Gründe
Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Bundesamt für Finanzen —BfF—) Auskunft über die bei ihm gemäß § 45d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes vom —EStG a.F.— (BGBl I, 821) gesammelten Daten —hier über die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bei Banken und Sparkassen gestellten Freistellungsaufträge— und darüber zu erteilen hat, ob das BfF Mitteilung erhält, wenn der Freistellungsauftrag bei der Bank widerrufen wird. Das Finanzgericht (FG) hat einen solchen Anspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde wird im Wesentlichen auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel gestützt.
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss erwarten lassen, dass eine Entscheidung im angestrebten Revisionsverfahren geeignet ist, im Hinblick auf weitere Streitfälle Rechtsklarheit zu schaffen, zur Wahrung der Rechtseinheit beizutragen oder die Rechtsfortbildung zu fördern. Es muss also über den vorgelegten konkreten Fall hinaus ein Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt sein (vgl. , BFHE 148, 530, 532, BStBl II 1987, 339; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 7, m.w.N.).
Der Senat lässt offen, ob der Kläger diese Voraussetzungen ausreichend dargelegt hat. Der Kläger hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob das BfF Auskunft über die bei ihm gemäß § 45d EStG a.F. gesammelten Daten über die erteilten Freistellungsaufträge zu geben hat. Im Zusammenhang damit müsse geklärt werden, ob das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vollständig hinter dem Informationsgewinn- und Missbrauchskontrollinteresse des Staates zurücktreten müsse. Von grundsätzlicher Bedeutung sei auch, ob im Zusammenhang mit § 45d EStG a.F. der § 19 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) grundsätzlich anwendbar sei und ob bei dieser konkreten Konstellation prinzipiell von einer Missbrauchsgefahr auszugehen sei, so dass die Interessen des Betroffenen gemäß § 19 Abs. 4 BDSG zurücktreten müssen.
Handelt es sich wie im Streitfall, bei der Rechtsfrage, ob das BfF dem Steuerbürger Auskunft über die aufgrund des § 45d EStG a.F. von den Banken und Sparkassen mitgeteilten Freistellungsaufträge zur Freistellung von der Zinsabschlagsteuer auf Kapitalerträge und deren Widerruf zu erteilen hat, um die Abfrage von Daten, die dem BfF nach der Änderung des § 45d EStG a.F. durch das Jahressteuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 402) nicht mehr zur Verfügung stehen bzw. ihm nicht mehr mitgeteilt werden, so führt dies in der Regel schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, weil es sich bei dieser Fragestellung um ein Problem ausgelaufenen Rechts handelt. Nach § 45d Abs. 1 Nr. 3 EStG n.F. erhält das BfF ab dem Veranlagungszeitraum 1999 nicht mehr die Mitteilung über die Höhe der Freistellungsaufträge, sondern über die Beträge, für die aufgrund von Freistellungsaufträgen vom Steuerabzug Abstand genommen wurde, d.h. über die Höhe der Zinseinnahmen, die nicht mit dem Zinsabschlag belastet worden sind. Durch die Änderung des § 45d Abs. 2 EStG n.F. ist die Verwendungsmöglichkeit der Mitteilungen gegenüber der früheren Regelung, die lediglich auf die Überprüfung der rechtmäßigen Inanspruchnahme des Sparerfreibetrages und des Pauschbetrages für Werbungskosten gerichtet war, erweitert worden. Die neue Regelung ermöglicht eine allgemeine Kontrolle der Besteuerung freigestellter Kapitaleinkünfte durch die Mitteilung des BfF an die zuständigen Finanzämter.
Schon daraus folgt, dass das angefochtene Urteil des FG, das zu dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Auskunftserteilung über die gespeicherten Daten der erteilten Freistellungsaufträge auf der Grundlage des alten Rechts ergangen ist, nicht ohne weiteres auf das neue Recht und damit auf die Frage, ob das BfF verpflichtet ist, die ihm nunmehr zugänglich gemachten Daten dem Steuerbürger auf Verlangen mitzuteilen, übertragen werden kann. Maßgeblich dafür, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist, ist der Zeitpunkt zu dem der BFH über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet. Es ist nicht ersichtlich, dass die Befassung der Revision mit einer Verpflichtung des BfF zur Auskunftserteilung über die nach § 45d EStG a.F. gespeicherten Daten auf der Grundlage der §§ 1 und 19 BDSG und dem Verhältnis dieser Vorschriften zueinander im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung von Verwaltung und Gerichten in einer erheblichen Anzahl von Fällen jetzt noch geboten ist. Die Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr (vgl. Senatsbeschluss vom VII B 154/93, BFH/NV 1994, 835). Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass das BfF in der Beschwerdeerwiderung mitgeteilt hat, die Auffassung, dass § 45d EStG ein Auskunftsrecht des Betroffenen ausschließe, werde nicht mehr vertreten. Es werde nunmehr ein Auskunftsanspruch grundsätzlich anerkannt, über den das BfF nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden habe.
