit einer Frist von einem Monat. Unter der Verfügung befindet sich ein gestempelter Vermerk ”zur Post am ” mit dem handschriftlichen Zusatz ”Frist ”. Tatsächlich trug das von der Geschäftsstelle versandte Schreiben das Datum vom und enthielt die Stellungnahmefrist bis zum .
In den Verfahren wegen Einkommensteuer des Prozessbevollmächtigten und seiner Ehefrau sowie in den o.g. neun Verfahren für andere Mandanten des Prozessbevollmächtigten veranlasste V unter dem Az. ”... u.a.” eine Übersendung der zusammengefassten dienstlichen Stellungnahme des Berichterstatters durch eine undatierte Verfügung ”an Klvertr. zur etwaigen Gegenäußerung Frist 2 Monate”. Unter der Verfügung ist der gestempelte Vermerk angebracht ”zur Post am ”, versehen mit dem handschriftlichen Zusatz ”Frist WV ”. Auch in diesem Fall trug das versandte Schreiben das Datum vom , enthielt aber die Stellungnahmefrist bis zum .
In dem hier zugrunde liegenden Verfahren der Klägerin lehnte das FG den Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter ohne dessen Mitwirkung mit Beschluss vom ab. In gleicher Weise wurde über die Befangenheitsanträge in den übrigen Verfahren durch Beschluss vom entschieden. Lediglich in dem AdV-Verfahren unter dem Az.…kam es nicht zu einer solchen Entscheidung, weil das FA zwischenzeitlich unter dem die begehrte AdV gewährt hatte.
Mit Schreiben vom lehnte der Prozessbevollmächtigte im hier zugrunde liegenden Verfahren der Klägerin nun auch V wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dazu trug er zunächst vor:
1. Der Beschluss über das Ablehnungsgesuch gegen den Berichterstatter sei ergangen, bevor die Stellungnahmefrist bis zum abgelaufen sei. Außerdem sei diese Frist zu kurz bemessen gewesen, weil V gewusst habe, dass sich der Prozessbevollmächtigte vom 15. Juli bis 5. August im Urlaub befunden habe.
2. In dem AdV-Verfahren…habe das Gericht nach Abhilfe durch das FA mit Schreiben vom aufgefordert, den Rechtsstreit bis zum 18. Juli in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Auch diese Frist sei zu kurz gewesen. Zudem habe die Prozesserklärung wegen des schwebenden Ablehnungsverfahrens nicht abgegeben werden können, ohne das Ablehnungsrecht zu verwirken. Bereits am 17. Juli habe V telefonisch an die Abgabe der Erledigungserklärung erinnert und nach Hinweis auf den Urlaub des Prozessbevollmächtigten eine Fristverlängerung bis zum 21. Juli gewährt. Am 21. Juli habe V mehrfach im Büro des Prozessbevollmächtigten angerufen und um 12 Uhr mitgeteilt, dass er nicht länger warten könne. Obwohl ihm der Angestellte des Prozessbevollmächtigten mitgeteilt habe, dass noch am selben Tag ein Schriftsatz per Fax übermittelt werden würde, sei sofort über den Aussetzungsantrag durch Beschluss entschieden worden.
Durch die Nichtbeachtung der selbst gesetzten Fristen habe das Gericht gegen Art. 103 des Grundgesetzes (GG) sowie gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens verstoßen. Der Prozessbevollmächtigte habe den Eindruck gewinnen müssen, dass die Verfahrensfehler nicht unbeabsichtigt gemacht worden seien. Für die besondere Eilbedürftigkeit seien keine Gründe ersichtlich.
Später erweiterte der Prozessbevollmächtigte die Begründung des Ablehnungsantrags gegen V und machte zusätzlich geltend:
Über die Befangenheitsanträge gegen den Berichterstatter in den anderen Verfahren sei am 21. bzw. entschieden worden, obwohl eine Stellungnahmefrist zu der dienstlichen Äußerung des Berichterstatters bis zum eingeräumt gewesen sei. Dies sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass der am eingereichte Befangenheitsantrag gegen V im vorliegenden Verfahren gerade auf die Nichteinhaltung der Stellungnahmefrist gestützt worden sei. Für den Prozessbevollmächtigten sei dadurch der Eindruck entstanden, er solle benachteiligt werden.
