BGH Urteil v. - I ZR 117/15

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung der Richtlinie zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste: Betreiben eines audiovisuellen Mediendienstes - YouTube-Werbekanal

Leitsatz

YouTube-Werbekanal

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (ABl. Nr. L 95 vom ) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Betreibt derjenige, der bei dem Internetdienst YouTube einen Videokanal unterhält, von dem Internetnutzer kurze Werbevideos für Modelle neuer Personenkraftwagen abrufen können, einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU?

Gesetze: Art 1 Abs 1 Buchst a EURL 13/2010, Art 1 Abs 1 Buchst b EURL 13/2010, § 5 Abs 2 S 1 Halbs 2 Pkw-EnVKV, § 4 Nr 11 UWG, Art 267 AEUV

Instanzenzug: Az: I-6 U 177/14 Urteilvorgehend Az: 81 O 59/14nachgehend Az: C-132/17 Urteilnachgehend Az: I ZR 117/15 Urteil

Gründe

1A. Die Beklagte vertreibt in Deutschland Automobile unter der Marke P.   . Sie unterhält bei dem Internetdienst YouTube einen Videokanal, auf dem sie am ein etwa fünfzehn Sekunden langes Video mit dem Titel "P.   R.           " veröffentlichte. Unter dem Video befand sich folgender Text: "In 5,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h mit dem stärksten Serienmotor der P.   -Geschichte. Entdecke die R.        bei einem Vertragspartner in Deiner Nähe und lass Dich begeistern."

2Die in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG aufgenommene Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe auf ihrem YouTube-Kanal Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen CO2-Emissionen des P.   R.  machen müssen.

3Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für neue Personenkraftwagen P.   R.  , Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5,9 Sekunden zu werben, ohne die gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV) erforderlichen Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen des beworbenen Fahrzeugs zu machen, wenn dies geschieht wie am auf der Internetplattform "YouTube" in dem Videoclip "P.   R.           "

… (es folgen Einblendungen der You-Tube-Internetseite mit Standbildern aus dem Video sowie ein Drehbuch des Videos).

4Außerdem hat sie die Beklagte auf Erstattung von pauschalen Abmahnkosten in Höhe von 245 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen.

5Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren eine Unterwerfungserklärung abgegeben, die die Klägerin angenommen hat. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Köln, GRUR-RR 2016, 158 = WRP 2015, 1125).

6Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

7B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

8I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

9Die Klage sei zulässig und begründet. Der Antrag sei hinreichend bestimmt. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 Pkw-EnVKV. Nach § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 in Verbindung mit der Anlage 4 Abschnitt II Pkw-EnVKV seien Angaben des offiziellen Kraftstoffverbrauchs und der offiziellen CO2-Emissionen geschuldet. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 2 Pkw-EnVKV zugunsten audiovisueller Mediendienste nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste greife nicht ein.

10II. Im Streitfall stellt sich bei der Beurteilung des Unterlassungsantrags in entscheidungserheblicher Weise die durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht abschließend geklärte Frage, wie der Begriff des audiovisuellen Mediendienstes im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii der Richtlinie 2010/13/EU zu verstehen ist und ob ein YouTube-Kanal wie derjenige der Beklagten als ein solcher audiovisueller Mediendienst anzusehen ist.

111. Der Unterlassungsantrag ist zulässig.

12a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klageantrag sei jedenfalls mit der klarstellenden Einbeziehung des Drehbuchs des auf dem YouTube-Kanal der Beklagten abrufbaren Videos hinreichend bestimmt. Er nehme Bezug auf ein konkretisiertes Internetangebot, das mit einzelnen Abbildungen illustriert werde, auch wenn nicht der gesamte Ablauf der Videoaufzeichnung durch Screenshots abgebildet werde. Auf den Screenshots zu sehen seien diejenigen Angaben, die den Kern des Unterlassungsgebots beträfen, nämlich die Bezeichnung des konkret beworbenen Fabrikats sowie der unter dem Video angegebene Text zur Beschleunigungsleistung des Fahrzeugs. Die Hinzufügung des Drehbuchs des Werbevideos stelle eine Klarstellung und sinnvolle weitere Konkretisierung des Antrags dar. Es werde deutlich, dass es lediglich um das konkrete Angebot gehe, nicht jedoch um die Überblicksseiten oder den gesamten YouTube-Auftritt der Beklagten.

13b) Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass Streitgegenstand nach dem Antragswortlaut nicht das Werbevideo allein, sondern das Video mit dem darunter befindlichen Werbetext zur Beschleunigung des beworbenen Fahrzeugs ist. Durch die das Video kennzeichnenden, in den Klageantrag aufgenommenen Standbilder und das Drehbuch des Videos wird die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform hinreichend beschrieben.

