Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) die persönlichen Voraussetzungen für die erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993 erfüllt.
Die Klägerin ist eine GmbH. An ihrem Stammkapital in Höhe von 247 700 DM waren in den Streitjahren (1993 und 1994) mit einem Anteil von 18,86 % (46 700 DM) fünf natürliche Personen beteiligt, die am einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages (EinigVtr) genannten Gebiet hatten. Zu 39,44 % (97 700 DM) hielt die Klägerin eigene Anteile, die solche i.S. von § 33 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) waren. Die restliche Beteiligung von 41,70 % (103 300 DM) hielt die M-GmbH, deren Geschäftsgegenstand die Unterstützung der Mitarbeiter, der ehemaligen Mitarbeiter und deren Hinterbliebenen der Klägerin ist. An der M-GmbH ist nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zu 90 % die Klägerin und zu 10 % die HM-GmbH beteiligt.
Die Klägerin war mit einer Ausnahmebewilligung für ihren technischen Leiter Herrn H befristet bis zum in die Handwerksrolle der Handwerkskammer…eingetragen.
Die Klägerin beantragte jeweils eine 20 %ige Investitionszulage für in den Streitjahren (1993 und 1994) getätigte Investitionen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) sah einige der in den Investitionszulageanträgen aufgeführten Wirtschaftsgüter nicht als begünstigt an. Im Übrigen gewährte das FA die Investitionszulage für 1993 unter Vorbehalt der Nachprüfung zunächst in der beantragten Höhe. Auf Grund einer Betriebsprüfung kam es dann aber zu der Auffassung, dass der Klägerin nur eine Investitionszulage in Höhe von 8 % der Bemessungsgrundlage zustehe, und setzte die Investitionszulage für 1993 entsprechend niedriger fest. Den Differenzbetrag nebst Zinsen forderte es zurück. Für 1994 gewährte es von vornherein nur eine Investitionszulage in Höhe von 8 % bzw. 5 %.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG führte zur Begründung der Klageabweisung aus, dass nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 Steuerpflichtigen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) die erhöhte (20 %ige) Zulage nur zustehe, wenn u.a. am Kapital der Körperschaft zu mehr als der Hälfte unmittelbar natürliche Personen beteiligt seien, die am einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Art. 3 EinigVtr genannten Gebiet gehabt hätten. Diese Voraussetzung sei bei der Klägerin in den Streitjahren nicht erfüllt gewesen. Solchen natürlichen Personen seien nämlich nur 18,86 % der Anteile an der Klägerin unmittelbar zuzurechnen. Es sei nicht möglich, diesen Personen auch die von der Klägerin gehaltenen eigenen Anteile unmittelbar zuzurechnen. Selbst wenn man dies aber zuließe, könne eine Zurechnung allenfalls im Verhältnis zur bisherigen Beteiligung erfolgen. Es sei dann das Beteiligungsverhältnis zwischen den fünf natürlichen Personen und der M-GmbH zu berücksichtigen. Hierbei handele es sich um einen Anteil von 18,86 % der natürlichen Personen im Verhältnis zu 41,70 % der M-GmbH, so dass die Mehrheit der eigenen Anteile der Klägerin der M-GmbH zuzurechnen sei und sich somit ebenfalls keine unmittelbare Beteiligung der natürlichen Personen an der Klägerin zu mehr als der Hälfte ergebe. Die Anteile der M-GmbH seien auf Grund der eigenen Rechtspersönlichkeit in keinem Fall unmittelbar den natürlichen Personen zuzurechnen. Eine mittelbare Mehrheitsbeteiligung über eine Kapitalgesellschaft genüge aber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 nicht, um die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer erhöhten Investitionszulage zu erfüllen.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Klägerin.
