Gründe
I. Das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG), gegen das die Revision nicht zugelassen wurde, ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) laut Empfangsbekenntnis nach § 5 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes am zugestellt worden. Am von 23.58 Uhr bis 0.00 Uhr (S. 1 bis 3) bis zum 0.06 Uhr (S. 4 bis 8 mit Unterschrift auf S. 8) ging beim FG —per Telefax— die vom datierende Nichtzulassungsbeschwerde ein.
Unter dem Datum —eingegangen beim FG am — übersandten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dem FG die Beschwerde nochmals mit dem Bemerken, dass es bei der Übertragung der Nichtzulassungsbeschwerde offenbar technische Probleme gebe, so dass befürchtet werde, dass die Beschwerde zwar vollständig aber nicht als ein Dokument eingegangen sei. Am beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Den Antrag begründeten sie damit, dass sich bei einem Telefonat einer Mitarbeiterin des unterzeichneten Rechtsanwalts vom mit einem Richter des FG Zweifel ergeben hätten, ob die letzte Seite der Nichtzulassungsbeschwerde fristgerecht am vor 24.00 Uhr beim FG eingegangen sei. Sollte dies nicht der Fall sein, sei der Unterzeichnete ohne Verschulden gehindert gewesen, die Frist einzuhalten. Er habe am die Nichtzulassungsbeschwerde fertig gestellt und den Schriftsatz ordnungsgemäß in das Telefaxgerät eingelegt, um diesen an das FG zu übermitteln. Aus nicht mehr feststellbaren Gründen habe sich das Problem ergeben, dass das Gerät mehrere Seiten eingezogen und dann den Sendevorgang abgebrochen habe. Der Unterzeichner habe deshalb den Sendevorgang hinsichtlich der nicht übermittelten Seiten wiederholt. Auch dieser Vorgang sei nicht vollständig ausgeführt worden, so dass der Unterzeichner den Vorgang nochmals bezüglich der möglicherweise fehlenden Seiten wiederholt habe. Danach sei er davon ausgegangen, dass der Schriftsatz insgesamt rechtzeitig bei Gericht eingegangen sei. Zum Beweis werde eine eidesstattliche Versicherung nachgereicht. Im Schreiben vom teilte der Prozessvertreter der Klägerin auf das Erwiderungsschreiben des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) mit, der Antrag auf Wiedereinsetzung sei bereits mit Schreiben vom gestellt worden; jedenfalls lasse dieses Schreiben eindeutig erkennen, dass Wiedereinsetzung begehrt werde. Er führte weiter aus, er habe das Rechtsmittel auf die übliche Weise durch Auflegen der zu übermittelnden Seiten und Eingabe der Faxnummer des Empfängers um 23.45 Uhr auf den Weg gebracht. Der Sendevorgang habe trotz Unterbrechungen insgesamt nur 7 Minuten 20 Sekunden gedauert, so dass genügend Zeit für die fristgerechte Übermittlung bestanden hätte. Der Sendevorgang sei jedoch unterbrochen worden und hätte dreimal wiederholt werden müssen (Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung).
Nach dem vorgelegten Absendeprotokoll und dem Empfangsaufdruck auf dem beim FG eingegangenen Telefax stellt sich der Sendevorgang wie folgt dar: Der erste Sendeversuch begann um 23.55 Uhr; jeweils Aufgabe beim
Prozessbevollmächtigten Seiten empfangen beim FG
23.55 Uhr 3 23.58 Uhr S. 1, 2, 23.59 Uhr,
S. 3
23.59 Uhr 3 0.01 bis 0.03 Uhr, S. 4, 5, 6
0.03 Uhr 2 0.05 bis 0.06 Uhr, S. 7, 8
Die Klägerin beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und in der Sache die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob die Anzeige einer Abtretung gemäß § 46 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) auch dann wirksam ist, wenn der Steuerpflichtige nach Entstehung des Anspruchs dem FA die Abtretung des jeweiligen Erstattungsanspruchs in einem nicht dem amtlichen Vordruck entsprechenden Schreiben anzeigt und wenn in diesem Schreiben lediglich auf eine dem FA vor Entstehung der Ansprüche eingereichte Originalabtretungsanzeige, die in Kopie beigefügt werde, Bezug genommen wird.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
II. Das Rechtsmittel ist unzulässig. Die Beschwerde wurde verspätet eingelegt. Es kann offen bleiben, ob die Prozessbevollmächtigten der Klägerin wegen eines technischen Defektes des absendenden Telefaxgerätes ohne Verschulden verhindert waren, die Rechtsmittelfrist einzuhalten. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann jedenfalls nicht gewährt werden, weil die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Tatsachen zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses vorgetragen und hinreichend glaubhaft gemacht haben (§ 56 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 FGO).
