Gründe
I. Die Antragsteller, Eheleute, wurden vom Beklagten (Finanzamt —FA—) vergeblich aufgefordert, Steuererklärungen abzugeben. Nachdem sie das FA darauf hingewiesen hatten, dass es ihnen mangels finanzieller Mittel nicht möglich sei, Steuererklärungen abzugeben, erließ das FA in Sachen Einkommensteuer 1997 einen Schätzungsbescheid an beide Antragsteller und in Sachen Umsatzsteuer 1997 einen Schätzungsbescheid gegenüber dem Antragsteller. Gegen diese Bescheide legte die Prozessbevollmächtigte namens der Antragsteller Einspruch ein und reichte eine ”kurzfristige Erfolgsrechnung Dezember 1997” ein. Nachdem die Prozessbevollmächtigte dem FA nochmals mitgeteilt hatte, dass die Antragsteller mangels finanzieller Möglichkeit keine weiteren Unterlagen mehr vorlegen könnten, ergingen sowohl in Sachen Einkommensteuer 1997 als auch in Sachen Umsatzsteuer 1997 Einspruchsentscheidungen, die an beide Antragsteller adressiert waren.
Hiergegen erhob die Prozessbevollmächtigte Klagen, über die noch nicht entschieden ist. Zugleich beantragte sie Prozesskostenhilfe (PKH) und ihre Beiordnung.
Das Finanzgericht (FG) gab dem Antrag auf PKH statt, soweit er die Klage der Antragsteller wegen Einkommensteuer 1997 und die Klage des Antragstellers wegen Umsatzsteuer 1997 betraf. Den Antrag der Antragstellerin betreffend Umsatzsteuer 1997 lehnte es mit der Begründung ab, Umsatzsteuerbescheid und die entsprechende Einspruchsentscheidung richteten sich nur an den Antragsteller. Es lehnte auch den Antrag auf Beiordnung der Prozessbevollmächtigten ab, weil sie nicht erforderlich erscheine i.S. des § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO). Die Antragsteller müssten im Klageverfahren lediglich ihre außerprozessuale Mitwirkungspflicht erfüllen, die sie auch ohne fachkundige Hilfe bewältigen könnten (Hinweis auf , BFH/NV 1995, 725).
Gegen den Beschluss des FG legte die Prozessbevollmächtigte Beschwerde ein mit dem Antrag, in vollem Umfang PKH zu gewähren. Der Klage der Antragstellerin sei insoweit stattzugeben, als sich die Einspruchsentscheidung in Sachen Umsatzsteuer irrtümlicherweise auch an sie richte. Die Beiordnung der Prozessbevollmächtigten sei erforderlich, da der Antragsteller ohne fachliche Unterstützung keine Gewinnermittlung für sein Gewerbe erstellen könne. Im Übrigen habe er alles getan, was zu einer zutreffenden Besteuerung erforderlich sei. Die dem FA vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung sei eine ”Überschussrechnung”, die den Zeitraum der gewerblichen Einzelunternehmertätigkeit seit November 1997 umfasse. Die tatsächlichen Umsätze ergäben sich aus der Voranmeldung für das vierte Kalendervierteljahr 1997. Bei Ermittlung der abzugsfähigen Vorsteuern müsse allerdings noch die teils unternehmerische, teils nichtunternehmerische Nutzung von Sachanlagevermögen abgegrenzt werden. Insoweit sei fachkundige Hilfe geboten.
Die Antragsteller, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, beantragen PKH für das Beschwerdeverfahren gegen den PKH-Beschluss des FG. Sie bestätigen, dass ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wie sie in der dem FG vorgelegten Erklärung dargestellt worden seien, unverändert seien und legten einen Bescheid über Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vor.
Das FA hob während des Beschwerdeverfahrens die Einspruchsentscheidung in Sachen Umsatzsteuer 1997, soweit sie sich irrtümlicherweise gegen die Antragstellerin richtete, auf.