Am habe er, der Prozessbevollmächtigte, Beschwerde gegen die ablehnenden Beschlüsse vom 21. und eingelegt und eine Begründung bis zum in Aussicht gestellt. Unter dem habe er die Vorlage der Begründung bis zum angekündigt. Daraufhin habe das Gericht mit Schreiben vom mitgeteilt, es sei beschlossen worden, den Beschwerden nicht abzuhelfen, da keine Begründung eingegangen und eine weitere Verzögerung nicht zu vertreten sei. Für diese Eilbedürftigkeit habe es keine nachvollziehbaren Gründe gegeben.
In einer dienstlichen Äußerung vom erklärte V zu dem Ablehnungsantrag, er sei nicht befangen. Zur Begründung des Befangenheitsgesuchs sei anzumerken:
1. Beginn, Dauer und Ende des Urlaubs des Prozessbevollmächtigten seien ihm, V, nicht im Einzelnen bekannt gewesen. Schon deshalb sei der Ablauf von Fristen nicht gezielt in die Urlaubszeit gelegt worden.
2. Ob der Beschluss vom vor Ablauf der Gegenäußerungsfrist gefasst worden sei, könne nicht abschließend beurteilt werden. Ausweislich der Vermerke in der Akte sei am eine Frist von einem Monat verfügt worden. Die Geschäftsstelle habe angemerkt, noch am selben Tag ein Schreiben zur Post gegeben zu haben. Eine Kopie dieses im maschinellen Verfahren erstellten Schreibens befinde sich nicht bei den Akten. Bei Beschlussfassung sei von einem Ablauf der Frist ausgegangen worden. Zu kurz sei die Frist nicht bemessen worden, zumal die dienstliche Äußerung des Berichterstatters keine Tatsachen oder die Würdigung von Tatsachen enthalten habe, auf die sich die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch stütze.
3. Was das AdV-Verfahren…betreffe, sei entgegen der Ansicht der Klägerin die Abgabe der nach der Prozessordnung vorgeschriebenen Erledigungserklärung rechtlich und tatsächlich möglich gewesen. Die Hauptsacheerledigung rechtfertige die Kürze der Frist zur Abgabe der Erklärung, weil weitere Ermittlungen und Berechnungen nicht erforderlich gewesen seien. Ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Ablehnungsverfahren bestehe nicht mehr, auch nicht im Hinblick auf die zutreffende Kostenentscheidung.
Da er, V, es gleichwohl für richtig gehalten habe, dass der abgelehnte Richter an der Kostenentscheidung nicht mitwirke, auch wenn sie zugunsten der Kläger hätte ergehen müssen, habe er nach ergebnislosem Fristablauf in mehreren Telefonaten darauf hinzuwirken versucht, dass die Erledigungserklärung noch vor Urlaubsrückkehr des Berichterstatters eingehe. Im Büro des Prozessbevollmächtigten habe man ihn noch bei dem letzten Anruf am über die fehlende Bereitschaft zur Abgabe jedweder Prozesserklärung im Unklaren gelassen.
Es sei nicht zu erkennen, dass durch die prozessleitenden Verfügungen und Anregungen unzumutbarer Druck auf die Klägerin ausgeübt worden und das Grundrecht aus Art. 103 GG sowie die Grundsätze des fairen Verfahrens verletzt worden seien. Letztlich könne aber dahinstehen, ob am der unverändert aufrecht erhaltene Aussetzungsantrag als unzulässig hätte abgewiesen werden dürfen. Denn eine Erledigungserklärung sei bis jetzt noch nicht abgegeben worden.
Mit Beschluss vom lehnte das FG ohne Mitwirkung von V und Berichterstatter den Befangenheitsantrag gegen V ab. Zur Begründung führte es aus:
1. Der Antrag sei unzulässig, soweit er darauf gestützt werde, dass vor Ablauf selbst gesetzter Fristen vom Gericht entschieden worden sei. Denn die Entscheidungen habe nicht der Vorsitzende, sondern der gesamte Spruchkörper getroffen. Wende sich ein Beteiligter gegen eine Kollegialentscheidung, könne er nicht wissen, welcher Richter die Entscheidung mitgetragen habe. Die Kompetenz des Spruchkörpers erstrecke sich nicht nur auf den Inhalt der Entscheidung, sondern auch auf den Verfahrensablauf. Die Auffassung des Prozessbevollmächtigten, der Vorsitzende könne allein und letztverbindlich den Zeitpunkt der Beschlussfassung bestimmen, könne aus der Sicht eines objektiven Beobachters die Befangenheit des Vorsitzenden nicht begründen.
