BFH Beschluss v. - VII B 128/99

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Milcherzeuger, belieferte in dem hier streitigen Zeitraum die Molkerei (M). Nach einem Vermerk der M hatte er im Mai 1984 geltend gemacht, dass seine Tochter von ihm Kühe übernommen und seit dem Milch geliefert habe. Mangels einer separaten Kühlmöglichkeit sei diese Milch aber zusammen mit der von ihm erzeugten Milch aus einer Kühlwanne geliefert worden. Der Kläger hatte die M gebeten, 20 % der im März 1984 gelieferten Milch auf den Namen seiner Tochter abzurechnen. Die M hatte seiner Tochter daraufhin eine entsprechende Milchgeldabrechnung erteilt. Diese war auch Grundlage für die Berechnung einer Anlieferungs-Referenzmenge Milch (ARM) in Höhe von…kg für die Tochter.

Aufgrund eines Berichts des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt —HZA—) vom über eine Prüfung bei M vertrat dieser die Ansicht, dass die Tochter des Klägers nicht Milcherzeugerin sei, weil die von ihr gelieferte Milch aus dem Betrieb ihres Vaters stamme. Daraufhin hob die M mit Schreiben vom den Referenzmengenbescheid mit Wirkung vom auf. Dagegen erhob die Tochter Einspruch und machte geltend, dass auf dem Hof zwei voneinander unabhängige Milcherzeugungsbetriebe bestünden. Das HZA half dem Einspruch ab und teilte der Tochter und der M mit, dass es die Tochter als Milcherzeugerin anerkenne und die festgesetzte Referenzmenge von 186 000 kg für rechtmäßig halte. Aufgrund weiterer Erkenntnisse, die das HZA in einem Ermittlungsverfahren gewonnen hatte, das 1990 gegen Mitarbeiter der M und den Kläger eingeleitet worden war, kam das HZA zu der Erkenntnis, dass die Tochter des Klägers doch nicht Milcherzeugerin gewesen sei, und setzte deren ARM mit Wirkung vom auf 0 kg fest (Bescheid vom ). Einspruch und Klage der Tochter dagegen blieben erfolglos.

Die von der M für die Tochter des Klägers abgerechneten Milchmengen in den Zwölfmonatszeiträumen 1985/1986 bis 1988/1989 rechnete das HZA der Milcherzeugung des Klägers zu und setzte gegen den Kläger wegen einer dadurch entstandenen Überschreitung seiner ARM eine Milch-Garantiemengenabgabe in Höhe von insgesamt ... DM fest (Abgabenbescheid vom Teil I, geändert durch Änderungsbescheid vom ). Einspruch (Teileinspruchsentscheidung vom ) und Klage hiergegen blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die Milch-Garantiemengenabgabe vom Kläger zu Recht erhoben worden sei. Das HZA sei im Teil I des angefochtenen Abgabenbescheids zutreffend davon ausgegangen, dass für den Kläger in den Zwölfmonatszeiträumen 1985/1986 bis 1988/1989 die unter der Erzeugernummer seiner Tochter gelieferte Milchmenge mit zu berücksichtigen sei, weil er auch insoweit als Milcherzeuger anzusehen sei und mit diesen ihm zuzurechnenden Milchmengen seine ARM überschritten habe.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) und Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedenfalls nicht begründet.

1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage, ob nicht durch die Forderung des Abgabenbetrages gegenüber dem Kläger und gleichzeitiger Nichtberücksichtigung der ARM seiner Tochter eine Doppelbewertung der betreffenden Milchmengen zum Nachteil des Klägers bzw. seiner Tochter stattgefunden habe, nicht hinreichend dargelegt (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Denn den innerhalb der Beschwerdefrist (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) vorgebrachten Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Frage ist nicht zu entnehmen, weshalb an ihrer Klärung über den Einzelfall hinaus ein allgemeines Interesse bestehen soll. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass das FG die behauptete Doppelbewertung der Milchmengen tatsächlich vorgenommen hat. Es trifft nicht zu, dass das FG —wie der Kläger ihm vorwirft— für eine rechtlich zusammenhängende Konstruktion zwei verschiedene Sachverhalte ermittelt hat. Vielmehr geht das FG von dem einheitlich ermittelten Sachverhalt aus, dass der Kläger während der hier in Rede stehenden Zwölfmonatszeiträume 1985/1986 bis 1988/1989 auch Erzeuger der der Tochter ursprünglich zugerechneten Milchmenge war. Folgerichtig hat es daher erkannt, dass der Kläger die Milch-Garantiemengenabgabe für die Milch schuldet, die er über seine ARM hinaus in diesen Zeiträumen geliefert hat. Damit steht die Frage, ob und inwieweit seiner Tochter für diese Zeiträume eine ARM zustand, in keinem unmittelbaren Zusammenhang.