II. Dem Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren betreffend Umsatzsteuer 1997 einschließlich Beiordnung der Prozessbevollmächtigten ist stattzugeben. Im Übrigen ist der Antrag abzulehnen.
Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
1. Die Beschwerde der Antragstellerin hat in Sachen Umsatzsteuer 1997 insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg, als die Einspruchsentscheidung —mittlerweile unstreitig— zu Unrecht gegenüber der Antragstellerin erging.
Der Erfolg des Beschwerdeverfahrens wird bei summarischer Prüfung auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das FA während des Beschwerdeverfahrens die Einspruchsentscheidung insoweit aufgehoben hat. Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Beschwerde gegen den die PKH ablehnenden Beschluss des FG unstatthaft, wenn die Hauptsache nicht mehr an den BFH gelangen kann (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 44/98, BFH/NV 1999, 1501; vom VI B 6/92, BFH/NV 1992, 835). Hat sich die Hauptsache vor dem FG aufgrund beiderseitiger Erledigungserklärung erledigt und das FG einen entsprechenden Kostenbeschluss erlassen, wäre danach eine Beschwerde grundsätzlich zu verwerfen (z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 195/99, BFH/NV 2000, 1106; vom XI B 81-86/91, BFH/NV 1992, 331). Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass der erkennende Senat im Streitfall die Statthaftigkeit der Beschwerde bejahen wird, weil es mit Sinn und Zweck der PKH nicht vereinbar erscheint, die Beschwerde eines mittellosen Antragstellers allein deswegen zu verwerfen, weil das FA während des Beschwerdeverfahrens die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides durch Aufhebung oder Änderung in vollem Umfang i.S. des § 138 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) anerkannt hat.
Soweit danach der Antrag auf PKH für das Beschwerdeverfahren Erfolg hat, ist der Antragstellerin die Prozessbevollmächtigte gemäß § 142 Abs. 2 FGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs rückwirkend auf den Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung beizuordnen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 142 Rdnr. 24, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom VIII S 14/89, BFH/NV 1990, 292; vom VI B 323/98, BFH/NV 2000, 985).
2. Im Übrigen wird die Beschwerde voraussichtlich keinen Erfolg haben, da die Beiordnung nicht gemäß § 121 Abs. 2 (Satz 1) ZPO erforderlich erscheint. Der Erfolg der Klagen hängt nach derzeitiger Sachlage allein von Auskünften der Antragsteller über tatsächliche Verhältnisse ab:
Nach eigenem Vortrag der Antragsteller sind die Fragen streitig, wie lange der Antragsteller nichtselbständig tätig war, welche Einnahmen er seit November 1997 im Rahmen seines Einzelunternehmens erzielte und in welchem Umfang Sachanlagevermögen zu unternehmerischen bzw. unternehmensfremden Zwecken verwendet wurde. Die zu ihrer Beantwortung notwendigen Kenntnisse hat ausschließlich der Antragsteller. Auch die Prozessbevollmächtigte kann hierzu nur den Antragsteller befragen.
Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob von einem Steuerpflichtigen auch erwartet werden kann, dass er ohne fachkundigen Beistand eine Gegenüberstellung seiner Einnahmen und Ausgaben fertigt. Nach eigenem Vortrag der Antragsteller wurde eine Gewinnermittlung für die Zeit der einzelunternehmerischen Tätigkeit (November und Dezember 1997) von der Prozessbevollmächtigten bereits im Einspruchsverfahren erstellt und dem FA vorgelegt. Vom FA wurde bislang zwar bestritten, dass diese Gewinnermittlung auch den Monat November erfasst. Dies nachzuweisen ist jedoch dem Antragsteller durch Vorlage seiner Belege und Aufzeichnungen o.ä. auch ohne Rat seiner Steuerberaterin möglich.
Fundstelle(n):
WAAAA-66613