2. Selbst wenn aber eine solche Zuordnung zum Vorsitzenden möglich sei, bestehe in Bezug auf ihn keine Besorgnis der Befangenheit.
a) Was die Nichteinhaltung der unter dem gesetzten Äußerungsfrist angehe, habe V in seiner dienstlichen Stellungnahme zutreffend darauf hingewiesen, dass für eine vorsätzliche Missachtung dieser am begonnenen Frist nichts ersichtlich sei. Ein Verfahrensfehler läge selbst dann nicht vor, wenn der Beschluss vor Ablauf der Frist ergangen sein sollte. Die Übersendung der dienstlichen Äußerung diene dem rechtlichen Gehör und zur Klärung der für das Ablehnungsgesuch maßgeblichen Tatsachen. Werde die dienstliche Äußerung dem Antragsteller nicht zur Kenntnis gegeben, sei das Recht auf Gehör nicht verletzt, wenn das FG sich bei der Ablehnung des Befangenheitsantrags nur auf den Akteninhalt und unstreitige Tatsachen stütze (, BFH/NV 1999, 1466). Deshalb könne der Anspruch auf rechtliches Gehör auch nicht verletzt sein, wenn das Gericht in einem solchen Fall vor Ablauf der Gegenäußerungsfrist entscheide. So verhalte es sich vorliegend, denn der Beschluss gehe weder im Rahmen der tatsächlichen Würdigung noch in der rechtlichen Begründung auf die dienstliche Äußerung des Berichterstatters ein.
b) Was das AdV-Verfahren…angehe, sei kein Verfahrensfehler ersichtlich, so dass es schon deshalb an einem Verhalten des V fehle, das die Besorgnis der Befangenheit begründen könnte. In jenem Verfahren habe sich die Hauptsache erledigt, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Befangenheitsgesuch nicht mehr bestehe, auch nicht im Hinblick auf die Kostenentscheidung. Weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen sei die Antragstellerin jenes Verfahrens an der Abgabe der vorgeschriebenen Erledigungserklärung gehindert gewesen. Ob die Kürze der Frist gerechtfertigt gewesen sei, brauche nicht geprüft zu werden, weil die Abgabe der Erklärung ausdrücklich verweigert worden sei. Die rechtsirrige Beurteilung durch den Prozessbevollmächtigten könne nicht V als Befangenheitsgrund angelastet werden.
c) Der Senat könne nicht prüfen, ob die Beschlüsse in den 12 weiteren Verfahren vor Ablauf der Gegenäußerungsfrist zur dienstlichen Äußerung des Berichterstatters ergangen seien, weil sich die Akten beim BFH befänden. Eine nähere Überprüfung der Vorgänge sei jedoch entbehrlich. Die dienstliche Äußerung habe sich auf einen Satz beschränkt. Weil sie keine entscheidungserheblichen Tatsachen beinhalte, die im Rahmen einer Gegenäußerung hätten richtig gestellt oder ergänzt werden können, hätte sie den Antragstellern nach der Rechtsprechung des BFH nicht einmal zwingend zur Kenntnis gegeben werden müssen. Folgerichtig sei auch keine Ergänzung oder Richtigstellung durch die Beschwerdeführer erfolgt.
d) Es sei nicht ersichtlich, wie aus der Mitteilung des Gerichts über die Nichtabhilfe mangels Begründung der betreffenden Beschwerden innerhalb der von den Antragstellern selbst angekündigten Frist auf eine Voreingenommenheit des V geschlossen werden könne. Im Übrigen bedürften Nichtabhilfebeschlüsse weder der Bekanntgabe noch der Begründung und beschwerten den jeweiligen Antragsteller auch nicht.
Mit ihrer Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, trägt die Klägerin vor:
1. Der Beschluss gehe von falschen und unvollständigen Sachverhalten aus:
a) Die dienstliche Äußerung des Berichterstatters sei nicht am versandt worden (wird ausgeführt). Dies sei allen Richtern am FG bekannt, weil regelmäßig zwischen dem Verfassen eines Schreibens und dessen Versendung mehrere Tage lägen. Entgegen dem im Beschluss unter Bezugnahme auf die dienstliche Äußerung des V erweckten Eindruck habe bei der Beschlussfassung am nicht davon ausgegangen werden können, dass die Frist zur Gegenäußerung bereits abgelaufen sei. Das Gegenteil sei ausweislich des handschriftlichen Vermerks über den Fristablauf am offenkundig gewesen. Aus ihrer, der Klägerin, Sicht, die hier maßgeblich sei, sei die Missachtung der Frist durch V unzweideutig.
