Gründe
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen veranlagte Eheleute, die in den Streitjahren 1984 bis 1986 ein im Alleineigentum des Klägers stehendes Zweifamilienhaus bewohnten. Ein Raum dieses Hauses wurde von der Klägerin für deren berufliche Zwecke als häusliches Arbeitszimmer genutzt. Der Kläger machte bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) und die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG für den 200 000 DM übersteigenden Teil der Herstellungskosten als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) kürzte die AfA um den auf das Arbeitszimmer entfallenden Anteil und ließ diesen Anteil der AfA auch nicht bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit zum Werbungskostenabzug zu.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 537 veröffentlichten Gründen statt. Die Klägerin habe Aufwendungen auf das Zweifamilienhaus des Klägers getätigt, die prozentual höher seien als der auf das Arbeitszimmer entfallende Kostenanteil (10,78 v.H.). Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei es geboten, der Klägerin die AfA-Befugnis hinsichtlich der auf das Arbeitszimmer entfallenden Herstellungskosten zuzubilligen. Dies entspreche dem objektiven Nettoprinzip und damit den vom Großen Senat des (BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) dargelegten Grundsätzen. Auch wenn die Kläger keine Vereinbarungen bezüglich der Nutzung des Arbeitszimmers getroffen haben sollten, bestehe eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Klägerin zumindest im Umfang der getragenen Kosten eine Nutzungsbefugnis an dem für berufliche Zwecke genutzten Arbeitszimmer zustehe und damit die Kostenbeteiligung aus beruflichen Gründen erfolgt sei.
Das FA begehrt mit der Revision die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage. Der Grundgedanke des Beschlusses des Großen Senats des BFH in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 lasse sich nicht auf den Sachverhalt des Streitfalles übertragen, da dort ein Miteigentümer Baulichkeiten auf dem gemeinsamen Grundstück errichtet und unentgeltlich für betriebliche Zwecke genutzt habe. Vorliegend sei die Klägerin nicht Miteigentümerin. Es sei daher davon auszugehen, dass die eigenen Aufwendungen der Klägerin der Herstellung des Gebäudes insgesamt gedient hätten. Bezweifelt werde nicht die grundsätzliche Abziehbarkeit eigenen Aufwandes, sondern die Annahme des FG, die von der Klägerin selbst getragene Finanzierung sei für berufliche Zwecke aufgewendet worden. Fragwürdig sei die Auffassung des FG, bei Ehegatten, die Aufwendungen auf ein Wirtschaftsgut des Ehepartners getätigt hätten, bestehe eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ihnen zumindest im Umfang der getragenen Kosten eine Nutzungsbefugnis zustehe. Selbst wenn man ein Nutzungsrecht annähme, wären die Aufwendungen der Klägerin aber jedenfalls nicht direkt dem Arbeitszimmer, sondern dem gesamten Gebäude zuzuordnen. Deshalb könnten allenfalls nur 10,78 v.H. der insgesamt von der Klägerin getragenen Aufwendungen als ein abschreibungsfähiges Nutzungsrecht angesehen werden.
Die Kläger treten der Revision entgegen.
Der Senat hat die Revision des FA durch Gerichtsbescheid als unbegründet zurückgewiesen. Dabei ging er von Folgendem aus: Werden die Anschaffungskosten/Herstellungskosten eines im Alleineigentum des einen Ehegatten stehenden Hauses teilweise von dem anderen Ehegatten getragen, der in dem Haus ein häusliches Arbeitszimmer ausschließlich für seine beruflichen Zwecke nutzt, so besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Nichteigentümer-Ehegatte seine eigenen Mittel vorrangig hingegeben hat, um die Befugnis zur ausschließlichen beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers zu erlangen. Der Gerichtsbescheid ist durch den fristgemäßen Antrag des FA auf mündliche Verhandlung gegenstandslos geworden.
