Vollrausch: Strafrahmenmilderung bei nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit und feststehender verminderter Schuldfähigkeit
Gesetze: § 20 StGB, § 21 StGB, § 49 Abs 1 StGB, § 323a Abs 1 StGB
Instanzenzug: LG Verden Az: 1 Ks 105/16
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Eine Milderung des in § 323a Abs. 1 StGB normierten Strafrahmens gemäß § 49 Abs. 1 StGB unter dem Gesichtspunkt, dass bei Begehung der Rauschtat die Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) des Angeklagten lediglich nicht auszuschließen ist, seine verminderte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) hingegen sicher feststeht, kommt hier nicht in Betracht. Darauf, inwieweit der Tatrichter in Fällen verschuldeter Trunkenheit von der Strafrahmenverschiebung absehen kann oder gar muss (hierzu Senatsbeschluss vom - 3 StR 63/15, juris), kommt es dabei nicht an.
Bei nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit und feststehender verminderter Schuldfähigkeit kann deshalb eine Strafrahmenmilderung gemäß § 49 Abs. 1 StGB geboten sein, weil die Verurteilung des Angeklagten nach § 323a Abs. 1 StGB Folge des Zweifelssatzes ist. Denn im Rahmen der Strafzumessung darf dies für den Angeklagten nicht nachteilig sein. Solche Nachteile bestünden ohne Strafrahmenverschiebung in Fällen, in denen für den rauschbedingt Schuldunfähigen ein höherer Strafrahmen wegen des Vollrauschs als der für den erheblich vermindert Schuldfähigen gemilderte Strafrahmen wegen der Rauschtat vorgesehen wäre; dabei können auch mehrfache Milderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen sein (vgl. grundlegend , BGHR StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 5; ferner , BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Beschlüsse vom - 4 StR 17/96, NStZ-RR 1996, 290; vom - 3 StR 63/15, aaO Rn. 46; MüKoStGB/Geisler, 2. Aufl., § 323a Rn. 80).
Im vorliegenden Fall kann indes der vom Landgericht zugrunde gelegte Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB für den Angeklagten nur vorteilhaft sein. Bei nur verminderter Schuldfähigkeit wäre der anzuwendende Strafrahmen selbst nach einer - hier eher fernliegenden - doppelten Strafrahmenmilderung dergestalt, dass der für den minder schweren Fall nach § 213 StGB geltende Strafrahmen herangezogen und nach § 49 Abs. 1 StGB nochmals herabgesetzt würde, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu sieben Jahren und sechs Monaten höher als derjenige des § 323a Abs. 1 StGB (Freiheitstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe).
Becker
RiBGH Dr. Schäfer befindet sichim Urlaub und ist daher gehindertzu unterschreiben.
Tiemann
Becker
Berg
Hoch
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:250417B3STR23.17.0
Fundstelle(n):
EAAAG-50770