Dies ergebe sich auch aus der dienstlichen Äußerung des V, wonach ihm Beginn, Dauer und Ende des Urlaubs des Prozessbevollmächtigten nicht im Einzelnen bekannt gewesen seien. In einem Verfahren S gegen das FA habe am ein Erörterungstermin mit V stattgefunden. Dort habe der Prozessbevollmächtigte im Zusammenhang mit einer Schriftsatzfrist darauf hingewiesen, dass er sich vom 15. Juli bis in Urlaub befinde. Diese Erörterung habe der Prozessbevollmächtigte in dem Befangenheitsantrag am nochmals wiedergegeben. In dem Ablehnungsverfahren der Sache S habe V ebenfalls am eine dienstliche Äußerung abgegeben, in der es heiße, die Kläger gäben den Verfahrensablauf zutreffend wieder; dem sei nichts hinzuzufügen. Damit sei eingeräumt, dass V über den Urlaub und damit die Ortsabwesenheit informiert gewesen sei.
b) In dem AdV-Verfahren sei die von V gesetzte Frist bis zum erst an diesem Tag um 24 Uhr abgelaufen. Damit sei der Beschluss unter Missachtung dieser Frist ergangen. Dies, obwohl in zwei Telefonaten der Angestellte des Prozessbevollmächtigten V darüber informiert habe, dass der Prozessbevollmächtigte trotz Urlaubs eine Stellungnahme diktiert habe, und die Übermittlung per Fax noch am gleichen Tag zugesagt worden sei. Deshalb sei unrichtig, wenn im Beschluss ausgeführt werde, der Prozessbevollmächtigte habe eine Erledigungserklärung ausdrücklich verweigert. Das FG habe seinen Beschluss am um 12.51 Uhr per Telefax übermittelt.
Aus der dienstlichen Äußerung des V ergebe sich, dass und aus welchem Grund er Einfluss auf die Beschlussfassung genommen habe. Grund sei gewesen, dass der abgelehnte Berichterstatter am folgenden Montag, dem aus dem Urlaub zurückerwartet worden sei. Das Gericht hätte sich dann mit dem Problem auseinander setzen müssen, ob der Berichterstatter trotz des Befangenheitsantrags an der Kostenentscheidung hätte mitwirken müssen. Um diesem Problem zu entgehen, sei der Beschluss am gefällt und dem Prozessbevollmächtigten sogleich per Fax zugesandt worden. Dem Prozessbevollmächtigten sei zuvor noch nie ein Gerichtsbeschluss per Fax übermittelt worden.
c) Zu den 12 weiteren Verfahren führe das FG aus, es könne nicht abschließend beurteilen, ob die Beschlüsse vor Ablauf der Gegenäußerungsfrist erlassen worden seien oder ob es sich evtl. auch insoweit um ein Kanzleiversehen gehandelt habe. In allen Fällen habe es sich nicht um ein Kanzleiversehen gehandelt, denn es sei ausdrücklich eine Frist von zwei Monaten verfügt worden. Eine solche Frist sei auch dem FA für eine Stellungnahme zu dem Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter eingeräumt worden. Die Entscheidungen am 21. und seien danach vor Ablauf beider Fristen getroffen worden.
2. Die Zulässigkeit des Ablehnungsantrags könne nicht mit dem Argument verneint werden, die Beschlüsse seien nicht von V allein, sondern von dem gesamten Spruchkörper gefasst worden. Denn sämtliche Fristen seien von V persönlich verfügt worden. Trotz Eingangs des Ablehnungsantrags habe V in dem hier zugrunde liegenden Verfahren am noch verfügt. In der AdV-Sache ergebe sich aus der dienstlichen Äußerung, dass V maßgeblich Einfluss auf die Beschlussfassung noch am genommen habe. Zuvor habe er persönlich mit dem Büro des Prozessbevollmächtigten telefoniert. Auch in den anderen Verfahren seien die Fristen von V persönlich gesetzt worden. Es könne als selbstverständlich unterstellt werden, dass V für das Ergehen der Beschlüsse am 21. und gesorgt habe. Es werde die Einholung einer dienstlichen Äußerung von V zu der Frage angeregt, wieso es zu den Beschlüssen gerade an diesen Tagen gekommen sei. V habe jedenfalls in den betroffenen 14 Verfahren nicht lediglich als Teil des Kollegialorgans fungiert.
