Gründe
I. Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) sind Eheleute. Sie gaben im Dezember 1998 erstmals Vermögensteuer-Erklärungen auf den bis ab, mit denen sie dem Antragsgegner und Beschwerdeführer (Finanzamt —FA—) bis dahin unbekanntes Vermögen offen legten. Es bestand im Wesentlichen aus Bankguthaben in einer von ... DM zum auf über ... DM zum ansteigenden Höhe. Die Herkunft der Mittel ist nicht geklärt. Nach den Angaben der Antragsteller stammen sie überwiegend von der Mutter. Diese ist Inhaberin eines ...betriebes, in dem die Antragsteller als Arbeitnehmer tätig sind. Wiederum nach eigenen Angaben führt der Antragsteller den Betrieb.
Aufgrund der Steuererklärungen nahm das FA durch Bescheid vom Hauptveranlagungen auf den und 1989 sowie durch Bescheid vom eine Neuveranlagung auf den vor. Durch die Bescheide wurden —soweit noch maßgeblich— jeweils festgesetzt:
Vermögensteuer für 1986, 1987 und 1988 …DM,
Vermögensteuer für 1989 und 1990 …DM,
Vermögensteuer für 1991 …DM.
Gegen die Bescheide, durch die die Antragsteller zusammen zur Vermögensteuer veranlagt worden sind, legten sie Einspruch ein und beantragten zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung beriefen sie sich auf Festsetzungsverjährung. Eine Fristverlängerung gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) scheide aus, weil Vermögensteuerhinterziehungen ab 1996 strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden könnten.
Das Einspruchsverfahren ruht. Eine Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA ab. Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt. Es hielt für ernstlich zweifelhaft, ob nach 1996 eine Vermögensteuerhinterziehung noch strafbar sei und ob den Antragstellern ihre Vermögensteuerpflicht bewusst gewesen sei. Die Antragsteller hatten erstmals vor dem FG vorgetragen, von ihrer Vermögensteuerpflicht nichts gewusst zu haben.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde beantragt das FA die Aufhebung des Beschlusses über die Aussetzung der Vollziehung sowie die Ablehnung des Aussetzungsantrags.
Die Antragsteller sind der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist begründet. Die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Vermögensteuerbescheide ist nicht ernstlich zweifelhaft (§ 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Wie der Senat mit Urteil vom II R 25/99 (BFHE 191, 240, BStBl II 2000, 378) entschieden hat, können bezogen auf alle vor 1997 verwirklichten Tatbestände Zuwiderhandlungen gegen das bisherige Vermögensteuerrecht nach wie vor strafrechtlich verfolgt werden. Der (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) steht dem nicht entgegen. Zwar hat das BVerfG in dem Beschluss die Tarifvorschrift des § 10 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes (VStG) in allen seit 1983 gültig gewesenen Fassungen für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) erklärt; es hat aber zugleich die weitere Anwendbarkeit des bisherigen Vermögensteuerrechts auf alle bis zum verwirklichten Tatbestände angeordnet. Diese Anordnung ist nicht auf das Steuerfestsetzungsverfahren beschränkt, sondern erfasst die Vorschriften des bisherigen Vermögensteuerrechts auch in ihrer Eigenschaft als Ausfüllungsnormen des § 370 AO 1977. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs (StGB) hindert eine Strafbarkeit wegen Vermögensteuerhinterziehung nicht, weil der Umstand, dass das Vermögensteuergesetz ab dem nicht mehr anwendbar ist, die Gesetzeslage bezüglich früherer Zeiträume/Stichtage nicht verändert hat. Neue und bisher nicht berücksichtigte Gesichtspunkte haben die Antragsteller nicht geltend gemacht. Dass gegen die Entscheidung in BFHE 191, 240, BStBl II 2000, 378 unter dem Az. 1 BvR 1242/00 Verfassungsbeschwerde eingelegt worden ist, vermag für sich allein ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der genannten Vermögensteuerbescheide nicht zu begründen.
Auch die Zweifel des FG daran, ob die Antragsteller von ihrer Vermögensteuerpflicht gewusst und ob insoweit die Voraussetzungen einer Vermögensteuerhinterziehung vorgelegen haben, sind nicht begründet. Das FG hat seine Zweifel nicht durch Feststellungen über persönliche Eigenschaften der Antragsteller wie ihre Berufsausbildung oder die bisher von ihnen ausgeübten Tätigkeiten untermauert, sondern durch den Hinweis auf ein in der Bevölkerung angeblich verbreitetes Unwissen. Dies ist unzulänglich. Aus den Akten ergibt sich, dass die Antragsteller seit 1985 nicht nur keine Vermögensteuererklärungen, sondern trotz der erheblichen Einkünfte aus Kapitalvermögen auch keine Einkommensteuererklärungen abgegeben haben. Dies lässt in Verbindung mit dem erheblichen Umfang des Kapitalvermögens auf ein planmäßiges Negieren steuerlicher Erklärungspflichten einschließlich der Vermögensteuerpflichten schließen. Zu Recht macht das FA geltend, dass dieser Eindruck durch das weitere Indiz verstärkt wird, dass sich das Kapitalvermögen 1983 bei einer luxemburger Bank befand. Diese Umstände passen nicht zu dem vom FG gezeichneten Bild des durchschnittlichen Steuerpflichtigen. Sie führen bei summarischer Prüfung dazu, ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO zu verneinen. Im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung braucht hinsichtlich der strafrechtlichen Grundlagen des Ablaufs einer Festsetzungsfrist kein höheres Maß an Gewissheit vorzuliegen als bei den sonstigen Tatbestandsmerkmalen (so zur vergleichbaren Rechtslage bei Haftungsbescheiden nach § 71 AO 1977 , BFH/NV 1996, 934).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 630 Nr. 5
TAAAA-66802