BAG Urteil v. - 7 AZR 135/15

Befristung - institutioneller Rechtsmissbrauch

Leitsatz

1. Besteht ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 TzBfG, ist eine umfassende Kontrolle nach den Grundsätzen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) idR geboten, wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses acht Jahre überschreitet oder mehr als zwölf Verlängerungen des befristeten Arbeitsvertrags vereinbart wurden oder wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses sechs Jahre überschreitet und mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden. Unter diesen Voraussetzungen hängt es von weiteren, zunächst vom Kläger vorzutragenden Umständen ab, ob ein Missbrauch der Befristungsmöglichkeit anzunehmen ist.

2. Von einem indizierten Rechtsmissbrauch ist idR auszugehen, wenn die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zehn Jahre überschreitet oder mehr als 15 Vertragsverlängerungen vereinbart wurden oder wenn mehr als zwölf Vertragsverlängerungen bei einer Gesamtdauer von mehr als acht Jahren vorliegen. In einem solchen Fall hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

Gesetze: § 14 Abs 1 S 2 Nr 3 TzBfG, § 242 BGB, Anh Rahmenvereinbarung § 5 Nr 1 Buchst a EGRL 70/99

Instanzenzug: Az: 4 Ca 2979/13 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 9 Sa 486/14 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

2Der Kläger studierte an der Sporthochschule K bis zum Vordiplom. Er ist Diplom-Trainer (Trainer-Akademie) und war in der Zeit von 1988 bis 2007 als Trainer von verschiedenen Volleyball-Mannschaften bzw. Beach-Volleyball-Teams im Amateur- und Profibereich tätig. Über eine Lehramtsbefähigung verfügt er nicht. In der Zeit vom bis zum wurde der Kläger am städtischen Gymnasium in R als Vertretungslehrer im Fach Sport beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegen die folgenden befristeten Arbeitsverträge zugrunde:

3Die Lehrerin W, die während der Dauer des letzten befristeten Arbeitsvertrags des Klägers wegen Inanspruchnahme von Elternzeit abwesend war, unterrichtete die Fächer Englisch und Geschichte.

4Mit der am beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der im Arbeitsvertrag vom vereinbarten Befristung zum gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, der Sachgrund der Vertretung liege nicht vor. Außerdem könne sich das beklagte Land aufgrund der gesamten Dauer der Vertragslaufzeit und der hohen Zahl befristeter Arbeitsverträge nicht auf den Sachgrund der Vertretung berufen. Es sei von einem institutionellen Rechtsmissbrauch auszugehen. Dafür sprächen auch die weiteren Umstände. Die Stundenzahl habe während des gesamten Arbeitsverhältnisses nicht wesentlich geschwankt. Die Befristungsdauer sei bei einem erheblichen Teil der Arbeitsverträge zeitlich deutlich hinter der zu erwartenden Dauer des Vertretungsbedarfs zurückgeblieben. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, bei Elternzeit von Lehrkräften Vertretungsverträge abzuschließen, deren Dauer nicht dem zu erwartenden Vertretungsbedarf entsprächen, sondern die stattdessen zum Schulhalbjahr endeten. Die Schülerzahlen für das Schuljahr stünden zu Beginn des ersten Halbjahrs fest und änderten sich danach nicht wesentlich. Nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Jahren und knapp vier Monaten könne das beklagte Land dem Rechtsmissbrauchseinwand nicht mehr mit der fehlenden Lehramtsbefähigung begegnen.

