BFH Beschluss v. - VII R 99/98

Gründe

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) gegen die Festsetzung des Zwangsgeldes als unzulässig abgewiesen, weil sie nicht innerhalb der in § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgeschriebenen Frist eingegangen sei und eine Wiedereinsetzung (§ 56 FGO) nicht in Betracht gekommen sei. Im Übrigen habe nach Auffassung des FG das Rechtsschutzinteresse des Klägers gefehlt, weil das Zwangsgeldverfahren eingestellt war und das festgesetzte Zwangsgeld, soweit es noch nicht gezahlt war, nicht mehr eingezogen werde.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung war der Kläger nicht erschienen. Das FG hat in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung seine ordnungsgemäße Ladung festgestellt. Die bei den FG-Akten befindliche Postzustellungsurkunde weist den Kläger als Empfänger aus und enthält Vermerke sowohl über die Niederlegung der Sendung als auch über die Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung durch Einlage in den Hausbriefkasten.

Mit Schriftsatz vom hat der Kläger persönlich und mit am per Telefax übermittelten Schriftsatz vom hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers außer der Nichtzulassungsbeschwerde Revision gegen das dem Kläger am zugestellte Urteil eingelegt.

Der Kläger rügt, soweit im Rahmen der zulassungsfreien Revision überhaupt erheblich, im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten gewesen zu sein (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO), weil ihm die Ladung zum Termin nicht zugestellt worden bzw. nicht zugegangen sei.

II. Die Revision ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 FGO).

Über die mehrfache Einlegung eines Rechtsmittels ist einheitlich zu entscheiden (vgl. Bundesfinanzhof —BFH—, Beschluss vom X R 36/88, BFH/NV 1989, 119).

Die durch den Kläger persönlich am eingelegte Revision ist unwirksam, weil der Kläger sich insoweit nicht durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs genannten Personengruppen hat vertreten lassen.

Auch die am eingegangene, nunmehr durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegte Revision ist unzulässig, weil sie nicht zugelassen war und ein Grund, der nach § 116 FGO zur zulassungsfreien Revision führt, vom Kläger nicht schlüssig vorgetragen worden ist.

Zwar hat der Kläger einen Verfahrensmangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO geltend gemacht. Dieser Mangel ist jedoch nicht schlüssig gerügt, weil der Kläger nicht die Tatsachen bezeichnet hat, die den von ihm gerügten Verfahrensmangel ergeben (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO). Dieses Erfordernis gilt auch bei Rügen i.S. des § 116 FGO (vgl. , BFH/NV 1995, 416). Für die Rüge des Klägers, er sei im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen, genügt nicht die Behauptung, die Ladung zum Termin für die mündliche Verhandlung sei ihm nicht zugestellt worden, bzw. er habe die Ladung nicht erhalten.

§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO geht davon aus, dass der Beteiligte in gesetzwidriger Weise im Verfahren nicht vertreten war, weil das Gericht bei der Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung den Vorschriften des Gesetzes nicht genügt und dadurch dem Beteiligten die Teilnahme unmöglich gemacht hat. Ein Fall fehlender Vertretung läge somit insbesondere vor, wenn der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter nicht ordnungsgemäß geladen worden wären (vgl. , BFH/NV 1998, 734, m.w.N.).

Die Ausführungen des Klägers lassen indessen nicht den Schluss zu, das FG habe ihn nicht ordnungsgemäß geladen. Der Kläger war nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten. Aus diesem Grund hat das FG den Kläger persönlich zur mündlichen Verhandlung geladen (§ 91 Abs. 1 FGO). Nach der bei den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde ist die Ladung dem Kläger gemäß § 53 FGO i.V.m. § 3 Abs. 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes i.V.m. § 182 der Zivilprozeßordnung (ZPO) durch Niederlegung zugestellt worden. Die Ladung enthielt den nach § 91 Abs. 2 FGO vorgeschriebenen Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne.

Die Postzustellungsurkunde erbringt gemäß § 82 FGO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis für die von ihr bezeugten Tatsachen, auch den Beweis darüber, dass der Empfänger in der vorgeschriebenen Weise über die Niederlegung benachrichtigt worden ist. Ein Gegenbeweis kann nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Postzustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Die bloße Behauptung des Klägers, er habe die Ladung oder die Mitteilung über deren Niederlegung nicht erhalten, kann daher die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung der Ladung nicht entkräften (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 734).

Der Kläger hat keine Umstände dargelegt, die ein Fehlverhalten des Postbediensteten bei der Zustellung und damit eine Falschbeurkundung in der Postzustellungsurkunde zu belegen geeignet sind. Aufgrund der vorliegenden Postzustellungsurkunde durfte das FG davon ausgehen, dass die Ladung dem Kläger ordnungsgemäß zugestellt worden war. Es hatte keine Veranlassung, vor der Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits nachzuforschen, ob der Kläger die Ladung erhalten und rechtzeitig zur Kenntnis genommen hatte (vgl. , BFH/NV 1994, 486).

Die vom Kläger erhobenen Rügen der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 FGO) bzw. mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) fallen nicht unter die in § 116 Abs. 1 FGO abschließend aufgeführten Verfahrensmängel. Sie können nur mit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO erhoben werden (vgl. , BFH/NV 1996, 54).

Fundstelle(n):
HAAAA-66122