Gründe
I. Durch notariell beurkundete Erklärungen vom beauftragte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) den Diplom-Kaufmann X als Treuhänder ihre Rechte und Interessen beim geplanten Erwerb einer Grundstücksteilfläche und eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück und deren anschließender Bebauung im Rahmen eines Bauherrenmodells wahrzunehmen. Insbesondere sollte der Treuhänder die dazu erforderlichen Verträge abschließen. Dazu sollten gehören der Grundstückskaufvertrag, ein Generalunternehmervertrag sowie eine Vielzahl weiterer der wirtschaftlichen und finanziellen Betreuung sowie der Vermietung und der Verwaltung dienender Verträge. Aufgrund der in der gleichen notariellen Urkunde erteilten Vollmacht schloss der Treuhänder für die Klägerin am einen notariell beurkundeten Vertrag über den Erwerb des bereits in der notariellen Urkunde vom bezeichneten Grundstücks. Verkäufer waren die Z-GmbH und die A-GmbH.
Am beauftragte der Treuhänder für die Klägerin die B-GmbH mit der schlüsselfertigen Erstellung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück. In der Folgezeit kam es dann zum Abschluss der übrigen vorgesehenen Verträge hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Baubetreuung sowie der Vermietung und Verwaltung des Grundstücks. Vertragspartner war hier jeweils die A-GmbH.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte durch Bescheid vom unter Einbeziehung der Gesamtaufwendungen der Klägerin in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage Grunderwerbsteuer in Höhe von 29 813 DM fest. Die Steuerfestsetzung wurde bestandskräftig.
Am beantragte die Klägerin den teilweisen Erlass der festgesetzten Grunderwerbsteuer unter Hinweis auf den Erlass des Nordrhein-Westfälischen Finanzministers vom S 4509-14-VA 2. Das FA lehnte den Erlassantrag ab, weil eine der Veräußerinnen des Grundstücks —die A-GmbH— auch an dem Bauvorhaben wesentlich beteiligt gewesen sei. Die Klägerin habe ihr nicht nur die Baubetreuung, Finanzierungsvermittlung und Mietervermittlung übertragen, sondern sie habe auch mit der Klägerin einen Bürgschafts- und Garantievertrag sowie einen Vertrag über die Vermietungsgarantie abgeschlossen. Für die Anwendung des Übergangserlasses sei danach kein Raum.
Mit der Klage wurde begehrt, die festgesetzte Grunderwerbsteuer unter Aufhebung der ablehnenden Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion (OFD) zu erlassen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Ermessensausübung des FA bei Ablehnung des Billigkeitserlasses in Gestalt der ablehnenden Beschwerdeentscheidung der OFD lasse keinen Ermessensfehlgebrauch erkennen. Die Behauptung der Klägerin, nur aufgrund der mit dem (BFHE 136, 427, BStBl II 1982, 741) eingeleiteten ”Verschärfung der Rechtsprechung” seien vorliegend die Gebäudeherstellungskosten in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einbezogen worden, treffe nicht zu. Die sich aus diesem Urteil ergebende ”Verschärfung” berühre den Streitfall schon deshalb nicht, weil hier keine ”unterschiedlichen Personen” Vertragspartner der Klägerin gewesen seien. Die A-GmbH sei im Wesentlichen der alleinige Vertragspartner der Klägerin gewesen. Bei ihr hätten die Grundstücksveräußerung (als Mitbeteiligte), Bebauung, Baubetreuung, Finanzierungs- und Mietervermittlung und anderes in einer Hand gelegen. Dadurch wäre auch eine wirtschaftliche Verflechtung gegeben. Aus diesem Grund könne sich die Klägerin nicht auf den Übergangserlass vom berufen.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Sie beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Beschwerdeentscheidung das FA zu verpflichten, die mit Bescheid vom festgesetzte Grunderwerbsteuer einschließlich Zinsen zu erlassen.
Das beklagte FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Das FG hat die durch § 102 FGO gezogenen Grenzen richterlicher Überprüfung von Ermessensentscheidungen der Finanzbehörden nicht beachtet. Seine Entscheidung ist deswegen aufzuheben.
Nach § 102 FGO können Ermessensentscheidungen durch das FG nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Dabei muss das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abstellen (, BFHE 180, 178, BStBl II 1996, 396). Gegen diese Grundsätze hat das FG mit seinem Urteil verstoßen, indem es seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der mit dem Sachverhalt nicht übereinstimmt, auf dem die zu überprüfenden Verwaltungsentscheidungen beruhen.
OFD wie FA sind bei ihren Entscheidungen davon ausgegangen, dass Vertragspartner der Klägerin beim Grundstückskaufvertrag —neben der mitveräußernden Z-GmbH— die A-GmbH war. Letztere war auch Vertragspartnerin der Klägerin hinsichtlich der Verträge über die wirtschaftliche und finanzielle Betreuung des Bauvorhabens, der Vermietung und der Verwaltung sowie einiger weiterer Verträge. Der Generalunternehmervertrag über die schlüsselfertige Erstellung eines Einfamilienhauses wurde jedoch mit der B-GmbH abgeschlossen.
Im Gegensatz zu den Verwaltungsentscheidungen geht das FG bei seiner Entscheidung davon aus, dass die Klägerin auch den Vertrag über die Bebauung mit der (mit-)grundstücksveräußernden A-GmbH abgeschlossen habe. Das FG stützt mithin seine die Ermessensausübung der Verwaltung überprüfende Entscheidung auf eine Tatsache, von der die Verwaltung bei ihrer Entscheidung selbst nicht ausgegangen ist. In diesem Zusammenhang kommt es nicht mehr darauf an, dass die entsprechende Tatsachenfeststellung durch das FG auch dem klaren Inhalt der Akten widerspricht.
2. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann nicht selbst entscheiden, ob die Ablehnung eines Erlasses wegen einer sachlichen Härte i.S. von § 227 der Abgabenordnung (AO 1977) ermessensfehlerhaft war.
Das frühere Grunderwerbsteuergesetz Nordrhein-Westfalen ist seit Aufhebung des § 160 Abs. 2 FGO durch das FGO-Änderungsgesetz (FGOÄndG) vom (BGBl I 1992, 2109) ab kein revisibles Recht mehr, das der Überprüfung durch den BFH nach § 118 Abs. 1 FGO unterliegt (, BFHE 178, 222, BStBl II 1995, 738). Dies schließt auch eine Überprüfung der Frage aus, ob eine eine Billigkeitsmaßnahme gebietende sachliche Härte vorliegt. Erlass aus sachlichen Gründen ist zu gewähren, wenn die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Besteuerungstatbestand fällt, im Einzelfall mit Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar ist und dadurch ein Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die Wertung des Gesetzgebers besteht (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. Senatsurteil vom II R 63/88, BFHE 164, 114, BStBl II 1991, 541, m.w.N.). Kann das Revisionsgericht mangels Revisibilität des betreffenden Steuergesetzes dessen Auslegung durch das FG nicht überprüfen, so kann es notwendigerweise auch nicht überprüfen, ob eine sachliche Härte i.S. von § 227 AO 1977 vorliegt (BFH-Urteil in BFHE 180, 178, BStBl II 1996, 396).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1027 Nr. 8
GAAAA-66854