5Der Kläger hat beantragt

6Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die zuletzt vereinbarte Befristung sei durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Die Grundsätze des institutionellen Rechtsmissbrauchs stünden der Wirksamkeit der Befristung nicht entgegen. Die Gesamtlaufzeit der befristeten Arbeitsverträge bewege sich mit sechs Jahren und knapp vier Monaten nicht in dem Bereich, der Anlass für eine Rechtsmissbrauchskontrolle biete. Auch die Anzahl der mit dem Kläger getroffenen Befristungsabreden lasse die Befristung nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass für die Beurteilung des institutionellen Rechtsmissbrauchs von insgesamt 16 und nicht von 20 befristeten Arbeitsverträgen auszugehen sei. Außer Betracht bleiben müsse der Arbeitsvertrag vom bis zum . In dieser Zeit habe dem Kläger lediglich die Vergütung für die Sommerferien gezahlt werden sollen. Auch die Arbeitsverträge vom 28. Februar/ zur Vertretung der Lehrerinnen H und J sowie der Arbeitsvertrag vom 30. August/ zur Vertretung der Lehrerin D seien nicht zu berücksichtigen, weil sie vereinbarungsgemäß lediglich der Aufstockung des Stundenvolumens des Klägers gedient hätten. Gleiches gelte für den Vertrag vom 23./ zur Vertretung der Lehrerin D.

7Zumindest sei eine nach der Gesamtdauer und der Anzahl der befristeten Arbeitsverträge möglicherweise zu vermutende missbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeit bei einer Würdigung der gesamten Umstände widerlegt. Dabei seien Besonderheiten der Unterrichtsplanung an Schulen zu berücksichtigen. Der wechselnde Vertretungsbedarf unter Berücksichtigung schwankender Schülerzahlen, die Einstellung neuer Lehrkräfte, der selbständige Unterricht von Referendaren sowie ein „Epochal“-Unterricht ließen nur eine auf das Schulhalbjahr bezogene Prognose zu. Außerdem bestehe ein berechtigtes Interesse der Schulverwaltung, nur solche Lehrkräfte unbefristet einzustellen, die über eine Lehramtsbefähigung verfügen und zwei Fächer unterrichten können. Eine unbefristete Einstellung des Klägers, der die Voraussetzungen zur Erteilung von Unterricht an Gymnasien nicht aufweise, die sonstigen Einstellungsvoraussetzungen nicht erfülle und zudem nur das Fach Sport unterrichten könne, sei nicht in Betracht gekommen.

8Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land den Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

9Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der im Arbeitsvertrag vom vereinbarten Befristung am geendet.

10I. Der Sachantrag ist ausschließlich als Befristungskontrollantrag nach § 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen. Dafür bedarf es keines besonderen Feststellungsinteresses ( - Rn. 18; - 7 AZR 6/11 - Rn. 9). Der letzte Halbsatz des Klageantrags, mit dem festgestellt werden soll, dass das Arbeitsverhältnis „als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den hinaus fortbesteht“, hat keine eigenständige Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Feststellungklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, die ein besonderes Feststellungsinteresse voraussetzte. Daran fehlte es, da keine weiteren Beendigungstatbestände im Streit sind. Der Kläger verfolgt daher mit dem letzten Halbsatz des Klageantrags kein von der Befristungskontrolle getrenntes Klagebegehren, sondern bezeichnet lediglich die Rechtsfolge, die sich bei einer unwirksamen Befristung seines Arbeitsverhältnisses ergibt.

11II. Der Befristungskontrollantrag ist nicht begründet. Die im Arbeitsvertrag vom vereinbarte Befristung zum ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Das beklagte Land ist auch nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) gehindert, sich auf den Sachgrund der Vertretung zu berufen.

121. Die Befristung zum gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem beklagten Land am zugestellten Klage hat der Kläger die Frist des § 17 Satz 1 TzBfG für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung gewahrt. Die Klage kann schon vor dem Ablauf der vereinbarten Frist erhoben werden ( - Rn. 24; - 7 AZR 375/10 - Rn. 8, BAGE 139, 213; - 7 AZR 402/03 - zu I der Gründe, BAGE 110, 38).

132. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die im Arbeitsvertrag vom vereinbarte Befristung durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG iVm. § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt ist.