1. Gesetzliche Fristen sind bei Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nur dann eingehalten, wenn auch die letzte Seite des Schriftsatzes, auf der sich die Unterschrift befindet, vor Ablauf der Frist beim (zuständigen) Gericht eingeht. Wird der fristgebundene Schriftsatz per Telefax übermittelt, ist diese Voraussetzung grundsätzlich nur erfüllt, wenn der vollständige Text vor Fristablauf auf dem Empfängergerät eingegangen ist (vgl. dazu , Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2000, 574). Der Eingangszeitpunkt bestimmt sich nach dem Uhrzeitaufdruck des Telefaxgerätes des Gerichts (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 1992, 532, m.w.N.; (3) 1 Ss 318/96 (112/96), NJW 1997, 1864). Die Beschwerdefrist endete mit Ablauf des , 24.00 Uhr. Die vollständige Übermittlung des Beschwerdeschriftsatzes mit der Unterschrift auf der letzten Seite war jedoch unstreitig erst am um 0.06 Uhr abgeschlossen; mithin verspätet.
2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Beschwerdefrist kann nicht gewährt werden.
Nach § 56 Abs. 1 FGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Voraussetzung hierfür ist nach § 56 Abs. 2 FGO, dass die Klägerin bzw. der Prozessbevollmächtigte die zur Beurteilung der unverschuldeten Verhinderung erheblichen Tatsachen gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 FGO innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses substantiiert, vollständig und in ausreichender Form dargetan hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 51/98, BFH/NV 1999, 663, 664; vom VIII B 26/95, BFH/NV 1997, 240, 241; vom X B 297/95, BFH/NV 1997, 592, 593, und vom III R 13/96, BFH/NV 1997, 420, jeweils m.w.N.). Im Streitfall ist das Hindernis, wie sich aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom ergibt, unmittelbar nach Fristablauf weggefallen. Der Prozessbevollmächtigte hat nach seinen Aussagen den Übermittlungsvorgang selbst vorgenommen und festgestellt, dass der Sendevorgang dreimal wiederholt, bzw. hinsichtlich nicht erfasster Seiten wieder begonnen werden musste. Er konnte dem Ausdruck der Uhrzeit auf dem Sendeprotokoll des Absendegerätes eindeutig entnehmen, dass zumindest die letzten beiden Seiten (7 und 8) erst nach 0.00 Uhr vom Absendegerät abgegangen waren, mithin auch erst nach 0.00 Uhr beim FG eingegangen sein konnten. Dem Prozessbevollmächtigten ist diese Tatsache auch bewusst gewesen, denn er hat noch unter dem Datum des letzten Fristtages () ein Schreiben an das FG verfasst, in dem er auf technische Probleme bei der Übertragung der Nichtzulassungsbeschwerde an das FG und seine Befürchtung, die Beschwerde sei zwar vollständig, aber nicht als ein Dokument eingegangen, hingewiesen und dieselbe nochmals übersandt hat. Er selbst sieht dieses Schreiben vom als Begehren an, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Damit war die gesetzliche Begründungsfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO mit Ablauf des in Lauf gesetzt, so dass der Prozessbevollmächtigte innerhalb dieser Zwei-Wochen-Frist eine genaue und vollständige Schilderung des Absendevorgangs unter Vorlage des Sendeprotokolls und ggf. der eidesstattlichen Versicherung hätte vortragen müssen, sofern die Wiedereinsetzungsgründe nicht ausnahmsweise für das Gericht nach den Umständen des Streitfalles offensichtlich gewesen wären und deshalb keiner Darlegung bedurft hätten (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX S 6/93, BFH/NV 1994, 331; vom X R 236/93, BFH/NV 1995, 702; vom I R 103/95, BFH/NV 1996, 630; BFH in BFH/NV 1997, 240, 241, und in BFH/NV 1997, 420). Diesem Erfordernis war mit dem Hinweis auf technische Schwierigkeiten ohne nähere Erläuterungen in dem Schreiben vom nicht genügt. Dem Vortrag in diesem Schreiben ist jedenfalls nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen die Verhinderung bei der Fristeinhaltung unverschuldet gewesen sein soll. Die erst mit den Schriftsätzen vom und abgegebenen detaillierten Schilderungen des Absendevorganges unter Vorlage des Absendeprotokolls des Prozessbevollmächtigten —aus dem ihm Übrigen eine Störung des Absendegerätes nicht, sondern lediglich der Beginn der Übertragung des achtseitigen Beschwerdeschriftsatzes ab 23.55 Uhr ersichtlich ist— und die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten zur Glaubhaftmachung der unverschuldeten Verhinderung beinhalten entgegen der Auffassung des Vertreters der Klägerin nicht lediglich eine Ergänzung des Wiedereinsetzungsantrags, sondern die erstmalige Schilderung, aus welchen Gründen der Prozessbevollmächtigte gehindert gewesen sein will, die Beschwerdeschrift an das Telefaxgerät des Empfängers fristgerecht vollständig zu übermitteln. Das FG hat von den die Wiedereinsetzung begründenden Vorgängen bei Absendung der Beschwerdeschrift erst durch die nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO eingegangenen Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfahren, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1344 Nr. 11
FAAAA-65959