142. Für den Erfolg der Revision kommt es darauf an, ob die Beklagte verpflichtet ist, bei der in Rede stehenden Werbung auf ihrem YouTube-Kanal für das Personenkraftwagenmodell P.   R.        den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen anzugeben. Die Revision macht geltend, die Beklagte sei von einer entsprechenden Verpflichtung befreit, weil sie einen audiovisuellen Mediendienst betreibe.

15a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei Vertreterin des Herstellers von Kraftfahrzeugen der Marke P.   in Deutschland. Sie habe auf ihrer YouTube-Plattform für das Fahrzeugmodell P.   R.        geworben. Sie sei deshalb nach § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage 4 Abschnitt II Pkw-EnVKV verpflichtet, Angaben über den offiziellen Kraftfahrstoffverbrauch und die offiziellen CO2-Emissionen zu machen. Die Beklagte könne sich nicht auf die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Pkw-EnVKV vorgesehene Ausnahme berufen, nach der Hörfunkdienste und audiovisuelle Mediendienste nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU von dieser Verpflichtung befreit seien. Die produktbezogenen Informationspflichten gälten auch für Angebote auf elektronischen Videoportalen, die vornehmlich der Absatzförderung dienten. Der Werbespot und der YouTube-Kanal der Beklagten stellten keine audiovisuellen Medienangebote dar. Sie dienten vornehmlich der Werbung und nicht der Meinungsbildung. Die im deutschen Recht getroffene Ausnahmeregelung berücksichtige den Umstand, dass meinungsbildende Mediendienste einer anders ausgerichteten Regulierung unterlägen als Wirtschaftswerbung. Diesem Zweck trage § 5 Abs. 2 Pkw-EnVKV Rechnung, wenn er werbetypische Informationspflichten nur denjenigen auferlege, die Werbung für ihre Waren und Dienstleistungen betrieben, nicht jedoch denjenigen Diensten, die vornehmlich der Meinungsbildung dienten und dabei zur Finanzierung ihrer Angebote auch Werbung in ihre Programme integrierten.

16b) Die deutschen Regelungen in der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen dienen der Umsetzung der Richtlinie 1999/94/EG über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen. Diese Rechtsverordnung wurde auf Grund von § 1 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 und 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zur Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet der Energieeinsparung bei Geräten und Kraftfahrzeugen (Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz - EnVKG) vom (BGBl. I, S. 570) erlassen. Die den Herstellern und Händlern in § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV auferlegte Verpflichtung sicherzustellen, dass die von ihnen verwendeten Werbeanzeigen Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 enthalten, ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF und § 3a UWG nF (, GRUR 2015, 1017 Rn. 13 = WRP 2015, 1087 - Neue Personenkraftwagen II). Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen.

17c) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die beanstandete Werbung der Beklagten geeignet ist, die durch die § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV geschützten Interessen von Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3a UWG).

18d) Nach § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV haben Hersteller und Händler, die Werbeschriften verwenden, sicherzustellen, dass dort Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 dieser Verordnung gemacht werden. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 Pkw-EnVKV gilt dies entsprechend für in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial und Werbung durch elektronische, magnetische oder optische Speichermedien. Durch diese Vorschriften wird Art. 6 der Richtlinie 1999/94/EG umgesetzt. Nach diesen Regelungen ist die Beklagte verpflichtet, Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen zu machen, die die Beklagte nicht bereitgestellt hat.

19aa) Die Beklagte ist die bevollmächtigte Vertreterin des Herstellers von Kraftfahrzeugen der Marke P.   in Deutschland und gilt deshalb gemäß § 2 Nr. 2 Pkw-EnVKV als Herstellerin im Sinne von § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV.

20bb) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem YouTube-Kanal der Beklagten um Werbematerial im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 Pkw-EnVKV handelt. Nach § 2 Nr. 11 Pkw-EnVKV ist Werbematerial jede Form von Informationen, die für die Vermarktung und Werbung für Verkauf und Leasing neuer Personenkraftwagen in der Öffentlichkeit verwendet werden; dies umfasst auch Texte und Bilder auf Internetseiten. Ersichtlich werden Texte und Bilder auf Internetseiten lediglich beispielhaft genannt, so dass der Begriff des Werbematerials auch im Internet abrufbare Videos umfasst.