14a) Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert ( - Rn. 16; vgl. zur Vorgängerregelung in § 21 BErzGG:  - Rn. 27; - 7 AZR 194/09 - Rn. 13). Danach besteht ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, ua. dann, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit oder einer auf Tarifvertrag oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes eingestellt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis (st. Rspr., vgl. etwa  - Rn. 17; - 7 AZR 113/13 - Rn. 15; - 7 AZR 661/11 - Rn. 13, BAGE 144, 193).

15Der Sachgrund der Vertretung setzt einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft voraus. Es muss sichergestellt sein, dass die Vertretungskraft gerade wegen des durch den zeitweiligen Ausfall des zu vertretenden Mitarbeiters entstandenen vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs eingestellt worden ist. Es ist deshalb aufgrund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung ( - Rn. 19; - 7 AZR 113/13 - Rn. 17; - 7 AZR 96/12 - Rn. 21; - 7 AZR 462/11 - Rn. 16; - 7 AZR 397/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 136, 17; - 7 AZR 402/03 - zu III 2 der Gründe, BAGE 110, 38). Der Kausalzusammenhang besteht nicht nur, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt (unmittelbare Vertretung). Der Kausalzusammenhang kann auch gegeben sein, wenn der Vertreter nicht unmittelbar die Aufgaben des vertretenen Mitarbeiters übernimmt. Die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Mitarbeiters nicht von dem Vertreter, sondern von einem anderen Arbeitnehmer oder von mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung) und deren Tätigkeit dem Vertreter übertragen, hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen ( - Rn. 20; - 7 AZR 113/13 - Rn. 19 mwN).

16b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beruht die im Arbeitsvertrag vom vereinbarte Befristung auf der mittelbaren Vertretung der Lehrerin W, die sich während der Dauer dieses Arbeitsvertrags in Elternzeit befand. Das Landesarbeitsgericht hat im Einzelnen festgestellt, wie die Unterrichtsstunden von Frau W umverteilt wurden, so dass der Kläger den von ihm zu leistenden Unterricht im Fach Sport erteilen konnte.

17aa) Danach ergibt sich der Vertretungsbedarf für sieben Stunden Sportunterricht durch die mittelbare Vertretung der Lehrerin W im Fach Englisch. Im Fall ihrer Anwesenheit hätte Frau W in diesem Fach vier Stunden in der Klasse 6c und drei Stunden in der Klasse 9c unterrichten können. Während ihrer Abwesenheit wurde der Englischunterricht von der Lehrerin F (Fächer Englisch und Biologie) übernommen, deren Unterricht im Fach Biologie in der Jahrgangsstufe 11 und der Klasse 9e wiederum von dem Lehrer Sa (Fächer Biologie und Sport) wahrgenommen wurde. Dadurch konnte der Kläger den Sportunterricht von Herrn Sa mit jeweils drei Stunden in der Jahrgangsstufe 11 sowie mit jeweils zwei Stunden in den Klassen 7b und 9a übernehmen.

18bb) Der Vertretungsbedarf für weitere 18 Stunden Sportunterricht ergibt sich durch die mittelbare Vertretung der Lehrerin W im Fach Geschichte.

19(1) Frau W hätte im Fall ihrer Anwesenheit das Fach Geschichte im Umfang von drei Stunden in der Jahrgangsstufe 11 sowie im Umfang von jeweils zwei Stunden in den Klassen 6c, 6d und 9a unterrichten können. Dieses Unterrichtsdeputat übernahm der Lehrer M (Fächer Geschichte und Latein). Für Herrn M unterrichtete Frau J (Fächer Latein und evangelische Religion) jeweils drei Stunden Latein in den Jahrgangsstufen 10, 11 und der Klasse 8a. Den evangelischen Religionsunterricht von Frau J übernahm Frau Wi mit jeweils zwei Stunden in den Klassen 5a und 9a sowie mit drei Stunden in der Jahrgangsstufe 12. Im Umfang von zwei Stunden erteilte den evangelischen Religionsunterricht von Frau J der Lehrer L (Fächer Deutsch und evangelische Religion) in der Klasse 6a. Frau Wi wurde dafür von der Lehrerin Sc (Fächer Deutsch und Sport) mit drei Stunden Deutsch in der Jahrgangsstufe 10 vertreten. Die verbleibenden sechs Stunden Deutschunterricht von Frau Wi und Herrn L wurden von Herrn Wir (Fächer Deutsch und Sport) in der Jahrgangsstufe 10 erteilt. Der Kläger konnte dadurch die Sportstunden von Frau Sc in der Jahrgangsstufe 11 mit drei Stunden und von Herrn Wir in der Jahrgangsstufe 12 mit sechs Stunden übernehmen.

