BFH Beschluss v. - I B 49/00

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung zur Benennung eines Zahlungsempfängers gemäß § 160 der Abgabenordnung (AO 1977).

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine 1977 gegründete GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer in den Streitjahren (1982 bis 1990) G war. Ihr Unternehmensgegenstand ist der ”Import und Export, Kauf und Vertrieb sowie Vermietung und Leasing von Möbeln sowie Ausstattungs- und Einrichtungsgegenständen für Film- und Fernsehproduktionen sowie sonstige Veranstaltungen”. Die Geschäftsleitung der Klägerin befand sich zunächst in A; seit 1990 befindet sie sich in B.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hielt der Geschäftsführer G seit der Gründung der Klägerin zugleich die Mehrheit der Gesellschaftsanteile, zeitweilig allerdings über eine zwischengeschaltete Organträgerin, die D-GmbH, sowie über die C-GmbH. Außerdem war G von 1973 bis zum Alleingesellschafter der D-GmbH, wobei er von dem Gesamtkapital in Höhe von 3 Mio. DM einen Anteil von 2,9 Mio. DM zeitweise als Treuhänder eines anderen Unternehmens hielt. Mit Wirkung zum hat er den Gesellschaftsanteil von 2,9 Mio. DM an die liechtensteinische F-AG veräußert.

Durch eine Mitteilung der Oberfinanzdirektion (OFD) erhielt das seinerzeit zuständige Finanzamt M Kenntnis von folgenden Vorgängen:

Im Jahr 1973 hatte die GM-KG von der GC-KG einen Möbel- und Requisitenfundus (nachfolgend: TV-Fundus) zum Preis von 1,4 Mio. DM zuzüglich Umsatzsteuer erworben. Der Fundus wurde im Jahr 1974 an die D-GmbH vermietet. Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der GM-KG stellte das zuständige Finanzamt B fest, dass auf den Kaufpreis für den TV-Fundus keine Zahlungen geleistet worden waren und dass die GM-KG diesen Kaufpreis nicht hätte finanzieren können. Es nahm deshalb an, dass der Kaufpreis überhöht gewesen und durch gesellschaftsrechtliche Beziehungen zwischen den Vertragsparteien beeinflusst sei. Demgemäß schätzte es den steuerlich anzusetzenden Preis im Einvernehmen mit der GC-KG auf 500 000 DM.

Die GM-KG wurde am im Handelsregister gelöscht. Ihre Aktiva und Passiva wurden zum gleichen Zeitpunkt von der G-GbR übernommen. Diese setzte den Wert des übernommenen TV-Fundus mit 98 878 DM an; dabei handelte es sich um denjenigen Wert, den das FA B im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der GM-KG zum geschätzt hatte. Die G-GbR vermietete den TV-Fundus am an die Klägerin und schrieb im Rahmen ihrer Gewinnermittlung für 1978 den Wert des Fundus auf 1 DM ab.

Ebenfalls am veräußerte die G-GbR ihre wesentlichen Betriebsgrundlagen zum Preis von 70 000 DM an die liechtensteinische F-AG. Bei der F-AG handelt es sich nach Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen (BfF) um eine Domizilgesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb. In der Zeit vom bis zum war die F-AG Mehrheitsgesellschafterin (2,9 Mio. DM von 3,0 Mio. DM) der D-GmbH gewesen, nachdem sie die Gesellschaftsanteile von G erworben hatte.

Mit Wirkung vom trat die F-AG als Erwerberin des TV-Fundus in den mit der Klägerin geschlossenen Mietvertrag ein. Der Mietzins wurde auf 69 960 DM festgesetzt, die Laufzeit des Mietvertrags auf den befristet. Nach Ablauf des Mietvertrags veräußerte die F-AG durch privatschriftlichen Vertrag vom den TV-Fundus an die Klägerin. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 1,2 Mio. DM und sollte im Wesentlichen in Raten beglichen werden, wobei die letzte Ratenzahlung nach ca. 10 Jahren zu leisten war. Im Jahr 1990 soll der Fundus von der Klägerin zu einem nicht bekannten Preis an eine andere GmbH verkauft worden sein.

Die Klägerin machte in ihren Steuererklärungen für 1982 bis 1989 Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf den TV-Fundus geltend. In ihrer Gewinnermittlung für 1990 buchte sie den noch vorhandenen Restbuchwert in Höhe von 617 399 DM gewinnmindernd aus.

Im Rahmen von bei der Klägerin und der D-GmbH durchgeführten Betriebsprüfungen forderten die zuständigen Finanzämter beide Gesellschaften auf, die Geschäftsverhältnisse der F-AG offenzulegen. Nachdem diese Aufforderungen erfolglos geblieben waren, gingen das FA M und das zwischenzeitlich zuständig gewordene Finanzamt B davon aus, dass die Anteile an der F-AG von G gehalten würden und dass es sich bei den Geschäften zwischen der F-AG und der Klägerin um Scheingeschäfte handele. Sie behandelten deshalb die Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit dem TV-Fundus als gemäß § 160 AO 1977 nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Klägerin wies der nunmehr zuständig gewordene Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) mit der Begründung zurück, die Klägerin sei den Nachweis schuldig geblieben, dass es sich bei der F-AG um ein real existierendes Unternehmen gehandelt habe.