21cc) Es steht zwischen den Parteien nicht in Streit, dass sich diese Werbung auf neue Personenkraftwagen der Marke P.   bezieht und das konkrete Modell R.        betrifft. Damit lagen, soweit nicht die Ausnahme nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Pkw-EnVKV eingreift, die Voraussetzungen vor, unter denen der offizielle Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emmissionen in dem Internetauftritt der Beklagten anzugeben sind.

22e) Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Pkw-EnVKV sind Hörfunkdienste und audiovisuelle Mediendienste im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU von der Pflicht ausgenommen, den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen anzugeben. Im Revisionsverfahren stellt sich die entscheidungserhebliche und durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bisher nicht geklärte Frage, ob ein Videokanal wie derjenige, der von der Beklagten bei dem Internetdienst "YouTube" betrieben wird, ein audiovisueller Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU ist (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar vom - C-347/14, juris Rn. 39 - New Media Online GmbH).

23aa) Eine Regelung wie in § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Pkw-EnVKV ist zwar in der Richtlinie 1999/94/EG nicht ausdrücklich vorgesehen. Sie steht jedoch mit ihr im Einklang, weil sie auf einer in der Richtlinie vorgesehenen Empfehlung der Europäischen Kommission beruht.

24(1) Die Regelungen in Art. 3 und Art. 5 der Richtlinie 1999/94/EG enthalten Vorgaben für am Verkaufsort bereitzuhaltende Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen für neue Personenkraftwagenmodelle. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 1999/94/EG stellen die Mitgliedstaaten außerdem sicher, dass alle Werbeschriften die offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionswerte der betreffenden Personenkraftwagenmodelle gemäß Anhang IV enthalten. Die Mitgliedstaaten tragen nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/94/EG gegebenenfalls dafür Sorge, dass anderes Werbematerial als die obengenannten Werbeschriften eine Angabe der offiziellen CO2-Emissionswerte und der offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte des betreffenden Personenkraftwagenmodells beinhaltet.

25(2) Die Richtlinie 1999/94/EG macht damit allein Vorgaben für die Werbung für neue Personenkraftwagenmodelle in Werbeschriften und anderem Werbematerial. Bei Werbeschriften handelt es sich nach Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie um Druckschriften, die für den Vertrieb von Fahrzeugen und zur Werbung in der Öffentlichkeit verwendet werden. Eine ausdrückliche Regelung, nach der Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen bei der Werbung für neue Personenkraftwagen im Fernsehen, Hörfunk oder Internet sowie auf elektronischen Speichermedien zu machen sind, enthält die Richtlinie 1999/94/EG nicht.

26(3) Soweit Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/94/EG anordnet, dass anderes Werbematerial, das beim Inverkehrbringen neuer Personenkraftwagen genutzt wird, die erforderlichen Angaben enthalten soll, hat die Kommission aufgrund der Regelung in Art. 9 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 1999/94/EG mit Empfehlung vom über die Anwendung der in der Richtlinie 1999/94/EG enthaltenen Bestimmungen über Werbeschriften auf andere Medien (ABl. L 82 vom , S. 33) eine Erstreckung der Verpflichtung, Angaben über den spezifischen Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen zu machen, auf elektronisch verbreitetes Werbematerial und auf Werbung in elektronischen, magnetischen und optischen Speichermedien empfohlen (Nr. 2 Abs. 2 der Kommissionsempfehlung). Diese Empfehlung gilt nach ihrer Nr. 4 nicht für Hörfunkdienste und Fernsehdienste gemäß Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298 vom , S. 23), die nach mehreren Änderungen durch die Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (ABl. L 95 vom , S. 1) ersetzt worden ist. Auf Grundlage dieser Empfehlung hat der deutsche Verordnungsgeber in § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Pkw-EnVKV angeordnet, dass Werbung für neue Personenkraftwagen in Hörfunkdiensten und audiovisuellen Mediendiensten vom Regelungsbereich der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung ausgenommen ist (BR-Drs. 143/04, S. 22; vgl. Wüstenberg, WRP 2014, 533, 535 f.).

27bb) Der Senat geht davon aus, dass das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, dass das von der Klägerin beanstandete Video und der von der Beklagten betriebene YouTube-Kanal keinen audiovisuellen Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i der Richtlinie 2010/13/EU darstellt.

28(1) Nach dieser Regelung ist ein audiovisueller Mediendienst eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 AEUV, für die ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/21/EG ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich entweder um Fernsehprogramme oder um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. e und g der Richtlinie 2010/13/EU näher definiert werden. Eine Sendung ist nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2010/13/EU eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die Einzelbestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist und deren Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar sind. Beispiele für Sendungen sind unter anderem Spielfilme, Sportberichte, Fernsehkomödien, Dokumentarfilme, Kindersendungen und Originalfernsehspiele.