Der Senat hat dem Großen Senat des (BFHE 181, 362, BStBl II 1997, 208) die Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt, ob die Grundsätze seines Beschlusses in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 auch gelten, wenn ein Ehegatte ein im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehendes Gebäude für berufliche Zwecke nutzt und nur einen Teil der Anschaffungskosten/Herstellungskosten getragen hat, und ob bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA davon auszugehen ist, dass sämtliche auf den beruflich genutzten Teil entfallenden Anschaffungskosten/Herstellungskosten als von dem diesen Teil nutzenden Ehegatten getragen gelten. Hierüber hat der Große Senat des (BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778) entschieden.
Die Revision des FA ist unbegründet.
1. Der Große Senat des BFH hat im vorgenannten Beschluss in BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778 klargestellt, dass die Grundsätze seines Beschlusses in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 nicht nur für den Fall des Miteigentums von Ehegatten an einem gemeinsamen Grundstück gelten, sondern dass das Alleineigentum eines Ehegatten den Abzug von Aufwendungen des anderen Ehegatten auf das für ihn fremde Grundstück nicht ausschließt. Er hat erneut verdeutlicht, dass es nicht um die Nutzung eigenen oder fremden Vermögens, sondern um die Abziehbarkeit von eigenem Aufwand geht, der durch die Einkunftserzielung veranlasst ist. Im Hinblick auf das objektive Nettoprinzip darf die Berücksichtigung beruflich veranlasster Aufwendungen weder daran scheitern, dass sie im Zusammenhang mit der Anschaffung/Herstellung eines Wirtschaftguts stehen, das dem Steuerpflichtigen nicht gehört, noch deshalb versagt werden, weil sie nicht den gesamten Anschaffungs-/Herstellungsaufwand ausmachen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, unter C. I. 1. bis 3. der Gründe).
Entscheidend für die Geltendmachung von Aufwendungen auf ein fremdes Wirtschaftsgut als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist, dass der Steuerpflichtige diese Kosten im eigenen betrieblichen oder beruflichen Interesse tatsächlich trägt. Dabei ist zunächst folgender Grundsatz zu beachten: Beteiligt sich ein Ehegatte finanziell an den Anschaffungskosten/Herstellungskosten eines dem anderen Ehegatten gehörenden Hauses, so ist der Eigentümer-Ehegatte grundsätzlich so zu behandeln, als habe er selbst die Anschaffungskosten/Herstellungskosten aufgewendet. Dieser Grundsatz gilt aber insoweit nicht, als der Beitrag des Nichteigentümer-Ehegatten die Anschaffungskosten/Herstellungskosten eines Teils des Gebäudes (z.B. Arbeitszimmer) deckt, den er zu beruflichen Zwecken nutzt. Soweit der Kostenbeitrag die Anschaffungskosten/Herstellungskosten des beruflich genutzten Teils des Gebäudes deckt, ist er im eigenen beruflichen/betrieblichen Interesse aufgewendet worden. Dabei gilt der Kostenbeitrag des sich an der Finanzierung beteiligenden Nichteigentümer-Ehegatten solange als vorrangig auf den beruflich genutzten Teil aufgewendet, als der Grundstücksteil für die berufliche Tätigkeit genutzt wird (vgl. im Einzelnen Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, unter C. I. 4., C. II. 2. der Gründe).
2. Der Klägerin steht die begehrte AfA zu. Die Vorinstanz hat bindend festgestellt, dass der Kostenbeitrag der Klägerin höher war als die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden Herstellungskosten. Damit kann die Klägerin ihre auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen ”wie ein materielles Wirtschaftsgut” für die Dauer der beruflichen Nutzung im Wege der AfA als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen. Soweit der Kostenbeitrag der Klägerin über die Herstellungskosten des Arbeitszimmers hinaus geht, ist er dem Kläger als Eigentümer des Gebäudes als Herstellungskosten zuzurechnen, so dass sich auch der Abzug der AfA bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als zutreffend erweist.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1202 Nr. 10
KAAAA-65927