Die Klägerin hält zwar die Auffassung des FG für zutreffend, dass die von ihr —der Klägerin— gehaltenen eigenen Anteile den natürlichen Personen nur im Verhältnis von deren Beteiligung zu der Beteiligung der M-GmbH unmittelbar zurechenbar seien. Bei einer prozentualen Aufteilung der eigenen Anteile auf die fünf natürlichen Personen und die M-GmbH würden daher die Anteile der natürlichen Personen nur auf 31,15 % anwachsen. Entscheidend müsse aber sein, dass auch die Anteile der M-GmbH insgesamt den fünf natürlichen Personen zugerechnet werden müssten. Denn das Stammkapital der M-GmbH in Höhe von 50 000 DM sei (entgegen den Feststellungen des FG) allein von ihr —der Klägerin— übernommen worden. Die an ihr von der M-GmbH gehaltenen Anteile in Höhe von 103 300 DM seien dieser von ihr —der Klägerin— durch Geschäftsanteilsübereignungsvertrag vom unentgeltlich übertragen worden. Diese 41,70 %ige Beteiligung der M-GmbH sei rechtlich und wirtschaftlich ohne Relevanz, weil sie —die Klägerin— zu 100 % an der GmbH beteiligt sei. Die Gestaltung sei gewählt worden, um die früheren Alt-Gesellschafter der ehemaligen landwirtschaftlichen Produktionsgemeinschaft (LPG) zu einem Verkauf ihrer Geschäftsanteile zu motivieren. Aus handels- wie aus steuerrechtlicher Sicht sei deshalb die Zurechnung sämtlicher Geschäftsanteile an ihr —der Klägerin— zu den fünf natürlichen Personen geboten, weil für die Zurechnung die wirtschaftliche Betrachtung maßgebend sein müsse.
Die Klägerin hat keinen ausdrücklichen Revisionsantrag gestellt. Der Begründung der Revision kann aber entnommen werden, dass die Klägerin die völlige Versagung der Investitionszulage für einige Wirtschaftsgüter nicht angreifen will, sondern für diejenigen Wirtschaftsgüter, für die das FA Investitionszulagen in Höhe von 8 % bzw. 5 % gewährt hat, die Gewährung von Investitionszulagen in Höhe von 20 % der Bemessungsgrundlage erreichen will.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Der Senat wird an der Revisionsentscheidung nicht dadurch gehindert, dass die Klägerin als GmbH aufgelöst worden ist und sich in Liquidation befindet. Denn die Klägerin ist weiterhin beteiligtenfähig. Sie hätte ihre Beteiligtenfähigkeit nicht einmal dann verloren, wenn sie nach Abschluss der Liquidation bereits im Handelsregister gelöscht worden wäre (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom III R 29/98, BStBl II 2000, 444, BFH/NV 2000, 1048). Da sie durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, könnte auch dann noch in der Sache entschieden werden (vgl. nunmehr eingehend , BFHE 191, 494, BStBl II 2000, 500).
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat auch nicht dadurch seine Stellung im Verfahren verloren, dass er dem Senat angezeigt hat, er vertrete die Klägerin nicht mehr steuerlich. Da nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) für die Klägerin eine Vertretung vor dem BFH durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer geboten ist, erlangt nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 87 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) das Erlöschen der Prozessvollmacht erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten rechtliche Wirksamkeit. Im Streitfall ist bisher nicht die Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten angezeigt worden.
2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin die von ihr begehrte erhöhte (20 %ige) Investitionszulage für die Investitionen, für die das FA eine Zulage in Höhe von 8 % bzw. 5 % gewährt hat, nicht zusteht. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c i.V.m. Buchst. a InvZulG 1993 erhöht sich die Investitionszulage für Steuerpflichtige i.S. des KStG auf 20 % der Bemessungsgrundlage, wenn neben anderen —hier nicht streitigen— Voraussetzungen am Kapital des betreffenden Unternehmens zu mehr als der Hälfte unmittelbar natürliche steuerpflichtige Personen beteiligt sind, die am einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der ehemaligen DDR hatten (ehemalige DDR-Ansässigkeit).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. An der Klägerin waren in den Streitjahren natürliche Personen mit ehemaliger DDR-Ansässigkeit nur zu weniger als der Hälfte unmittelbar beteiligt. Nominell betrug die unmittelbare Beteiligung dieser Personen sogar nur 18,86 %. Es kann offen bleiben, ob sich die unmittelbare Beteiligung dadurch erhöhte, dass die Klägerin zu 39,44 % eigene Anteile hielt. Der Senat teilt die Auffassung des FG, dass diese eigenen Anteile den natürlichen Personen allenfalls im Verhältnis von deren Anteilen (18,86 %) zu den Anteilen der M-GmbH (41,70 %) unmittelbar zugerechnet werden könnten. Darüber besteht auch mit der Klägerin kein Streit. Die unmittelbare Beteiligung der natürlichen Personen bliebe damit weiterhin unter 50 %; die unmittelbare Beteiligung der M-GmbH stiege auf über die Hälfte.