3. Es könne dahinstehen, ob die dienstlichen Äußerungen des Berichterstatters dem Prozessbevollmächtigten hätten bekannt gemacht werden müssen. Infolge der tatsächlich erfolgten Übersendung sei bei den Beteiligten bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten der Eindruck entstanden, dass es auf die dienstliche Äußerung ebenso wie auf eine etwaige Gegenäußerung ankommen könne. Unzweifelhaft sei es für die Erledigung des AdV-Verfahrens auf eine Stellungnahme der Klägerin angekommen. In dem vorliegenden Verfahren habe die Klägerin auch deshalb annehmen können, dass ihre Stellungnahme erforderlich sei, weil der Berichterstatter diesbezüglich eine inhaltliche Äußerung gemacht habe. Darüber hinaus habe das Gericht mit dem Setzen der Frist bis zum einen Vertrauenstatbestand gesetzt. Der Prozessbevollmächtigte habe annehmen dürfen, er könne bis zu diesem Zeitpunkt Schriftsätze einreichen, die vom Gericht auch berücksichtigt würden. Ferner habe er davon ausgehen können, dass vor Ablauf der Frist mit einer Entscheidung nicht zu rechnen sei.
Die Besorgnis der Befangenheit ergebe sich daraus, dass die von V gesetzten Fristen in einer Vielzahl von Fällen missachtet worden seien. Die große Anzahl schließe aus der Sicht der Klägerin ein Versehen aus. Der Eindruck einer bewussten Missachtung habe sich durch die dienstliche Äußerung des V noch verstärkt, wenn dort der Eindruck erweckt werden solle, der Senat habe am von einem Ablauf der Frist ausgehen können. Hinzu komme, dass V über die Urlaubsabwesenheit des Prozessbevollmächtigten informiert gewesen sei. Ebenso leicht erkennbar sei die Fristsetzung bis zum in den 12 anderen Verfahren gewesen. V hätte in Bezug auf die Einhaltung der Fristen ein besonderes Problembewusstsein haben müssen, nachdem er im hier zugrunde liegenden Verfahren wegen der Missachtung einer Frist als befangen abgelehnt worden war. Der Eindruck der Voreingenommenheit werde dadurch verstärkt, dass keines der Verfahren in irgendeiner Weise eilbedürftig gewesen sei.
Die Klägerin hat mit der Beschwerde keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.
Das FA hat in dem Verfahren keine Stellungnahme abgegeben.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das FG hat den Befangenheitsantrag gegen V im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
1. Die Beschwerde ist statthaft. Zwar kann nach § 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) ein Beschluss über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mehr mit der Beschwerde angefochten werden. Gemäß Art. 4 2.FGOÄndG richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung aber nach den bis zum geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Vorliegend ist der angefochtene Beschluss vor dem zugestellt worden.
2. Nach § 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für ein solches Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden wird. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung wirklich von Voreingenommenheit beeinflusst ausfiele. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung des angeführten objektiven Maßstabs Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 3/85, BFHE 144, 144, BStBl II 1985, 555, und vom IV B 104/93, BFH/NV 1995, 629). Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler eines Richters bilden —selbst wenn sie vorliegen— grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund. Anders verhält es sich nur, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür beruht (vgl. BFH-Beschlüsse vom XI B 190/96, BFH/NV 1997, 780, und in BFH/NV 1995, 629, jeweils m.w.N.). Darauf kann etwa eine Häufung von Verfahrensfehlern hinweisen (BFH-Beschlüsse vom XI B 91/92, BFH/NV 1994, 489, und in BFH/NV 1995, 629). Verfahrensverstöße und andere Verhaltensweisen können zudem in ihrer Gesamtheit einen Grund darstellen, der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus zu Recht befürchten lassen kann, der abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden (, BFH/NV 1992, 526).
