BFH Beschluss v. - II B 111/00

Gründe

I. Nachdem im Jahr 1994 der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sowie ihrer Schwester in Erbengemeinschaft mehrere in Brandenburg belegene Grundstücke zurückübertragen und das Grundbuch 1995 entsprechend umgeschrieben worden war, forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) mit Verfügung vom die Klägerin auf, für die Grundstücke eine Erklärung zur Feststellung des Ersatzwirtschaftswerts und zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrages auf den abzugeben. Dagegen legte die Klägerin mit der Begründung Einspruch ein, keinen Betrieb zu haben, und zwar auch keinen der Land- und Forstwirtschaft. Das FA bat daraufhin, im Falle einer Verpachtung den Pächter zu benennen, und teilte ergänzend mit, dass die verlangte Erklärung nicht nur für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, sondern für alle land- und forstwirtschaftlichen Flächen abzugeben sei und dass die Geschwister auch für nicht bewirtschaftete Flächen die Grundsteuer zu entrichten hätten. Sodann wies es den Einspruch zurück.

Auch die dagegen erhobene Klage, mit der die Klägerin vorgetragen hatte, die Grundstücke seien nie land- und forstwirtschaftliche Flächen gewesen, wie sich aus ihrer bisherigen Bewertung ergeben müsse, und erst im Jahr 1998 verpachtet worden, blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, in dem vorliegenden Verfahren gehe es noch nicht darum, ob die Grundstücke zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören. Verfahrensgegenstand sei lediglich die Frage, ob das FA die Klägerin in ermessensfehlerfreier Weise zur Abgabe der verlangten Erklärung aufgefordert habe. Dies sei zu bejahen. Der Klägerin wäre es ein Leichtes gewesen, dem FA mit den verlangten Angaben eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob auf den ein Ersatzwirtschaftswert festzustellen ist.

Während des Klageverfahrens hatte das FA angeregt, den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, einen Hochschullehrer der Rechtswissenschaften, wegen geschäftsmäßiger Hilfe in Steuersachen ohne die dazu erforderliche Befugnis nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) zurückzuweisen. Das FG lehnte dies jedoch wegen fehlender Geschäftsmäßigkeit der Hilfeleistung ab.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage nach den Grenzen des Ermessens zu, die für die Aufforderung zur Abgabe einer (Steuer-)Erklärung gelten. Die Bestimmung dieser Grenzen sei von Bedeutung für den ”gene-rellen Schutz des Staatsbürgers vor der Willkür der Finanzbehörden”. Darüber hinaus sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob es mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 des Grundgesetzes (GG) vereinbar sei, einem Steuerpflichtigen entgegen seiner Überzeugung die Erklärung darüber abzuverlangen, dass es sich bei seinem Grundstück um eine land- und forstwirtschaftliche Fläche handele. Im Übrigen wird als Verfahrensfehler eine Verletzung des Rechts auf Gehör gerügt, die darin bestehen soll, dass das FG nicht auf die Rechtsausführungen der Klägerin eingegangen sei. Schließlich sei sie durch die Maßnahmen gegen ihren damaligen Prozessbevollmächtigten nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen, weil sie sich nicht mehr getraut habe, diesen ausreichend zu informieren.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Dies richtet sich noch nach der Rechtslage vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757), wie sich aus Art. 4 dieses Gesetzes ergibt. Denn die angefochtene Entscheidung des FG ist vor dem verkündet worden. Die Beschwerde entspricht nicht den Anforderungen des danach noch maßgeblichen § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung in der bisherigen Fassung (FGO a.F.).

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht schlüssig gerügt. Zur ordnungsgemäßen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F. wäre vorzutragen gewesen, dass der Rechtsstreit eine allgemeine Rechtsfrage aufwirft, die bisher nicht geklärt, im Interesse der Allgemeinheit aber klärungsbedürftig ist. Dies hätte zunächst erfordert, sich mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Grenzen des Ermessens, die die FÄ bei der Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung zu wahren haben (vgl. dazu , BFH/NV 1998, 14, m.w.N.), auseinander zu setzen. Dies ist nicht geschehen. So ist höchstrichterlich bereits geklärt, dass eine Ermessensverletzung dann vorliegt, wenn das FA eine Steuererklärung verlangt, obwohl klar und einwandfrei feststeht, dass eine Steuerpflicht nicht gegeben ist (vgl. , BFHE 115, 93, BStBl II 1975, 464). Auch die Klärungsbedürftigkeit der weiteren von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung, nämlich der nach der Wahrung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG, ist nicht schlüssig dargelegt. Von der Klägerin ist i.Ü. nicht verlangt worden, entgegen ihrer Überzeugung zu erklären, sie sei Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Flächen. Vielmehr ist die Klägerin lediglich aufgefordert worden, durch Abgabe einer Erklärung das FA in die Lage zu versetzen, selbst darüber zu entscheiden, ob ein Ersatzwirtschaftswert auf den festzustellen ist.

2. Soweit die Klägerin rügt, sie sei im finanzgerichtlichen Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen, macht sie einen Mangel geltend, auf den eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden kann, weil es insoweit am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn beim Fehlen einer ordnungsgemäßen Vertretung ist die Revision gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. ohne Zulassung gegeben (vgl. dazu , BFH/NV 1995, 1062).

3. Auch die Rüge einer Verletzung des Rechts auf Gehör ist nicht schlüssig. Soweit die Klägerin rügt, das FG sei nicht auf ihr Vorbringen eingegangen, schon deshalb nicht zur Abgabe der geforderten Erklärung verpflichtet gewesen zu sein, weil sie nach bestem Wissen und Gewissen der Überzeugung sei, keine landwirtschaftlichen Grundstücke zu haben, fehlt es an der Darlegung, dass die Entscheidung des FG bei Berücksichtigung dieses Vorbringens möglicherweise anders ausgefallen wäre (vgl. dazu , BFH/NV 1995, 914). Die Kausalitätsvermutung des § 119 Nr. 3 FGO greift nicht ein, wenn sich die geltend gemachte Verletzung des Rechts auf Gehör lediglich auf einzelne übergangene Punkte des Sachvortrags eines Beteiligten bezieht (vgl. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 119 Anm. 14, sowie , BFHE 135, 167, BStBl II 1982, 355). Soweit die Klägerin rügt, ihr Recht auf Gehör sei dadurch verletzt worden, dass das FG nicht auf ihr Begehren eingegangen sei, ein Ende der Angriffe des FA gegen die Rechtmäßigkeit ihrer Prozessvertretung abzuwarten, ist ihr Vorbringen schon deshalb unschlüssig, weil das FG sich auf den S. 10 und 11 der Vorentscheidung ausdrücklich mit diesem Begehren befasst hat.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 918 Nr. 7
DAAAA-66761