Sachgrundlose Befristung - Verlängerung
Gesetze: § 14 Abs 2 S 1 Halbs 1 TzBfG, § 14 Abs 2 S 1 Halbs 2 TzBfG
Instanzenzug: ArbG Gelsenkirchen Az: 5 Ca 1698/13 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 10 Sa 290/14 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
2Die Beklagte betreibt Kliniken und Seniorenzentren. Die Klägerin ist seit dem bei ihr als hauswirtschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde in § 3 des Arbeitsvertrags vom zunächst sachgrundlos bis zum befristet. Diese Befristung wurde mit Vereinbarung vom bis zum verlängert.
3In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten vom heißt es auszugsweise:
4In der Folgezeit entschied die Beklagte, das Arbeitsverhältnis der Klägerin nur bis zum zu verlängern. Sie beantragte am bei der Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Einstellung im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Vertragsverlängerung zum , die erteilt wurde. Schließlich unterzeichneten die Parteien eine mit „Neufassung des § 3 des Dienstvertrages vom sowie der letzten Neufassung vom “ überschriebene Vereinbarung, die das Datum des trägt. Darin heißt es:
5Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom darauf hingewiesen worden war, dass das Arbeitsverhältnis zum enden werde, focht sie mit Anwaltsschreiben vom ihre „eventuell abgegebene Willenserklärung hinsichtlich einer Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum wegen Irrtums bzw. Täuschung“ an.
6Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am zugestellten Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung zum geltend gemacht und sich zudem gegen eine Befristung zum gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes unwirksam. Bei dem Vertrag vom handle es sich nicht um eine Vertragsverlängerung, sondern um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags. Dadurch werde das Anschlussverbot nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verletzt. Zudem sei die vom datierende Änderungsvereinbarung erst nach Ablauf der in dem vorherigen Vertrag vereinbarten Vertragslaufzeit zustande gekommen. Sie sei ihr erstmals zusammen mit dem Schreiben vom am zugegangen und von ihr erst anschließend zurückgegeben worden. Die Befristung sei auch deshalb unwirksam, weil die durch das Schreiben der Beklagten vom bereits rechtsverbindlich zum vereinbarte Befristung verkürzt worden sei, was das Gesetz nicht vorsehe. Die Beklagte könne sich nach § 242 BGB zudem nicht auf die Wirksamkeit der Befristung zum berufen. Schließlich werde bestritten, dass die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß beteiligt wurde. Die Befristung zum sei als sachgrundlose Befristung unwirksam, da eine solche nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig sei.
7Die Klägerin hat beantragt
8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis sei gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG wirksam sachgrundlos zum befristet worden. Die Klägerin habe den Verlängerungsvertrag vom jedenfalls vor dem unterzeichnet. Eine Befristung zum sei nicht vereinbart worden.
9Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
10Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
11I. Die mit dem Feststellungsantrag zu 1. erhobene Befristungskontrollklage ist zulässig, aber unbegründet.
121. Der Antrag ist zulässig.
13a) Bei dem Antrag zu 1. handelt es sich um eine Befristungskontrollklage iSv. § 17 Satz 1 TzBfG, mit der sich die Klägerin gegen die im Vertrag vom vereinbarte Befristung zum wendet. Zwar hatte die Klägerin ursprünglich daneben den Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses geltend gemacht, indem sie vorgebracht hatte, sie habe die zum getroffene Befristungsvereinbarung wirksam angefochten. Dieses Begehren ist jedoch nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens, nachdem die Klägerin sich nicht gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts wendet, diese Anfechtung sei unwirksam gewesen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass sie sich im Revisionsverfahren nicht mehr auf die Anfechtung der Befristungsvereinbarung beruft.
14b) Der Befristungskontrollantrag ist zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die angegriffene Befristung ist konkret bezeichnet. Eines besonderen Feststellungsinteresses für den Befristungskontrollantrag bedarf es nicht ( - Rn. 12 mwN).