3. Es kann dahinstehen, ob das FG zutreffend angenommen hat, der Ablehnungsantrag sei im Hinblick darauf unzulässig, dass die geltend gemachten Verfahrensfehler nicht einem einzelnen Richter zugeordnet werden könnten. Denn selbst wenn eine solche Zuordnung gegenüber V möglich wäre, besteht aus der Sicht der Klägerin bei Anlegen objektiver Maßstäbe kein Grund für die Besorgnis, V werde ihr gegenüber nicht unparteilich entscheiden.
a) Zwar rügt die Klägerin zu Recht, dass Verfahrensvorschriften verletzt werden, wenn ein Gericht gegenüber Beteiligten gesetzte Fristen missachtet. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG, § 96 Abs. 2 FGO) und des fairen Verfahrens (§ 76 Abs. 2 FGO) vor, wenn vor Ablauf einer vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme und ohne deren Vorliegen entschieden wird. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des FG nicht darauf an, ob es notwendig war, dem Beteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Denn wenn sich das Gericht entschließt, ausdrücklich Gelegenheit zur Gegenäußerung zu geben, lässt es erkennen, dass es selbst eine Äußerung des Beteiligten für sachdienlich hält. Dann muss es sich an dieser Betrachtung auch weiter festhalten lassen und darf erst eine Entscheidung fällen, wenn entweder die Stellungnahme vorliegt oder die Frist zur Stellungnahme abgelaufen ist.
b) Unabhängig aber davon, inwiefern solche Fristen in dem vorliegenden Verfahren und in anderen vom Prozessbevollmächtigten vertretenen Rechtsstreiten missachtet worden sind, ob diese Missachtung dem V zugerechnet werden kann und ob er ggf. schuldhaft gehandelt hat, ergibt sich daraus nicht eine negative Einstellung des V gegenüber der Klägerin oder ihrem Prozessbevollmächtigten und Gesellschafter, die die Besorgnis rechtfertigen kann, V werde im Streitfall nicht unparteilich entscheiden.
Die gerügten Fristverletzungen sind nicht nur gegenüber der Klägerin bzw. den vom Prozessbevollmächtigten vertretenen Klägern in den anderen Verfahren begangen worden, sondern auch gegenüber dem FA. Das ergibt sich bereits aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin, wenn sie geltend macht, die zweimonatige Frist zur Stellungnahme zu dem Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter sei sowohl den betreffenden Klägern gegenüber als auch gegenüber dem FA missachtet worden. Auf eine Parteilichkeit zu Lasten der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten und Gesellschafters kann deshalb aus diesen Fristverletzungen nicht geschlossen werden.
Sämtliche Verfahrensverstöße in Verfahren, die von dem Prozessbevollmächtigten betreut werden, lassen auch bei einer Gesamtbetrachtung nicht erkennen, dass V eine negative Einstellung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten und Gesellschafter der Klägerin hat. Aus der Anzahl der Verfahrensverstöße allein kann schon deshalb auf eine solche Einstellung nicht geschlossen werden, weil es nur eine geringe Anzahl von Handlungen des V war, die zu den Verfahrensfehlern in zahlreichen Verfahren führte. Denn die Missachtung der Frist zur Stellungnahme auf die dienstliche Äußerung des Berichterstatters zu den Befangenheitsanträgen vom ist auf eine einzige Verfügung des V zurückzuführen, die in allen betroffenen Verfahren auszuführen war. Die dienstliche Stellungnahme trägt sämtliche Aktenzeichen; auf der Rückseite des Schriftstücks befindet sich die Verfügung des V.
Soweit die Missachtung der Fristen überhaupt dem V zugerechnet werden könnte, lassen sich die unterlaufenen Fehler auch —mit einer Ausnahme (s. dazu den nachfolgenden Absatz)— durch Flüchtigkeit erklären. Im Streitfall ist denkbar, dass V nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Datum von den Personen, die seine Verfügung auszuführen hatten, als Fristablauf eingesetzt worden war. Wenn er den Vermerk unter seiner Verfügung nicht nachgelesen hatte, konnte er der Ansicht sein, die Frist sei bereits abgelaufen, als am entschieden wurde. Auch in den 12 anderen Fällen kann Flüchtigkeit zu einem Übersehen des Fristablaufs geführt haben, nämlich dann, wenn V der Meinung gewesen wäre, eine —übliche— Frist von einem Monat gesetzt zu haben.