20(2) Zudem wären der Lehrerin W weitere neun Stunden Geschichte in der Nachfolge des Lehrers G (Fächer Geschichte und katholische Religion) zugewiesen worden, der fünf Stunden Geschichte in der Jahrgangsstufe 11 und je zwei Stunden in den Klassen 6a und 8c unterrichtete. Dessen Religionsunterricht übernahm stattdessen der Lehrer C (Fächer katholische Religion und Mathematik) mit je zwei Stunden in den Klassen 5a, 7a und 8a sowie mit drei Stunden in der Jahrgangsstufe 12. Herr C wiederum wurde von Herrn Kö (Fächer Mathematik und Sport) im Fach Mathematik in der Jahrgangsstufe 12 mit fünf Stunden und in der Klasse 5c mit vier Stunden vertreten. Der Sportunterricht von Herrn Kö konnte damit dem Kläger mit jeweils drei Stunden in den Klassen 5d und 6d und mit zwei Stunden in der Klasse 9b sowie mit einer Stunde Volleyball-AG übertragen werden.

21c) Der Kläger hat gegen diese Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Gegenrügen erhoben (vgl. dazu  - Rn. 38 f.; - 6 AZR 560/14 - Rn. 20;  - Rn. 39). Sie sind daher für den Senat bindend. Danach besteht der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall der Lehrkraft W und der befristeten Einstellung des Klägers.

223. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, das beklagte Land sei nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs daran gehindert, sich auf den Sachgrund der Vertretung zu berufen.

23a) Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen (vgl.  - [Popescu] Rn. 44; - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 31; - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 77; - C-362/13 ua. - [Fiamingo ua.] Rn. 62; - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40). Die Beachtung von § 5 Nr. 1 Buchst. a der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom verlangt, dass konkret geprüft wird, ob die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse der Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und ob eine nationale Vorschrift nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken. Hierzu sind stets alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch angeblich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein ( - [Popescu] Rn. 65 f.; - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 101 f.; - C-586/10 - [Kücük] Rn. 39 f., 43, 51, 55). Die dazu gebotene zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen (vgl.  - Rn. 14; - 7 AZR 310/13 - Rn. 24; - 7 AZR 891/12 - Rn. 27, BAGE 150, 8; grundlegend:  - Rn. 38, BAGE 142, 308 und - 7 AZR 783/10 - Rn. 33).

24aa) Die Bestimmung der Schwelle eines institutionellen Rechtsmissbrauchs hängt maßgeblich von der Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie der Anzahl der Vertragsverlängerungen ab. Ist danach die Prüfung eines institutionellen Rechtsmissbrauchs veranlasst, sind weitere Umstände zu berücksichtigen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl befristeter Verträge und Dauer der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es zudem für eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit sprechen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift ( - Rn. 36 mwN). Die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs bei aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen zur Vertretung liegt näher, wenn die Laufzeit der Verträge wiederholt hinter der prognostizierten Dauer des Vertretungsbedarfs zurückbleibt, ohne dass dafür ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers erkennbar ist (vgl. grundsätzlich  - Rn. 46, BAGE 142, 308). Anhaltspunkte für und gegen einen Rechtsmissbrauch können sich auch aus der Art der Vertretung ergeben; regelmäßig erweist sich etwa eine Befristung zur unmittelbaren Vertretung gegenüber einer mittelbaren Vertretung oder einer Vertretung nach dem Modell der sog. gedanklichen Zuordnung als weniger missbrauchsanfällig (vgl. dazu  - Rn. 22; - 7 AZR 113/13 - Rn. 20 f.). Die Anzahl und Dauer etwaiger Unterbrechungen zwischen den befristeten Arbeitsverträgen können gegen einen Rechtsmissbrauch sprechen (vgl.  - Rn. 27). Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Grundrechtlich gewährleistete Freiheiten können ebenso von Bedeutung sein ( - Rn. 25; - 7 AZR 987/12 - Rn. 38; - 7 AZR 260/12 - Rn. 36; - 7 AZR 443/09 - Rn. 47, aaO) wie besondere Anforderungen der in Rede stehenden Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien zu berücksichtigen sind, sofern dies objektiv gerechtfertigt ist ( - Rn. 40;  - Rn. 15).

