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FG München Urteil v. - 3 K 2276/15 EFG 2017 S. 449 Nr. 6

Gesetze: AO § 129 S. 1

Offenbare Unrichtigkeit i. S. d. § 129 AO bei infolge eines mechanischen Versehens eines Außenprüfers unrichtigem Außenprüfungsbericht und anschließender unbemerkter Übernahme dieses Fehlers bei der Auswertung des Berichts durch die Veranlagungsstelle

Leitsatz

1. Offenbar i.S. des § 129 S. 1 AO ist eine Unrichtigkeit, wenn sie auf der Hand liegt, wenn der Fehler mithin durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist. Es ist nicht erforderlich, dass die Unrichtigkeit aus dem Bescheid selbst erkennbar ist. Maßgebend ist vielmehr, ob der Fehler bei Offenlegung des Sachverhaltes für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkannt werden kann.

2. Eine Unrichtigkeit i.S. d. § 129 S. 1 AO kann auch vorliegen, wenn ein mechanisches Versehen eines Außenprüfers zur Unrichtigkeit des Außenprüfungsberichts geführt hat und dieser Fehler von dem Veranlagungsbeamten bei der Auswertung des Berichts lediglich unbemerkt übernommen worden ist.

3. Ein derartiger Fall einer offenbaren Unrichtigkeit liegt vor – und die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ist ausgeschlossen –, wenn der Betriebsprüfer für ein bestimmtes Jahr versehentlich nicht den letzten Änderungsbescheid, sondern den vorangegangenen Umsatzsteuerbescheid, in dem noch eine höhere negative Umsatzsteuer als im späteren Änderungsbescheid festgesetzt war, als Grundlage für seine Prüfung angenommen hat, bei der Prüfung ausdrücklich keine die Steuer ändernden Feststellungen getroffen hat, im Prüfungsbericht aber die im früheren Bescheid festgesetzte, zu Gunsten des Unternehmers höhere negative Umsatzsteuer als Umsatzsteuer für dieses Jahr ausgewiesen hat und wenn die Veranlagungsstelle anschließend aufgrund des Prüfungsberichts ohne eigene rechtliche Überlegungen den Umsatzsteuerbescheid geändert und wieder die frühere höhere negative Steuer mit der Folge eines Guthabens zugunsten des Unternehmers festgesetzt hat. Es spricht dabei für eine mechanische Fehlerübernahme durch die Veranlagungsstelle, wenn bei der Erstellung des Umsatzsteuerbescheids nach der Außenprüfung elektronisch erstellte Prüfhinweise ausgeworfen, von der Bearbeiterin sowie den zeichnungsberechtigten Sachgebietsleitern jedoch ignoriert worden sind und ohne eigene rechtliche Überlegungen die Veranlagung freigegeben worden ist.

4. Ein mechanisches Versehen i. S. d. § 129 AO liegt dann nicht vor, wenn die Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers oder einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung besteht.

Tatbestand

Fundstelle(n):
AO-StB 2017 S. 79 Nr. 3
EFG 2017 S. 449 Nr. 6
HAAAG-38587

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