Gründe
I. Streitig ist, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für Steuerschulden der A-GmbH haftet.
Die A-GmbH hatte ihren Sitz in B. Alleiniger Gesellschafter war der Kläger. Geschäftsführer waren zunächst der Kläger, dann verschiedene andere Personen.
Die A-GmbH vermittelte Wertpapiere und Kapitalanlagen für die nach Schweizer Recht gegründete C-AG und eine D-AG an deutsche Kunden als Abnehmer.
Im Anschluss an eine Anzeige des Bundesamts für das Kreditwesen nahm die Staatsanwaltschaft umfangreiche Ermittlungen gegen den Kläger u.a. auf. Die Ermittlungen endeten mit einem Strafbefehl des Amtsgerichts B, der durch Rechtsmittelverzicht des Klägers rechtskräftig wurde.
Aufgrund der Steuererklärungen der A-GmbH hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) für diese zunächst Vorsteuerüberschüsse für die Jahre 1987 bis 1990 und die Voranmeldungszeiträume März bis Oktober 1991 festgesetzt.
Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam das FA zur Überzeugung, die oben bezeichneten Vermittlungsleistungen seien steuerfrei (§ 4 Nr. 8 Buchst. e des Umsatzsteuergesetzes —UStG 1980—) und schlössen den Vorsteuerabzug aus (§ 15 Abs. 2 UStG 1980); dementsprechend änderte es die bisherigen Steuerfestsetzungen zum Nachteil der A-GmbH.
Über deren Vermögen wurde im Jahre 1993 der Konkurs eröffnet. Ihre Klage wegen Umsatzsteuer 1987 bis 1991 wurde in den Registern des Finanzgerichts (FG) gelöscht.
Daraufhin nahm das FA den Kläger wegen der Umsatzsteuerschulden der A-GmbH für die Jahre 1987 bis 1990 und die Voranmeldungszeiträume März bis Oktober 1991 zunächst mit Bescheid vom und —nachdem dieser mangels erkennbarer Ausübung des Auswahlermessens vom FG aufgehoben worden war— mit Bescheid vom unter Berufung auf §§ 34, 69, 71 der Abgabenordnung (AO 1977) in Haftung.
Die gegen diesen Haftungsbescheid erhobene Klage hatte Erfolg, soweit es um die Umsatzsteuer im Zusammenhang mit den Vermittlungsleistungen an die E-AG ging, nicht aber soweit es um die Vermittlungsleistungen an die C-AG in K (Schweiz) ging. Das FG nahm insoweit eine im Inland steuerbare und nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG 1980 steuerfreie Vermittlung vom Wertpapieren an, die gemäß § 15 Abs. 2 UStG 1980 den Vorsteuerabzug ausschließe. Es verneinte eine gemäß § 3a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG 1980 in der Schweiz ausgeführte Vermittlungsleistung, da die Empfängerin der Vermittlungsleistung —die C-AG— ihr Unternehmen nicht in der Schweiz betrieben habe; mangels eines ausreichenden Mindestbestands an persönlichen und sachlichen Mitteln habe sie dort keine Struktur im Sinne einer festen Niederlassung (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG —Richtlinie 77/388/EWG—) gehabt. Dies folge aus den tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls und den staatsanwaltlichen Ermittlungsakten. Das FA habe den Kläger auch nicht ermessensfehlerhaft als Steuerhinterzieher in Haftung genommen; es habe auch sein Auswahlermessen gegenüber den Geschäftsführern ausreichend begründet.
Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Kläger Verfahrensmängel und eine Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), insbesondere vom (BFH/NV 1991, 504), rügt.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil des FG von einer Entscheidung des BFH abweicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder die angefochtene Entscheidung auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift muss die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
Nach § 96 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Demgemäß durfte das FG auch den Strafbefehl als Erkenntnisquelle für den von ihm festgestellten Sachverhalt heranziehen. Der Umstand, dass der Strafbefehl ”ausgehandelt” wurde, besagt nicht, dass er von einem falschen Sachverhalt ausging.
Das FG hat im Einzelnen die Tatsachen aufgeführt, aus denen es gefolgert hat, dass die C-AG ihr Unternehmen nicht in der Schweiz betrieben hat und dort keine Struktur im Sinne einer festen Niederlassung hatte. Nach den Feststellungen des FG wurde der gesamte Geschäftsverkehr der C-AG über die A-GmbH abgewickelt, Gelder auf Konten der C-AG in G überwiesen; die Personalien der Bediensteten der C-AG und deren Buchhaltung wurden in B geführt; die C-AG unterhielt in der Schweiz ein kleines Büro mit einer Sekretärin, die bei telefonischen Anfragen an die A-GmbH in B verwies. Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich nicht, inwiefern diese Feststellungen unzutreffend sein sollen. Dies ergibt sich auch nicht aus dem der Beschwerdeschrift beigefügten Schreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung an die C-AG. Dass die C-AG von der Eidgenössischen Steuerverwaltung als Effektenhändlerin geführt wurde, steht nicht im Widerspruch zu den genannten Feststellungen zum Ort ihrer Aktivitäten. Der vom Kläger aus der Vorentscheidung zitierte Satz: ”Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehles schaltete aber der Kläger lediglich zur Tarnung der von ihm unerlaubt betriebenen Bankgeschäfte u.a. die ”Scheinfirma” C-AG ein” gibt nur die zusammenfassende Sachverhaltswürdigung durch das Amtsgericht B und nicht die einzelnen Feststellungen im Strafbefehl wieder. Das FG hat die C-AG auch nicht als rechtlich bedeutungslose ”Scheinfirma”, sondern als (rechtlich existente) Leistungsempfängerin der streitbefangenen Vermittlungsleistungen behandelt.
2. Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das Urteil des FG in einer konkreten Rechtsfrage von einer Entscheidung des BFH abweicht. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muss der Beschwerdeführer dartun, dass das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt. In der Beschwerdebegründung müssen abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1998, 180).
a) Soweit der Kläger vorträgt, der BFH habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass eine Haftungsinanspruchnahme des Steuerhinterziehers voraussetze, dass alle Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung vorliegen, so wird dies auch in der Vorentscheidung nicht in Abrede gestellt. Insoweit weicht die Vorentscheidung nicht von der ständigen Rechtsprechung des BFH ab. Eine ganz andere Frage ist, ob im Streitfall sämtliche Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung vorlagen.
b) Die vom Kläger gerügte Abweichung gegenüber dem BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 504 liegt ebenfalls nicht vor, weil das FG auf S. 22 ff. seines Urteils im Einzelnen ausgeführt hat, das FA habe sein Auswahlermessen ausreichend begründet. Dazu, ob dies wirklich zutrifft, enthält das Urteil in BFH/NV 1991, 504 keine Aussagen.
3. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 330 Nr. 3
PAAAA-65814