25bb) Der Senat hat sich in der Vergangenheit näherer quantitativer Angaben dazu enthalten, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen für einen Missbrauch genau liegen. Er hat in den beiden grundlegenden Entscheidungen vom (- 7 AZR 443/09 - Rn. 43, 48, BAGE 142, 308 und - 7 AZR 783/10 - Rn. 43) grobe Orientierungshilfen gegeben (kritisch wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit: APS/Backhaus 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 61n ff.; Bayreuther NZA 2013, 23, 25; Drosdeck/Bitsch NJW 2013, 1345, 1347; Greiner ZESAR 2014, 357, 362; Loth Prognoseprinzip und Vertragskontrolle im befristeten Arbeitsverhältnis S. 298 ff.; KR/Lipke 11. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 181; Sievers TzBfG 5. Aufl. § 14 Rn. 146; Schmid BB 2013, 192; Staudinger/Preis (2016) § 620 Rn. 54d f.; vom Stein NJW 2015, 369, 374). Bereits in den Ausgangsentscheidungen ist ein dreistufiges System angelegt, das sich in der weiteren Rechtsprechung des Senats konkretisiert hat.

26(1) Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen hat der Senat an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds besteht kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind (vgl. hierzu etwa  - Rn. 31 f.; - 7 AZR 113/13 - Rn. 31; - 7 AZR 17/13 - Rn. 46, BAGE 150, 366; - 7 AZR 2/14 - Rn. 47; - 7 AZR 96/12 - Rn. 35; - 7 AZR 833/11 - Rn. 25; - 7 AZR 661/11 - Rn. 25, BAGE 144, 193; - 7 AZR 462/11 - Rn. 31; - 7 AZR 783/10 - Rn. 44). Davon ist auszugehen, wenn nicht mindestens das Vierfache eines der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bestimmten Werte oder das Dreifache beider Werte überschritten ist. Liegt ein Sachgrund vor, kann also von der Befristung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht werden, solange das Arbeitsverhältnis nicht die Gesamtdauer von sechs Jahren überschreitet und zudem nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden, es sei denn, die Gesamtdauer übersteigt bereits acht Jahre oder es wurden mehr als zwölf Vertragsverlängerungen vereinbart.

27(2) Werden die Grenzen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG alternativ oder kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten (vgl. hierzu etwa  -; - 7 AZR 225/11 -). Hiervon ist idR auszugehen, wenn einer der Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mehr als das Vierfache beträgt oder beide Werte das Dreifache übersteigen. Überschreitet also die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses acht Jahre oder wurden mehr als zwölf Verlängerungen des befristeten Arbeitsvertrags vereinbart, hängt es von den weiteren, zunächst vom Kläger vorzutragenden Umständen ab, ob ein Rechtsmissbrauch anzunehmen ist. Gleiches gilt, wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses sechs Jahre überschreitet und mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden.