29(2) Der Begriff der audiovisuellen Mediendienste soll nach Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2010/13/EU solche Dienste ausschließen, bei denen audiovisuelle Inhalte lediglich eine Nebenerscheinung darstellen und nicht Hauptzweck der Dienste sind. Hauptzweck des YouTube-Kanals der Beklagten ist die Bereitstellung von Videos der in Rede stehenden Art. Eine Sendung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2010/13/EU und damit ein audiovisueller Mediendienst sind im vorliegenden Fall nicht deshalb ausgeschlossen, weil die audiovisuellen Inhalte nur eine Nebenerscheinung des Videos der Beklagten sind.

30(3) Der Umstand, dass das von der Beklagten auf ihrem YouTube-Kanal zum Abruf bereitgestellte Video eine Dauer von lediglich 15 Sekunden hat, steht seiner Qualifikation als Sendung im Sinne der Richtlinie nicht entgegen. Der Begriff der Sendung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2010/13 enthält keine Anforderung hinsichtlich der Dauer der betreffenden Abfolge von Bildern (, GRUR 2016, 101 Rn. 20 - New Media Online GmbH). Er erfasst deshalb auch die Bereitstellung kurzer Videos, die kurzen Sequenzen aus lokalen Nachrichten, Sport oder Unterhaltung entsprechen, in einer Subdomain der Website einer Zeitung (EuGH, GRUR 2016, 101 Rn. 24 - New Media Online GmbH).

31(4) Dass der Internetnutzer auf das in Rede stehende Video zu dem von ihm gewählten Zeitpunkt und auf seinen individuellen Abruf hin zugreifen kann, hindert seine Qualifikation als Sendung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2010/13 nicht. Diese Möglichkeit ist in der Definition des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf in Art. 1 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2010/13 ausdrücklich vorgesehen (EuGH, GRUR 2016, 101 Rn. 21 - New Media Online GmbH).

32(5) Der Hauptzweck des YouTube-Kanals der Beklagten besteht allerdings nicht in der Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze. Er genügt aus diesen Gründen nicht den Anforderungen, die Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i der Richtlinie 2010/13/EU an einen audiovisuellen Mediendienst stellt.

33cc) Es kommt nach Auffassung des Senats in Betracht, dass die Beklagte einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii der Richtlinie 2010/13/EU betreibt.

34(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, weder der Werbespot der Beklagten auf ihrem YouTube-Kanal noch der YouTube-Kanal selbst seien als audiovisueller Mediendienst anzusehen, weil sowohl der Werbespot als auch der YouTube-Kanal der Beklagten vornehmlich der Werbung und nicht der Meinungsbildung diene (so auch , juris Rn. 3; LG Wuppertal, NJW 2015, 1256, 1257). Der Senat hat Zweifel, ob mit dieser Begründung angenommen werden kann, der YouTube-Kanal der Beklagten sei nicht als audiovisueller Mediendienst anzusehen. Die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation dient der Absatzförderung. Gleichwohl sieht Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii der Richtlinie 2010/13/EU sie als audiovisuellen Mediendienst an. Die Bestimmungen der Richtlinie 2010/13/EU gelten zudem nach ihrem Art. 25 entsprechend für reine Werbe- und Teleshopping-Fernsehkanäle sowie für Fernsehkanäle, die ausschließlich der Eigenwerbung dienen.

35(2) Der Begriff der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation wird in Art. 1 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2010/13/EU dahingehend definiert, dass es sich dabei um Bilder mit oder ohne Ton handelt, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dienen. Diese Bilder sind einer Sendung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten. Zur audiovisuellen kommerziellen Kommunikation zählen unter anderem Fernsehwerbung, Sponsoring, Teleshopping und Produktplatzierung.

36(3) Bei dem YouTube-Kanal der Beklagten und dem dort abrufbaren beanstandeten Video handelt es sich nach Auffassung des Senats zwar weder um Fernsehwerbung, Sponsoring, Teleshopping oder Produktplatzierung. Diese Formen der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation sind nach dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2010/13/EU jedoch nur Beispiele für audiovisuelle kommerzielle Kommunikation. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, das in Rede stehende Werbevideo und einen YouTube-Kanal wie denjenigen der Beklagten, der ausschließlich der Absatzförderung von Produkten der Marke P.   dient, als audiovisuelle kommerzielle Kommunikation im Sinne der Richtlinie 2010/13/EU anzusehen, wenn es sich dabei um der Fernsehwerbung, dem Sponsoring, dem Teleshopping oder der Produktplatzierung vergleichbare Werbung handelt (Holznagel in Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, 43. EL 2016, Teil 3, Rn. 38).

