BFH Beschluss v. - X B 101/00

Gründe

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil die Beschwerdebegründung keine hinreichende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) enthält. Im Streitfall richten sich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde noch nach § 115 Abs. 2 und 3 FGO i.d.F. vor In-Kraft-Treten des 2.FGOÄndG; denn das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) ist bereits vor dem zugestellt worden (Art. 4 2.FGOÄndG).

1. Hinreichend dargelegt ist die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nur dann, wenn der Beschwerdeführer die Rechtsfragen bezeichnet, deren Beantwortung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dabei ist darzulegen, dass es sich um aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Fragen handelt und diese Fragen im konkreten Verfahren klärungsbedürftig und klärungsfähig sind (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605; vom VIII B 41/94, BFH/NV 1995, 807, jeweils m.w.N.). Insbesondere muss bei Vorliegen von Entscheidungen des BFH zu der streitigen Rechtsfrage dargestellt werden, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung zu der Frage im Interesse der Allgemeinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich gehalten wird. Diesem Erfordernis ist nur Rechnung getragen, wenn die Beschwerdebegründung eine eingehende Auseinandersetzung mit dem betreffenden Rechtsproblem enthält und ausgeführt wird, worin der Beschwerdeführer noch eine ungeklärte Frage sieht (Beschlüsse des Senats vom X B 186/97, BFH/NV 1998, 1244, und vom X B 37/99, BFH/NV 2000, 59).

2. Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.

a) Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machen lediglich geltend, sie hätten keine Benachrichtigung über die Niederlegung des angefochtenen Steuerbescheids erhalten und dies durch ihre eidesstattliche Versicherung bewiesen. Nach einem Artikel der Kölner Tageszeitung ”Express” habe ein Briefträger ”bergeweise” ihm anvertraute Post in einen Müllcontainer geworfen. Somit hätten sie den Gegenbeweis gegen die Richtigkeit der in der Postzustellungsurkunde bezeugten Tatsache geführt. Im Hinblick darauf habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, da sie die Grenzen des Gegenbeweises festlegen müsse.

b) Diese Begründung genügt den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO schon deshalb nicht, weil sie keine Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der als grundsätzlich angesehenen Frage enthält, obwohl der BFH die Frage, welche Anforderungen an den Beweis der Unrichtigkeit einer Postzustellungsurkunde zu stellen sind, bereits mit Urteil vom VII R 36/84 (BFH/NV 1988, 170, m.w.N. der Rechtsprechung) entschieden hat. Danach genügen eidesstattliche Versicherungen, wie sie die Kläger vorgelegt haben, nicht als Gegenbeweis gegen die beurkundeten Zustellungstatsachen, weil sie keinen Beweis erbringen, sondern allenfalls den Beteiligtenvortrag glaubhaft machen. Für die Wirksamkeit der (Ersatz-) Zustellung kommt es nach der BFH-Rechtsprechung nicht darauf an, ob und ggf. wann der Adressat die Mitteilung über die Niederlegung seinem Briefkasten entnommen oder ob er sie tatsächlich vorgefunden hat (Entscheidungen in BFH/NV 1988, 170; vom X R 79/95, BFH/NV 1996, 567).

3. Soweit das FG in dem angefochtenen Urteil die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 der Abgabenordnung (AO 1977) verneint hat, haben die Kläger keinen diesbezüglichen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO vorgetragen.

Im Übrigen hat das FG zu Recht darauf hingewiesen, dass das Vorbringen eines Beteiligten —wie im Streitfall—, die Zustellungsmitteilung nicht vorgefunden zu haben, allein nicht ausreicht, um die unverschuldete Unkenntnis von der Zustellung eines Bescheids glaubhaft zu machen (vgl. BFH in BFH/NV 1988, 170). Schließlich ist der im Beschwerdeverfahren erstmals vorgetragene Sachverhalt über das Abhandenkommen von Postsendungen aufgrund Fehlverhaltens von Postbeamten schon deshalb unbeachtlich, weil neuer Tatsachenvortrag im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berücksichtigt werden kann (vgl. , BFH/NV 2000, 721). Abgesehen davon lässt der darauf bezogene Vortrag nicht erkennen, dass auch der Postbezirk, in dem die Kläger wohnen, von den in der Presseberichterstattung bezeichneten Vorgängen betroffen gewesen sein könnte.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1361 Nr. 11
LAAAA-66407