28(3) Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein (vgl. etwa  - Rn. 16; - 7 AZR 310/13 - Rn. 26; - 7 AZR 443/09 - Rn. 48, BAGE 142, 308). Von einem indizierten Rechtsmissbrauch ist idR auszugehen, wenn durch die befristeten Verträge einer der Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG um mehr als das Fünffache überschritten wird oder beide Werte mehr als das jeweils Vierfache betragen. Das bedeutet, dass ein Rechtsmissbrauch indiziert ist, wenn die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zehn Jahre überschreitet oder mehr als 15 Vertragsverlängerungen vereinbart wurden oder wenn mehr als zwölf Vertragsverlängerungen bei einer Gesamtdauer von mehr als acht Jahren vorliegen. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

29b) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann sich das beklagte Land entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auf den Sachgrund der Vertretung berufen.

30aa) Ein Rechtsmissbrauch ist nicht indiziert. Die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses der Parteien beläuft sich auf sechs Jahre und (knapp) vier Monate. Der Prüfung des institutionellen Rechtsmissbrauchs sind 15 Verlängerungen, also insgesamt 16 befristete Arbeitsverträge zugrunde zu legen. Die Parteien haben zwar (mindestens) 19 befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Allerdings wurden für drei Zeiträume jeweils zwei Verträge geschlossen. Für die Anzahl der Vertragsverlängerungen zählen Verträge für parallele Zeiträume nur „einfach“, da der jeweilige Parallelvertrag das befristete Arbeitsverhältnis nicht verlängert. Deshalb sind drei der zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsverträge nicht als Vertragsverlängerungen zu werten. Nicht gesondert zu berücksichtigen ist ferner der Zeitraum vom bis zum , in dem lediglich die Sommerferien des Klägers vergütet wurden, ohne dass dem ein gesonderter befristeter Arbeitsvertrag zugrunde gelegen hätte. Damit ist die Schwelle von mehr als 16 befristeten Arbeitsverträgen, ab deren Vorliegen ein Rechtsmissbrauch als indiziert gilt, nicht erreicht.

31bb) Das Landesarbeitsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass eine Rechtsmissbrauchsprüfung veranlasst ist, da die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses der Parteien sechs Jahre überschreitet und 15 Vertragsverlängerungen vorliegen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger jedoch keine hinreichenden weiteren Gesichtspunkte vorgetragen, die für einen Missbrauch sprechen.

32(1) Die durchgängige Beschäftigung des Klägers als Lehrer in nahezu unverändertem Stundenumfang an derselben Schule im Fach Sport begründet keinen Rechtsmissbrauch.

33(a) Zwar kann der Umstand, dass ein Arbeitnehmer wiederholt befristet über einen längeren Zeitraum in derselben Dienststelle mit einem im Wesentlichen gleichen zeitlichen Umfang mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde, als Indiz für den Bedarf an einer unbefristeten Beschäftigung auf diesem Arbeitsplatz anzusehen sein. Auch wenn der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, eine Personalreserve in Form unbefristet beschäftigter Vertretungskräfte vorzuhalten, um Vertretungsfälle abzudecken ( - [Pérez López] Rn. 55 f.; - C-586/10 - [Kücük] Rn. 54;  - Rn. 26; - 7 AZR 944/13 - Rn. 15; - 7 AZR 225/11 - Rn. 33; - 7 AZR 443/09 - Rn. 15, BAGE 142, 308), darf die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse nicht eingesetzt werden, um in Wirklichkeit einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken. Mit der zusätzlichen Missbrauchskontrolle soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer, an dessen Beschäftigung ein dauerhafter Bedarf besteht, von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, das den Normallfall der Beschäftigung bildet, durch aneinandergereihte, jeweils für sich betrachtet zulässige Sachgrundbefristungen ausgeschlossen wird.