Nicht mit Flüchtigkeit, aber mit einem Missverständnis über den Inhalt einer mündlichen Äußerung lässt sich die Entscheidung in dem AdV-Verfahren erklären. Die Frist zur Abgabe der Erledigungserklärung lief am ab. Telefonisch hatte V sich kurz zuvor im Büro des Prozessbevollmächtigten nach dem Verbleib der Erklärung erkundigt, die aus seiner Sicht eine bloße Formalie war, um eine für die dortige Antragstellerin günstige (!) Kostenentscheidung treffen zu können. Nach den insoweit unklaren Angaben des Büroangestellten, gewährte V am einen ”Aufschub” bis zum . Am Morgen jenes erkundigte V sich nach dem Verbleib. Ihm wurde signalisiert, ein Schriftsatz sei diktiert und werde per Fax übermittelt. Gegen Mittag fragte V nochmals nach und wies auf die um 12 Uhr anstehende Sitzung des Senats hin. Anschließend erging dann die Entscheidung, ohne dass eine Erklärung des Prozessbevollmächtigten vorlag. Nach seiner dienstlichen Äußerung bemühte sich V auch noch nach ergebnislosem Fristablauf um die Abgabe der Erklärungen. Von einer Fristverlängerung war danach aus der Sicht des V nicht auszugehen. Möglicherweise wollte er mit seinen Anrufen zu erkennen geben, dass man eine Erledigungserklärung noch berücksichtigen werde, wenn sie bis zur Sitzung am vorliegen würde. Nachdem sie am Morgen dieses Tages nicht vorlag und auch bis zu Beginn der Sitzung um 12 Uhr das angekündigte Fax des Prozessbevollmächtigten nicht einging, hielt V die Voraussetzungen für eine Entscheidung zu Lasten der dortigen Antragstellerin wohl für gegeben, während der Prozessbevollmächtigte möglicherweise zunächst davon ausgegangen war, noch bis zum Ende des Tages Zeit zu haben. Eine bewusste Missachtung der Stellungnahmefrist, aus der auf eine negative Einstellung gegenüber der Klägerin oder dem Prozessbevollmächtigten geschlossen werden könnte, ist danach nicht zu erkennen.
Soweit die Klägerin die Stellungnahmefrist als bewusste Schikane des V ansieht, weil dieser von dem Urlaub des Prozessbevollmächtigten gewusst habe, ist diese Wertung nach objektiven Maßstäben nicht gerechtfertigt. Wenn im Rahmen eines Erörterungstermins im Zusammenhang mit dem Antrag auf Einräumung einer Schriftsatzfrist vom Prozessbevollmächtigten erwähnt wird, dass er in einem bestimmten Zeitraum urlaubsabwesend ist, kann nicht erwartet werden, dass der Richter diese Information in der Weise ”speichert”, dass er sich auch in anderen von diesem Prozessbevollmächtigten betreuten Verfahren jederzeit daran erinnert. Wenn in einem anderen Verfahren deshalb eine Frist gesetzt wird, deren Ende in den vom Prozessbevollmächtigten erwähnten Urlaubszeitraum fällt, kann dies nicht als bewusste unfaire Maßnahme angesehen werden, wenn nicht besondere Hinweise für ein gezieltes Verhalten des Richters vorliegen. Solche Hinweise gibt es im Streitfall nicht. Sie lassen sich auch nicht in der Erklärung des V sehen, der Ablauf des Verfahrens, in dem der Erörterungstermin stattgefunden hat, sei im Befangenheitsantrag zutreffend wiedergegeben. Diese Erklärung bedeutet nur, dass die erwähnten Vorgänge sich wie dargestellt abgespielt haben, nicht aber, dass die Information über den Urlaub des Prozessbevollmächtigten über das konkrete Verfahren hinaus ins Bewusstsein des V gerückt war. Es besteht deshalb kein Anlass, die Erklärung des V in seiner dienstlichen Äußerung in Zweifel zu ziehen, ihm seien Beginn, Dauer und Ende des Urlaubs des Prozessbevollmächtigten nicht im Einzelnen bekannt gewesen.
Zu Unrecht rügt die Klägerin, die Nichtabhilfeentscheidungen in den Befangenheitssachen des Berichterstatters seien unter Missachtung einer Stellungnahmefrist ergangen. Nachdem der vom Prozessbevollmächtigten selbst angekündigte Zeitpunkt verstrichen war, bis zu dem er eine Erklärung hatte abgeben wollen, konnte das FG ohne weiteres Zuwarten entscheiden. Die Beschlüsse datieren vom , so dass das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tag, mit dem eine Verlängerung der Frist begehrt wurde, im Zeitpunkt der Entscheidung nicht bewusst übergangen werden konnte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1434 Nr. 11
YAAAA-67029