BGH Beschluss v. - 4 StR 558/16

Revision in Strafsachen: Wirksamkeit der Ermächtigung zur Rücknahme der Revision; Widerruf der Ermächtigung

Gesetze: § 302 Abs 2 StPO

Instanzenzug: LG Mühlhausen Az: 219 Js 44439/16 - 3 KLs jug

Gründe

I.

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom , beim Landgericht eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision "namens und im Auftrag des Angeklagten" zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am beim Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom vorgetragen, er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der Revisionsrücknahme auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.

2Auf Anfrage des Landgerichts hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit Schriftsatz vom die Revisionsrücknahme erklärt.

3Mit Schriftsatz vom hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.

II.

4Die am eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO).

51. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. , NStZ-RR 2016, 24 f.; Beschluss vom – 3 StR 12/05, NStZ-RR 2005, 583; SSW-StPO/Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur Rechtsmittelrücknahme als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des Verfahrensgangs ein schlüssiges Bild ergeben.

62. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. , NStZ-RR 2005, 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem Landgericht jedoch erst am und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.

73. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. , aaO). Durch sein beim Landgericht am eingegangenes Schreiben konnte die Revisionsrücknahme daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.

84. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die Revisionsrücknahme einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 112/15, aaO; vom – 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).

III.

9Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. ).

Sost-Scheible                         Roggenbuck                        Cierniak

                         Bender                               Quentin

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR558.16.0

Fundstelle(n):
XAAAG-47016