Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Die Kläger veräußerten im Juni 1992 eine Eigentumswohnung, deren Anschaffungskosten sie mit einem Darlehen finanziert und die sie bisher vermietet hatten. Der Käufer hinterlegte den Kaufpreis am vereinbarungsgemäß auf einem Notaranderkonto, und am gingen die Nutzungen und Lasten der Wohnung auf ihn über. Die Hinterlegungszinsen standen ab der Übergabe der Wohnung den Klägern zu. Am überwies der Notar den hinterlegten Kaufpreis zuzüglich Hinterlegungszinsen in Höhe von 3 132,65 DM auf das Darlehenskonto der Kläger. Das Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungskosten der Wohnung wurde dadurch bis auf einen Restbetrag getilgt.
Die Kläger machten zunächst die gesamten Schuldzinsen, die sie im Streitjahr (1992) für das Darlehen geleistet hatten, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte hingegen nur die bis zum Übergang von Nutzungen und Lasten der Wohnung entstandenen Schuldzinsen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der die Kläger begehrt hatten, Schuldzinsen in Höhe von 2 327 DM —vom 1. September bis zum entstandene Schuldzinsen in Höhe von 5 459 DM abzüglich zugeflossener Hinterlegungszinsen in Höhe von 3 132 DM— als weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1222 veröffentlichten Urteil ab.
Mit der Revision machen die Kläger Verletzung materiellen Rechts geltend. Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Schuldzinsen in Höhe von 2 327 DM als weitere Werbungskosten berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Das FG hat nicht beachtet, dass die strittigen Schuldzinsen, soweit sie während der Hinterlegung des Veräußerungserlöses entstanden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar sind.
a) Das FG hat allerdings in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung entschieden, dass die strittigen Schuldzinsen nicht als (nachträgliche) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind.
Schuldzinsen eines Kredits zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes stellen nach dessen Veräußerung keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar (vgl. , BFH/NV 1995, 966; vom IX R 15/90, BFHE 166, 219, BStBl II 1992, 289, m.w.N.; vom VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373; offen gelassen im , BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, unter II. 3.).
b) Die strittigen Schuldzinsen sind jedoch, soweit sie während der Hinterlegung des Veräußerungserlöses entstanden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar.
Die vorübergehende Anlage des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto führte bei den Klägern zu Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 3 132,65 DM. Entsprechend erfuhr das ursprünglich zur Finanzierung der Eigentumswohnung aufgenommene Darlehen nach der Veräußerung der Wohnung und dem Übergang der Nutzungen und Lasten auf den Käufer eine Zweckänderung und diente nicht mehr der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen (s. BFH-Urteil in BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454). Ab dem genannten Zeitpunkt stand das Darlehen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem an die Stelle der Wohnung getretenen Veräußerungserlös. Dieser Erlös wurde von den Klägern zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen eingesetzt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454). Der wirtschaftliche Zusammenhang des Darlehens mit der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen endete mit der Auflösung des Notaranderkontos und der Überweisung des Guthabens auf das Darlehenskonto der Kläger. Die zwischen dem 1. September und dem 9. November des Streitjahres entstandenen Schuldzinsen sind daher als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar. Dies gilt auch, soweit die Zinsen zu einem Werbungskostenüberschuss geführt haben. Denn die Kläger haben die zur Erzielung von Einkünften getätigte Investition bis zur Auflösung des Anderkontos fortgeführt (vgl. Senatsurteil vom IX R 29/93, BFHE 183, 75, BStBl II 1997, 610).
2. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat, ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, keine Feststellungen zur Höhe der zwischen dem 1. September und dem 9. November des Streitjahres entstandenen Schuldzinsen getroffen. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, damit es diese Feststellungen nachholt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 310 Nr. 3
GAAAA-66290