BFH Beschluss v. - XI B 134/99

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom bis zum sowie vom bis .

Im Rahmen steuerstrafrechtlicher Ermittlungen gegen den Inhaber der Firma K fand das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (FuSt)…Notizzettel des Inhabers, nach denen der Kläger für diesen als selbständiger Vertreter tätig war. Außerdem stellte es Bareinzahlungen des Klägers bei der Kreissparkasse X und der Stadtsparkasse Y in den Jahren 1992 bis 1994 —ohne Vorhandensein eines Anfangsbestandes— in Höhe von ... DM, ... DM und von ... DM fest. Schließlich wurde festgestellt, dass der Kläger im Jahre 1994 eine Eigentumswohnung in Y erworben hatte.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nahm die Feststellungen zum Anlass, für die Veranlagungszeiträume 1992 bis 1994 erstmalige Einkommensteuerbescheide zu erlassen. Er legte den Steuerbescheiden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... DM (in 1992), von ... DM (in 1993) und von ... DM (in 1994) im Schätzungswege zu Grunde. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Im Rahmen seiner Nichtzulassungsbeschwerde verweist der Kläger auf ein rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts ..., demzufolge sich seine Einlassung, er habe aus der Tätigkeit tatsächlich keine Einkünfte erzielt und Provisionszahlungen nicht erhalten, nicht durch die Unterlagen der Steuerfahndung widerlegen lasse. Er macht geltend, die auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhenden Einkommensteuerfestsetzungen seien sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu beanstanden. Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) habe die Finanzbehörde bei der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung seien. Das FA hätte deshalb den von dem Kläger gemachten Anhaltspunkten hinsichtlich der nicht vorhandenen Einnahmen nachgehen müssen. Der Kläger habe vor dem Finanzgericht (FG) u.a. vorgetragen, von seinem Vater vor dessen Tode im Jahre 1988 ca. ... DM erhalten und dieses Geld zunächst zu seinem im Keller aufbewahrten Geld gelegt und nicht auf die Bank gebracht zu haben, weil er von seiner Frau getrennt und in Scheidung gelebt habe. Das FG habe eine weiter gehende Sachaufklärung nicht vorgenommen und gegen die sich aus § 76 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ergebenden Aufklärungspflichten verstoßen. Der frühere Arbeitskollege…—dessen Anschrift der Kläger allerdings nicht kenne— und der Inhaber der Firma K könnten die Angaben hinsichtlich der erzielten Einnahmen bestätigen. Dass Letzterer flüchtig sei, könne dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen. Außerdem könnte die Lebenspartnerin des Klägers bestätigen, den Kauf der Eigentumswohnung finanziert zu haben.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig; das Vorbringen des Klägers erfüllt nicht die Mindestanforderungen an die gesetzlich vorgeschriebene Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde.

Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom (BGBl I 2000, 1757) richtet sich die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs nach den bis zum geltenden Vorschriften.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat Zulassungsgründe in der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.) nicht dargelegt oder bezeichnet.

2. Nach § 115 Abs. 2 FGO a.F. ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.) oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.) oder bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F.). In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.). Der Kläger hat keinen der angeführten Gründe benannt.

a) Die schlüssige Darlegung einer Abweichung erfordert, dass in der Beschwerdebegründung abstrakte (tragende) Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der Divergenz-Entscheidung des BFH gegenübergestellt und so genau bezeichnet werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 63). Soweit der Kläger die Schätzung des FG unter Verweis auf das (BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354) als fehlerhaft bezeichnet, rechtfertigt dies keine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. Damit wird allenfalls dargelegt, dass das FG die Rechtsprechung des BFH fehlerhaft angewendet hat, nicht aber, dass das FG seiner Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den rechtlichen Erwägungen der Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (, BFH/NV 1990, 785).

b) Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG (Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO) wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur formgerecht gerügt, wenn der Beschwerdeführer vorträgt,

  • welche Tatfrage aufklärungsbedürftig ist,

  • welche Beweismittel das FG zu welchem Beweisthema nicht erhoben hat,

  • warum der Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat oder weshalb sich dem FG die Beweiserhebung auch ohne einen solchen Antrag hätte aufdrängen müssen und

  • inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom I B 195/93, BFH/NV 1995, 188).

Die Ausführungen des Klägers in der Beschwerdeschrift werden diesen Erfordernissen nicht gerecht. Der Kläger hat insbesondere nicht vorgetragen, dass er die mangelnde Sachaufklärung durch das FG in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt hat, weshalb dies nicht möglich oder zumutbar war oder weshalb eine solche Rüge aus sonstigen Gründen ausnahmsweise nicht erforderlich war (BFH-Beschlüsse vom VII B 143/98, BFH/NV 1999, 212; vom XI B 143/97, BFH/NV 1999, 348, und vom XI B 181/95, BFH/NV 1997, 775). Auch ohne Prozessvertreter wäre es ihm möglich gewesen, eine weitere Sachaufklärung des Gerichts anzuregen oder zu fordern.

Das FG konnte auch zu einer vom Sozialgericht abweichenden Tatsachenwürdigung kommen (vgl. zum Verhältnis zu Strafgerichten , BFH/NV 1991, 844, und vom VII R 74/84, BFH/NV 1988, 692).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1440 Nr. 11
LAAAA-66527