Im Übrigen reicht die nicht substantiierte Behauptung, dass sich eine Vielzahl von Landwirten in ähnlichen Verhältnissen befinde, zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage nicht aus (vgl. z.B. , BFH/NV 1995, 603).

2. Der vom Kläger gerügte Verfahrensfehler der unterlassenen notwendigen Beiladung der Tochter des Klägers zum Verfahren liegt nicht vor, weil die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung der Tochter des Klägers nach § 60 Abs. 3 FGO, die ggf. durch Verbindung der Verfahren des Klägers und des durch dessen Tochter anhängig gemachten Verfahrens zu ersetzen gewesen wäre (§ 73 Abs. 2 FGO), nicht vorliegen.

Die Beiladung ist nur dann i.S. von § 60 Abs. 3 FGO notwendig, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere also in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muss (vgl. , BFHE 95, 148, BStBl II 1969, 343, und vom VII R 56/87, BFHE 153, 472, BStBl II 1988, 789; Senatsbeschlüsse vom VII B 34/79, BFHE 129, 536, BStBl II 1980, 303; vom VII B 5/97, BFH/NV 1997, 867, sowie vom VII B 100/93, BFHE 173, 207, BStBl II 1994, 405). Ein solches Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit ist im Streitfall nicht gegeben, weil die Entscheidung hinsichtlich des vom Kläger angefochtenen Bescheides über die Milch-Garantiemengenabgabe nicht unmittelbar in Rechtsverhältnisse der Tochter eingreift oder diese gestaltet. Zwar hängt die Entscheidung über den Abgabenbescheid entscheidend von der Beurteilung der Frage ab, ob der Kläger oder seine Tochter Erzeuger der in Rede stehenden Milchmengen war. Dabei handelt es sich aber nur um die Würdigung eines bestimmten Sachverhalts als Grundlage für die zu treffende Entscheidung, ohne dass die Entscheidung selbst unmittelbar Rechtsverhältnisse der Tochter gestalten würde. Es kann dahin stehen, ob der Fall anders zu beurteilen wäre, dass über eine Klage auf Feststellung zu entscheiden ist, wer (Vater oder Tochter) Erzeuger der Milch im Sinne der Milch-Garantiemengenregelung ist (vgl. das Verfahren in der Sache VII R 116/88, Senatsentscheidungen vom , BFH/NV 1992, 141, und vom , BFHE 158, 196) und ob die in dem genannten Fall zu treffende Entscheidung unmittelbar in die Rechtsverhältnisse sowohl des Vaters als auch der Tochter eingreifen und damit gemäß § 60 Abs. 3 FGO die Beiladung des einen bzw. der anderen zum Verfahren des jeweils anderen oder die Verbindung zu dieser Frage anhängiger Klageverfahren gemäß § 73 Abs. 2 FGO notwendig machen würde.

3. Soweit der Kläger rügt, das FG habe seine Amtsermittlungspflicht dadurch verletzt, dass es nicht aufgeklärt habe, ob der Tochter des Klägers für die streitgegenständlichen Zwölfmonatszeiträume eine ARM zustehe, ist die Rüge unbegründet. Denn die Frage, ob der Tochter des Klägers eine ARM für die betreffenden Zeiträume zusteht, war nach der hier maßgeblichen Auffassung des FG nicht entscheidungserheblich. Für die angegriffene Vorentscheidung kam es vielmehr nur darauf an, wer tatsächlich Erzeuger der in Rede stehenden Milchmengen gewesen ist.

4. Soweit der Kläger sich durch eine Verletzung seines Rechts auf Gehör beschwert fühlt, weil er sich zu der geänderten Sach- und Rechtslage nicht habe äußern können, die dadurch eingetreten sei, dass das HZA in dem seine Tochter betreffenden Verfahren den Bescheid, mit dem die ARM seiner Tochter auf 0 kg festgesetzt worden sei, für die Vergangenheit aufgehoben hat, ist diese Verfahrensrüge nicht ausreichend begründet. Denn der Kläger hat nicht ausgeführt, was er bei der von ihm eingeforderten Gewährung rechtlichen Gehörs zusätzlich ausgeführt hätte, und dass bei Berücksichtigung seiner Ausführungen das Urteil möglicherweise anders ausgefallen wäre.

5. Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 182 Nr. 2
XAAAA-65953