152. Der Befristungskontrollantrag zu 1. ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in der vom datierenden Änderungsvereinbarung vereinbarten Befristung am geendet. Die Befristung ist wirksam. Sie ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig. Die Befristung ist auch nicht wegen einer nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretung unwirksam. Der Beklagten ist es nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Befristung des Arbeitsvertrags zu berufen.
16a) Die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum ist nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG wirksam. Die Klägerin hat mit der beim Arbeitsgericht am eingegangenen und der Beklagten am zugestellten Klage die Rechtsunwirksamkeit der Befristung rechtzeitig nach § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb der dort bestimmten dreiwöchigen Klagefrist geltend gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG ( - Rn. 9 mwN).
17b) Die Befristung des Arbeitsvertrags der Parteien zum ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG gerechtfertigt.
18aa) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung in § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt (vgl. - Rn. 21; - 7 AZR 272/13 - Rn. 45; - 7 AZR 603/06 - Rn. 7, BAGE 125, 248). Andernfalls handelt es sich um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, dessen Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig ist ( - Rn. 19).
19bb) Die zum vereinbarte Befristung erfüllt diese Voraussetzungen.
20(1) Die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG zulässige Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses von zwei Jahren ist nicht überschritten. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand vom bis zum .
21(2) Bei der vom datierenden Vereinbarung handelt es sich um die zweite Verlängerung des ursprünglich bis zum geschlossenen und anschließend bis zum verlängerten Arbeitsvertrags.
22(a) Die Anzahl der nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG zulässigen Vertragsverlängerungen ist nicht überschritten.
23(b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Parteien hätten in dem vom datierenden Änderungsvertrag keinen Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, sondern die Verlängerung des bestehenden befristeten Arbeitsvertrags vereinbart, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
24In der vom datierenden Vereinbarung wurde nur das zunächst in § 3 des Arbeitsvertrags vom niedergelegte und später durch den Vertrag vom geänderte Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses auf den neu festgelegt und damit lediglich die Vertragsdauer unter Beibehaltung der übrigen Vertragsbedingungen geändert. Der in die Vereinbarung aufgenommenen Formulierung, nach der „der Inhalt des § 3 des Dienstvertrages vom sowie der letzten Neufassung vom gegenstandslos ist und durch folgende Vereinbarung ersetzt wird“, kann nicht entnommen werden, dass die Parteien den gesamten bisherigen befristeten Vertrag aufgehoben und rückwirkend einen neuen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen haben. Vielmehr haben die Parteien nur § 3 des im Übrigen weiterhin fortbestehenden Arbeitsvertrags geändert und damit lediglich die auf das Hinausschieben des Beendigungsdatums beschränkte Abänderung des bisherigen Vertrags vorgenommen.
25(c) Die Änderungsvereinbarung wurde noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags, die am endete, schriftlich getroffen. Das Landesarbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme festgestellt, dass die mit dem Datum des versehene Befristungsvereinbarung vor dem von den Parteien unterzeichnet wurde.
26(aa) Diese nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene tatrichterliche Überzeugung ist nur beschränkt revisibel. Sie kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sich das Landesarbeitsgericht entsprechend den Vorgaben des Prozessrechts mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung vollständig und rechtlich möglich ist, nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. - Rn. 27; - 7 AZR 924/12 - Rn. 35) und die Revision zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben hat (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO; - Rn. 20, BAGE 125, 248).
27(bb) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts stand. Die Klägerin hat in Bezug auf das vom Landesarbeitsgericht festgestellte Zustandekommen der Befristungsvereinbarung vor dem keine Verfahrensrüge erhoben und auch sonst keine Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts aufgezeigt, sondern in ihrer Revisionsbegründung ausdrücklich ausgeführt, diese Feststellung sei im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbar.