34(b) Die unveränderte Beschäftigung des Klägers als im Wesentlichen vollzeitbeschäftigter Sportlehrer an derselben Schule lässt hier jedoch nicht auf einen dauerhaften Beschäftigungsbedarf und damit auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Zeitpunkt des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrags am Gymnasium in R ein dauerhafter Bedarf an der Beschäftigung des Klägers als Sportlehrer bestand. Dagegen spricht der Umstand, dass eine Beschäftigung des Klägers als Vollzeitkraft im Fach Sport umfangreiche Umverteilungen von Unterrichtsstunden innerhalb der Schule voraussetzte. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass hierfür auch in Zukunft ein dauerhafter Bedarf bestehen wird. Die beschränkte fachliche Flexibilität des Klägers, die einen erhöhten Organisationsaufwand nach sich zieht, spricht gegen die Annahme eines Rechtsmissbrauchs (vgl. auch  - Rn. 24).

35(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, es spreche für eine missbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeit, dass die vereinbarten Laufzeiten der befristeten Arbeitsverträge verschiedentlich auf das Ende des Schulhalbjahrs befristet worden sind, obwohl bei Vertragsschluss feststand, dass ein Vertretungsbedarf über diesen Zeitpunkt hinaus gegeben war.

36(a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat das beklagte Land wegen des zeitweisen Ausfalls der Lehrkräfte S, D, H und Ho befristete Arbeitsverträge mit dem Kläger abgeschlossen, ohne dass sich die jeweilige Laufzeit des Arbeitsvertrags an der prognostizierten Dauer des Vertretungsbedarfs orientiert hätte. Die Arbeitsverträge endeten teilweise mit dem Schuljahr, Schulhalbjahr bzw. mit den anschließenden Ferien und nicht mit der prognostizierten vorübergehenden Abwesenheit der Lehrkräfte, mit der das beklagte Land den Vertretungsbedarf gerechtfertigt hat.

37(b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die „schlichte Anknüpfung an das Schulhalbjahr“ besage nichts über die tatsächliche Dauer des Vertretungsbedarfs und könne deshalb nicht als eine die Befristungspraxis rechtfertigende Besonderheit des Schulbetriebs anerkannt werden. Dass für die Schulleitung möglicherweise nicht absehbar gewesen sei, ob eine andere Lehrkraft zur Übernahme des vom Kläger erteilten Unterrichts zur Verfügung stehen würde, belege nur die Annahme, dass das Land kein hinreichend tragfähiges, auf die Erfordernisse des Schulbetriebs abgestelltes und die Annahme eines institutionellen Rechtsmissbrauchs ausschließendes Vertretungskonzept entwickelt habe.

38(c) Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat damit die Besonderheit einer auf das Schulhalbjahr bezogenen Personalplanung der Lehrkräfte, auf die sich das beklagte Land berufen hat, unzutreffend gewürdigt.

39(aa) Zwar hat das Landesarbeitsgericht im Grundsatz zutreffend angenommen, die wiederholte Inkongruenz von Befristungsgrund und Befristungsdauer könne den Schluss darauf zulassen, dass das befristete Arbeitsverhältnis genutzt werde, um in Wahrheit einen dauerhaften Beschäftigungsbedarf abzudecken. Dieser Umstand ist bei einer Gesamtwürdigung aneinandergereihter befristeter Arbeitsverhältnisse regelmäßig von Bedeutung, selbst wenn die vereinbarte Vertragslaufzeit für sich betrachtet nicht mit dem prognostizierten Beschäftigungsbedarf für den befristet eingestellten Arbeitnehmer übereinstimmen, sondern sich daran lediglich orientieren muss (vgl.  - Rn. 17; - 7 AZR 630/07 - Rn. 10 mwN).