2. Soweit die Beschwerde den Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, entsprechen die Ausführungen zur Darlegung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Der verfahrensrechtliche Grundsatz des Rechts der Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verbietet dem Gericht den Erlass von ”Überraschungsentscheidungen”. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 278 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung darf das Gericht seine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt, den ein Beteiligter übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es ihm Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat (, BFH/NV 1993, 258, m.w.N.). Die schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erfordert aber, dass der Beschwerdeführer im Einzelnen darlegt, wozu er sich nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte. Außerdem muss in der Beschwerde dargelegt werden, in welcher Beziehung bei Berücksichtigung des ihm versagten Vortrages das angegriffene Urteil hätte anders ausfallen können (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 14, m.w.N.).
Soweit der Kläger sich auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs beruft, weil mit ihm in der mündlichen Verhandlung die Äußerung des BfF, dass das Raster (der Mitteilungen von Freistellungsaufträgen) durch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung ausgetestet werden könne und dass das Gericht diese Äußerung in dem Sinne verstanden habe, dass eine Auskunftserteilung auch die Mitteilung von Ergebnissen des ”Ähnlichkeitsrasters” bedeuten würde, nicht erörtert wurde, genügt die Beschwerde den Darlegungsanforderungen nicht. Zur Bezeichnung des Verfahrensmangels hätte die substantiierte Darlegung gehört, was bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre und warum der sachkundig vertretene Kläger nicht von sich aus zu der Äußerung des BfF, es könne zu Manipulationen kommen, weil das Raster ausgetestet werden könne, in der mündlichen Verhandlung Stellung genommen hat (vgl. BFH-Entscheidungen vom I B 60/98, BFH/NV 1999, 791, und vom VII R 101/79, BFHE 135, 167, BStBl II 1982, 355). Auch der Vortrag des Klägers, ihm selbst sei es nur um Informationen zu seiner Person gegangen und nicht um das Austesten des sog. Ähnlichkeitsrasters, so dass es an einer tragfähigen Begründung für die vom FG angenommene Gefahr des Missbrauchs des Auskunftsrechts fehle, genügt den Anforderungen an die Darlegung, dass das angefochtene Urteil ohne den Verfahrensverstoß anders hätte ausfallen können, nicht. Das FG hat nicht geurteilt, dass der Kläger persönlich mit seinem Auskunftsbegehren das Ähnlichkeitsraster habe austesten wollen, sondern allgemein festgestellt, dass das durch § 45d EStG a.F. sichergestellte Kontrollsystem durch die konkrete Gefahr von Manipulationen aufgrund der technisch bedingten Mitteilung auch der Ergebnisse des Ähnlichkeitsrasters gefährdet sei. Die Beschwerde trägt nicht vor, was der Kläger bei Gehörsgewährung zu dieser vom BfF geäußerten allgemein gesehenen Missbrauchsgefahr hätte vortragen wollen und inwiefern das Urteil im Hinblick auf die vom FG vorgenommene Wertung, es bestünde eine generelle Missbrauchsgefahr, aufgrund der weiteren Ausführungen des Klägers hätte anders ausfallen können.
Sofern der Kläger meint, das Gericht habe das rechtliche Gehör und seine Sachaufklärungspflicht (§§ 76, 96 Abs. 2 FGO) dadurch verletzt, dass es dem Kläger nicht zur Auflage gemacht habe, die Erzielung von Kapitaleinkünften darzulegen, ist eine zulässige Verfahrensrüge ebenfalls nicht erhoben. Der Kläger trägt auch in der Beschwerde nicht vor, ob und in welchem Umfang er Kapitaleinkünfte im fraglichen Zeitpunkt erzielt hat. Danach fehlt es auch in diesem Punkt an der Darlegung, dass und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil hätte anders ausfallen können.
Im Übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1335 Nr. 11
VAAAA-65997