Der Anspruch der Klägerin auf die erhöhte Zulage hängt also entscheidend davon ab, ob die an der Klägerin beteiligten natürlichen Personen eine unmittelbare Beteiligung von mehr als der Hälfte dadurch erreichen, dass ihnen auch die Anteile der M-GmbH zugerechnet werden können, weil diese Anteile ganz überwiegend oder allein von der Klägerin gehalten werden. Der Senat hat hierzu mit Urteil vom III R 104/96 (BFHE 191, 135, BStBl II 2000, 441) entschieden, dass einer GmbH, deren Anteile mehrheitlich von einer anderen GmbH gehalten werden, die erhöhte Zulage gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993 auch dann nicht zusteht, wenn an der anderen GmbH natürliche Personen beteiligt sind, die am einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen DDR hatten.
Der Senat hat dazu ausgeführt, der Wortlaut der Vorschrift erfordere für die Gewährung der erhöhten Zulage die unmittelbare Beteiligung von Personen mit ehemaliger DDR-Ansässigkeit an der anspruchsberechtigten Körperschaft. Die Voraussetzungen für eine Ausdehnung der Begünstigung im Wege der Gesetzesanalogie auch auf Unternehmen, an denen ehemalige DDR-Ansässige nur mittelbar beteiligt sind, seien nicht gegeben. Das Gesetz sei nicht lückenhaft. Die Gesetzesmaterialien enthielten keine diesbezüglichen Hinweise. Die Beschränkung der Begünstigung auf die Fälle unmittelbarer Beteiligung von früher in der DDR ansässigen Personen entspreche zudem anerkannten investitionszulagenrechtlichen Grundsätzen. Denn nur durch eine (mehrheitliche) unmittelbare Beteiligung könnten z.B. die betreffenden Personen entsprechenden Einfluss auf den Einsatz und die Verwendung der begünstigten Wirtschaftsgüter, vor allem im Hinblick auf die Zugehörigkeits- und Verbleibensvoraussetzungen, nehmen. Außerdem seien Investitionszulageanträge schnell zu bearbeiten und duldeten im Allgemeinen keine umfangreichen Ermittlungen. Diesen Grundsätzen würde es zuwider laufen, ließe man auch mittelbare Beteiligungen ehemaliger DDR-Ansässiger ausreichen. Diese besonderen Gründe rechtfertigten eine unterschiedliche Behandlung Steuerpflichtiger im Sinne des KStG je nachdem, ob an ihnen zu mehr als der Hälfte frühere DDR-Ansässige unmittelbar oder lediglich mittelbar beteiligt seien.
Der Streitfall bietet keine neuen Gesichtspunkte, die den Senat zur Änderung dieser Rechtsprechung veranlassen könnten. Der Senat hält daher an dieser Rechtsprechung fest. Danach steht der Klägerin die erhöhte Investitionszulage nicht zu. Anders als in dem Fall, der dem genannten Urteil des Senats zu Grunde liegt, sind die natürlichen Personen mit früherer DDR-Ansässigkeit an der GmbH, die an der Klägerin beteiligt ist, nicht einmal unmittelbar beteiligt. Ihre Beteiligung an der GmbH ist vielmehr ebenfalls nur eine mittelbare. Sie läuft über die Klägerin, die unmittelbar an der GmbH beteiligt ist. Die Beteiligung über die Klägerin an der GmbH und über diese dann wiederum an der Klägerin ist von den natürlichen Personen aus gesehen daher zweifach mittelbar. Wenn aber nach der Rechtsprechung des Senats die erhöhte Zulage schon in den Fällen zu versagen ist, in denen natürliche Personen mit früherer DDR-Ansässigkeit an der anspruchsberechtigten GmbH nur unter Zwischenschaltung einer GmbH mittelbar beteiligt sind, muss dies erst recht gelten, wenn die mittelbare Beteiligung wie im Streitfall über zwei zwischengeschaltete Kapitalgesellschaften erfolgt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAA-66960