40(bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch nicht hinreichend gewürdigt, dass die Personalplanung im Schulbereich eine komplexe Unterrichtsplanung voraussetzt, die sich nach den Anforderungen des jeweiligen Jahrgangs und Lehrplans richtet. Das beklagte Land hat sich zu Recht auf die schultypische Besonderheit berufen, dass der Vertretungsbedarf an Schulen von verschiedenen, sich ständig verändernden tatsächlichen Umständen abhängt, die eine schulhalbjahresbezogene Personalplanung für den Unterricht durch die Bezirksregierungen und Schulen rechtfertigen. Nicht nur das Schuljahr, sondern auch das Schulhalbjahr stellt eine „branchentypische“ organisatorische Zäsur dar, um für das folgende Halbjahr eine volle und möglichst fachbezogene Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Jeweils zum Schulhalbjahr müssen die verfügbaren Lehrkräfte unter Berücksichtigung von Einstellungen, selbständig unterrichtenden Lehramtsanwärtern und Abwesenheiten eingeplant werden. Für die Personalplanung ist dabei nicht nur entscheidend, in welchem Umfang Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Maßgeblich ist außerdem, welche Fächer durch die verfügbaren Lehrkräfte abgedeckt werden. Diese komplexen Planungsvorgaben rechtfertigen es, den jeweiligen Vertretungsbedarf im Schulbereich nicht nur am voraussichtlichen Ende des Vertretungsbedarfs (zB durch den Ablauf der Mutterschutzfrist, die Beendigung der Elternzeit oder das Ende eines Sonderurlaubs) zu orientieren, sondern in erster Linie am Ende eines Schulhalbjahrs auszurichten. Angesichts dieser Besonderheiten des Schulbereichs kann ein weiter gehendes Vertretungskonzept entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht verlangt werden.

41(cc) § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung gebietet keine andere Beurteilung. Der EuGH hat anerkannt, dass der Schulbereich von der Notwendigkeit besonderer Flexibilität zeugt, die den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge objektiv rechtfertigen kann, um dem Bedarf der Schulen angemessen gerecht zu werden und um zu verhindern, dass der Staat als Arbeitgeber dem Risiko ausgesetzt wird, erheblich mehr feste Lehrkräfte anzustellen als zur Erfüllung seiner Verpflichtungen auf diesem Gebiet tatsächlich notwendig sind. Dabei zwingt das Recht auf Bildung als ein durch die Verfassung des Mitgliedstaats garantiertes Grundrecht den Staat, den Schuldienst so einzurichten, dass zwischen der Zahl der Lehrkräfte und der Zahl der Schüler ein stets angemessenes Verhältnis besteht. Dieses Verhältnis hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, von denen einige in gewissem Umfang schwer zu kontrollieren oder vorherzusehen sind ( ua. - [Mascolo] Rn. 94 f.). Damit ist zwar eine Rechtsmissbrauchsprüfung im Schulbereich nicht entbehrlich (vgl. ua. - [Mascolo] Rn. 104). Jedoch stellt die schulhalbjahresbezogene Personalplanung eine nachvollziehbare branchentypische Besonderheit des Schulbetriebs dar, die es rechtfertigt, dass befristete Arbeitsverträge mit Vertretungslehrkräften trotz eines darüber hinaus bestehenden konkreten Vertretungsbedarfs einer einzelnen Stammkraft schulhalbjahresbezogen abgeschlossen werden.

42(dd) Eine wiederholte Abkopplung der Vertretungsdauer von dem Vertretungsgrund kann daher im Schulbereich nur dann für einen institutionellen Rechtsmissbrauch sprechen, wenn die befristeten Arbeitsverträge weder dem konkreten Vertretungsbedarf entsprechen noch mit dem jeweiligen Schulhalbjahr enden. Nur wenn es für die kürzere Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags keinen solchen rechtfertigenden Anlass gibt, ließe sich daraus der Schluss ziehen, dass das beklagte Land in rechtsmissbräuchlicher Weise wiederholt auf befristete Arbeitsverträge zurückgreift.

43(3) Weitere für einen Gestaltungsmissbrauch sprechende Umstände sind weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch vom Kläger vorgetragen worden. Auf die vom beklagten Land angeführten Umstände, die aus seiner Sicht gegen einen institutionellen Rechtsmissbrauch sprechen, kommt es daher nicht an.

44III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:261016.U.7AZR135.15.0

Fundstelle(n):
BB 2017 S. 627 Nr. 11
DB 2017 S. 1329 Nr. 23
DB 2017 S. 7 Nr. 10
ZIP 2017 S. 631 Nr. 13
EAAAG-38912