28(3) Der Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung steht nicht entgegen, dass die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom mitgeteilt hatte, ihr Arbeitsverhältnis werde zum befristet. Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Parteien im Zusammenhang mit dem Schreiben der Beklagten vom keine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum vereinbart haben. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine vereinbarte Befristung zum der Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zum wegen der Verkürzung der Laufzeit des Vertrags entgegenstünde.
29Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es könne dahinstehen, ob das Schreiben der Beklagten vom als Angebot auf Abschluss eines auf den befristeten Verlängerungsvertrags anzusehen sei. Die Klägerin habe ein etwaiges Angebot der Beklagten jedenfalls nicht angenommen. Sie habe weder eine ausdrückliche Annahmeerklärung abgegeben noch habe sie durch Weiterarbeit ein etwaiges Angebot stillschweigend angenommen. Denn bis zum sei sie von der Vertragsänderung nicht unmittelbar betroffen gewesen, da das Arbeitsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Verlängerungsvertrags vom fortbestanden habe. Erst im Jahr 2013 wäre die Klägerin durch ein Verlängerungsangebot betroffen gewesen. Zu dieser Zeit sei jedoch bereits der vom datierende Verlängerungsvertrag unterzeichnet gewesen. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer nach einem Änderungsangebot des Arbeitgebers kann gemäß §§ 133, 157 BGB dann als konkludente Annahme der Vertragsänderung ausgelegt werden, wenn diese sich unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt, nicht hingegen, solange deren Folgen nicht hervortreten (vgl. - Rn. 15 mwN, BAGE 130, 21). Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend gewürdigt, dass angesichts der bis zum laufenden Befristung Letzteres der Fall war. Der Weiterarbeit der Klägerin über diesen Zeitpunkt hinaus konnte im Hinblick auf eine Annahme eines im Schreiben der Beklagten vom ggf. enthaltenen Vertragsangebots kein Erklärungswert zukommen, da die Parteien zu diesem Zeitpunkt bereits eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum vereinbart hatten und eine Annahme eines früheren Angebots durch die Klägerin nach § 147 Abs. 2 BGB verspätet gewesen wäre.
30c) Die Befristung ist nicht aus mitarbeitervertretungsrechtlichen Gründen unwirksam. Es kann dahinstehen, ob die Befristung des Arbeitsvertrags überhaupt der Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung unterliegt. Nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß beteiligt. Dies stellt die Klägerin mit der Revision nicht in Frage.
31d) Der Beklagten ist es nicht unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Befristung des Arbeitsvertrags zum zu berufen. Selbst wenn die Beklagte der Klägerin im Schreiben vom die Verlängerung des Arbeitsvertrags bis zum zugesagt hätte, wäre ihre Berufung auf die Wirksamkeit der später zum vereinbarten Befristung nicht treuwidrig. Nachdem eine Vereinbarung über die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum nicht zustande gekommen war, konnte die Beklagte in Ausübung ihrer Vertragsfreiheit entscheiden, die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nur bis zum anzubieten. Da die Klägerin dieses Angebot angenommen hat, konnte sie nicht darauf vertrauen, dass gleichwohl noch eine Befristung zum vereinbart werden würde. Sie musste vielmehr aufgrund der vereinbarten Befristung von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum ausgehen. Der Klägerin war es im Übrigen unbenommen, das Angebot der Beklagten auf Abschluss der Vertragsverlängerung bis zum abzulehnen und einen etwaigen Anspruch auf Abschluss eines zum befristeten Vertrags geltend zu machen. Die Beklagte hat die Klägerin weder durch aktives Tun noch durch pflichtwidriges Unterlassen veranlasst, von der Geltendmachung eines solchen Anspruchs abzusehen.
32II. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 2., mit dem die Klägerin geltend macht, das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund einer Befristung vom am geendet, zutreffend wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Die Parteien haben keine Befristung zum vereinbart. Die Beklagte hat sich auch nicht darauf berufen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer im Schreiben vom vereinbarten Befristung am geendet hat.
33III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:261016.U.7AZR535.14.0
Fundstelle(n):
NAAAG-40204