37(4) Es stellt sich deshalb die Frage, ob das von der Klägerin beanstandete Video der Beklagten Teil einer Sendung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2010/13/EU ist, die mit Fernsehprogrammen vergleichbar ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verlangt Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2010/13 die Vergleichbarkeit von Videosequenzen mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen, nicht aber die Vergleichbarkeit einer kompletten Kurzvideosammlung mit einem von einem Fernsehveranstalter erstellten kompletten Sendeplan oder Katalog (EuGH, GRUR 2016, 101 Rn. 19 - New Media Online GmbH). Aus diesem Grund ist zu erwägen, den YouTube-Kanal der Beklagten als einem ausschließlich der Eigenwerbung dienenden Fernsehkanal ähnlich anzusehen. Dann könnte er als audiovisueller Mediendienst im Sinne der Richtlinie 2010/13/EU aufzufassen sein.

38(5) Für eine abweichende Beurteilung könnte allerdings sprechen, dass Art. 1 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2010/13/EU als audiovisuelle kommerzielle Kommunikation ausschließlich solche Bilder erfasst, die einer Sendung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten sind. Im Streitfall handelt es sich um eine Videosequenz zur Produktwerbung, die auf einem allein der Eigenwerbung dienenden YouTube-Kanal bereitgestellt wird. Die Videosequenz ist damit keiner Sendung als Eigenwerbung beigefügt. Art. 25 der Richtlinie 2010/13/EU ordnet eine entsprechende Geltung der Richtlinie zwar für Fernsehkanäle an, die ausschließlich der Eigenwerbung dienen. Ein YouTube-Kanal ist aber kein Fernsehkanal. Es erscheint zweifelhaft, ob er einem solchen für die Zwecke der Richtlinie gleichzustellen ist.

393. Die Frage ist für die Entscheidung über den Unterlassungsantrag entscheidungserheblich. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Wiederholungsgefahr nicht entfallen, weil die Beklagte im Berufungsverfahren eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat.

40a) Eine Unterlassungserklärung muss, um die durch eine Verletzungshandlung begründete Gefahr der Wiederholung entsprechender Wettbewerbsverstöße auszuräumen, eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Schuldners erkennen lassen, die betreffende Handlung nicht mehr zu begehen, und daher durch ein angemessenes Vertragsstrafeversprechen abgesichert sein. Sie muss außerdem den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang voll abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne die Angabe eines Endtermins erfolgen (st. Rspr.; vgl. , GRUR 2016, 395 Rn. 34 = WRP 2016, 454 - Smartphonewerbung). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt, ist derjenige der Abgabe der Erklärung (BGH, GRUR 2016, 395 Rn. 34 - Smartphonewerbung).

41b) Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung entspricht diesen Erfordernissen nicht.

42aa) Es kommt allerdings nicht darauf an, dass die Klägerin die Unterwerfungserklärung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren angenommen hat. Die Wiederholungsgefahr entfällt bereits mit Abgabe des Angebots in Form der Unterwerfungserklärung (, GRUR 2006, 878 Rn. 20 = WRP 2006, 1139 - Vertragsstrafevereinbarung). Da die Beklagte die Unterwerfungserklärung im Berufungsverfahren schriftsätzlich abgegeben und in der Berufungsverhandlung konkretisiert hat, hätte sie das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigen und die auf Unterlassung gerichtete Klage abweisen müssen, wenn die Unterlassungserklärung geeignet gewesen wäre, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

43bb) Die Unterlassungserklärung, die inhaltlich nicht vollständig mit dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch übereinstimmt, lässt jedoch nicht den ernstlichen Willen der Beklagten erkennen, die mit dem Klageantrag beanstandete Handlung nicht mehr zu begehen. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren erklärt, die Unterlassungserklärung betreffe einen bisher nicht streitgegenständlichen Sachverhalt und sei nur vorsorglich abgegeben worden, um einen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden. Bei einer solchen Sachlage kann von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr im Hinblick auf den streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch nicht ausgegangen werden.

444. Die Vorlagefrage ist unabhängig von der Wirkung der abgegebenen Unterlassungserklärung für den Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten entscheidungserheblich, weil der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz pauschaler Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 nur zusteht, wenn zum Zeitpunkt der Abmahnung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestand.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:120117BIZR117.15.0

Fundstelle(n):
DAAAG-39637