Die daraufhin erhobene Klage hat das FG abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat die von ihr in Anspruch genommenen Gründe für eine Revisionszulassung nicht ordnungsgemäß dargelegt. Die Beschwerdeschrift erfüllt deshalb nicht die Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Das gilt zunächst insoweit, als die Klägerin rügt, dass das angefochtene Urteil von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweiche (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang zwar zwei von ihr als Divergenzentscheidungen angesehene BFH-Urteile benannt. Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO hätte sie jedoch nur dann in ordnungsgemäßer Form dargelegt, wenn sie einen abstrakten Rechtssatz formuliert hätte, von dem das FG-Urteil getragen wird und der einem ebenfalls tragenden Rechtssatz aus einer der BFH-Entscheidungen widerspricht (BFH-Beschlüsse vom VIII B 17/99, BFH/NV 2000, 212; vom I B 123/98, BFH/NV 2000, 573; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Auflage, § 115 Rz. 63, m.w.N.). Das ist nicht geschehen:

a) Soweit die Klägerin eine Abweichung der FG-Entscheidung von dem Senatsurteil vom I R 108/97 (BFHE 187, 211, BStBl II 1999, 121) geltend macht, ist schon zweifelhaft, ob sie einen diese Entscheidung tragenden Rechtssatz hinreichend bezeichnet hat. Sie will offenbar dartun, dass es nach jener Entscheidung für die Anwendbarkeit des § 160 AO 1977 darauf ankomme, ob der Zahlungsempfänger die Leistungen mit eigenem fach- und branchenkundigem Personal erbringen kann oder nicht. Jedenfalls ergibt sich aus der Beschwerdeschrift aber nicht, dass das FG ausdrücklich oder stillschweigend von dem Rechtssatz ausgegangen sei, die so verstandene Leistungsfähigkeit des Zahlungsempfängers sei unerheblich. Im Gegenteil heißt es dort ausdrücklich, dass das FG von der genannten BFH-Entscheidung ausgegangen sei, hiernach u.a. auf die wirtschaftliche Funktion der F-AG abgestellt habe und diese Frage ”ersichtlich unbehelflich und damit unzutreffend beantwortet” habe. Damit macht die Klägerin letztlich nur geltend, dass das FG die vom BFH aufgestellten Grundsätze im konkreten Einzelfall fehlerhaft gehandhabt habe. Das reicht für eine Divergenzrüge nicht aus (BFH-Beschlüsse vom V B 19/99, BFH/NV 2000, 207; vom V B 184/99, BFH/NV 2000, 1223).

b) Dasselbe gilt hinsichtlich des Vortrags der Klägerin, dass die angefochtene Entscheidung von dem (BFH/NV 1995, 2) abweiche. Die Klägerin beruft sich insoweit auf den jenem Urteil zu Grunde liegenden Rechtssatz, dass ”die Voraussetzungen für eine Benennung…nicht überspannt werden dürfen” und dass im Zusammenhang mit § 160 AO 1977 nur Zumutbares gefordert werden dürfe. Einen vom FG aufgestellten abweichenden Rechtssatz hat sie jedoch nicht benannt. Das wäre umso mehr erforderlich gewesen, als das FG ausdrücklich auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eingegangen ist und diese bejaht hat. Demgemäß liegt auch in diesem Punkt keine ordnungsgemäß begründete Divergenzrüge vor.

2. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) sieht die Klägerin darin, dass im vorliegenden Rechtsstreit zu klären sei, welche Anforderungen die Finanzbehörden an die Empfängerbenennung gemäß § 160 AO 1977 stellen dürfen. Es diene der Rechtssicherheit, wenn Klarheit darüber herrsche, welche Kenntnisse sich der Geschäftspartner einer Domizilgesellschaft verschaffen müsse. Inwieweit der Streitfall in diesem Punkt eine im Allgemeininteresse klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwerfen könnte, hat die Klägerin indessen nicht dargelegt. Erst recht fehlen jegliche Ausführungen zur Klärungsfähigkeit einer etwa klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Beides wäre zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erforderlich gewesen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 61 f.).

Das gilt umso mehr, als die von der Klägerin angesprochene Frage durch das Senatsurteil in BFHE 187, 211, BStBl II 1999, 121 im Grundsatz geklärt ist. Irgendwelche Gesichtspunkte, die in jener Entscheidung nicht berücksichtigt worden sind und die zu einer Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung Anlass geben könnten, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Vielmehr beanstandet sie letztlich auch insoweit nur, dass das FG die vom BFH entwickelten Regeln im konkreten Einzelfall unrichtig angewandt habe. Daraus ergibt sich aber keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 569 Nr. 5
RAAAA-66684