Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Es geht im Streitfall um Beteiligungen der Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer (inländischen) Lebensversicherungsgesellschaft, an irischen Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im International Finance Service Centre (IFSC) in Dublin. Das IFSC wurde 1987 in Dublin im ehemaligen Hafengebiet (”Custom House Docks Area”) geschaffen. Es handelt sich hierbei um eine von der EG-Kommission genehmigte und mehrfach verlängerte (vgl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— 1998/C 395/14 ff. vom ; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Art. 92 EG-Vertrag, 1999, 261, m.w.N.) Fördermaßnahme gemäß Art. 92 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft —EGV— (= Art. 86 Abs. 3 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABlEG Nr. C-340/173). Als solche anerkannte IFSC-Gesellschaften werden in Irland mit einem ermäßigten Körperschaftsteuersatz von 10 v.H. besteuert (vgl. zu den IFSC-Gesellschaften —sog. Dublin-Docks-Gesellschaften— im Einzelnen z.B. Grotherr, Internationale Wirtschaftsbriefe —IWB— Fach (F.) 5 Irland Gruppe (Gr.) 2, 51; Storck, Die Bank 1997, 395; Rädler/ Lausterer/Blumenberg, Der Betrieb —DB—, Beilage 3/1996; Weisert in Birtel/Bourgon/ Merbecks, Wirtschafts- und Steuerordnung auf dem Prüfstand, Festschrift für Hermann-Wilfried Bayer, 1998, 345, 356 ff.; Dreßler, Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre steuerliche Überprüfung, 2. Aufl., 1995, 77 ff.; Serwuschok, IWB F. 3 Gr. 1, 1501; Tulloch, DB 1992, 1444; Rosenthal in Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Kommentar, Irland, Vor Art. 1 Rz. 36 ff.; Koschyk, a.a.O., S. 259 ff.; Sapusek, Ökonomische und juristische Analyse der Steuerharmonisierung in der Europäischen Union, 1997, Teil 1, S. 180).
Vor diesem Hintergrund schloss sich die Klägerin im März 1990 mit einer anderen deutschen Lebensversicherung zur Gründung der irischen Kapitalgesellschaft L zusammen. Die L schloss ihrerseits mit der D einen Managementvertrag und beauftragte diese als Investmentmanager. Bei der D handelt es sich um eine Finanzdienstleistungsgesellschaft, die zur deutschen Y-Bank-Gruppe gehört. Zweck der L war die gewinnbringende Verwaltung des von ihren Gesellschaftern eingezahlten Kapitals. Eigene Räumlichkeiten standen ihr hierfür nicht zur Verfügung. Im Mai 1991 stellte die L zwei Angestellte der D als Teilzeitarbeitnehmer ein, die noch bei einer Reihe anderer irischer Kapitalgesellschaften tätig waren. Die L tätigte Käufe und Verkäufe von Wertpapieren in europäischen Währungen, und zwar im Geschäftsjahr vom bis Kaufgeschäfte mit einem Anlagevolumen von rd. 158 Mio. DM und Verkäufe in Volumen von rd. 119 Mio. DM. Als verantwortlich zeichnete hierfür der Vorsitzende des Board of Directors der L, der gleichzeitig Managing Director der D war. - Die L wurde im September 1990 durch Erteilung des entsprechenden Zertifikats vom irischen Finanzministerium als IFSC-Gesellschaft anerkannt.
Im September 1990 beteiligte sich die Klägerin in vergleichbarer Weise mit einer Einlage (15,8 v.H. des Stammkapitals, den Rest hielten deutsche Banken) an einer weiteren IFSC-Gesellschaft I. Diese verfügte über neben ihrem Board of Directors, der sich vorwiegend aus irischen Staatsbürgern zusammensetzte und dessen Sitzungen in Dublin stattfanden, über keine weiteren Mitarbeiter. Die Anlagegeschäfte wurden aufgrund eines Managementvertrages von der X-Bank abgewickelt. Da die geplanten Handelsaktivitäten nicht erreicht wurden, wurde die I 1992 liquidiert.
In den Streitjahren 1990 und 1991 erzielte die Klägerin aus diesen beiden Engagements Beteiligungserträge von brutto 403 940 DM (1990) und 1 745 340 DM (1991) bei der L sowie 7 594 DM (1990) und 457 235 DM (1991) bei der I. Für diese Gewinnausschüttungen beanspruchte sie gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom —DBA-Irland— (BGBl II 1964, 267, BStBl I 1964, 320), wegen des dort vereinbarten Schachtelprivilegs von der deutschen Körperschaftsteuer freigestellt zu werden.
Die dagegen gerichtete Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass die streitigen Beträge grundsätzlich der deutschen Körperschaftsteuer unterlägen und nicht gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland steuerbefreit seien. Die Zwischenschaltung der irischen Gesellschaften erfülle den Tatbestand des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977). Es liege ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts vor. Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) müsse allerdings die in Irland gezahlten Gesellschafts- und Körperschaftsteuern, management fees und Provisionen als weitere Betriebsausgaben berücksichtigen. Blieben nämlich die Einschaltung der irischen Zwischengesellschaft und damit der reale Sachverhalt für die steuerliche Zuordnung der erzielten Einkünfte unbeachtlich, so sei allein von dem fingiert zugrunde zu legenden Sachverhalt auszugehen. Da die Klägerin die genannten Steuern und Beträge tatsächlich als (vergebliche) Aufwendungen geleistet habe, seien sie in Abzug zu bringen. - Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1442 wiedergegeben.
Ihre Revisionen stützen die Klägerin und das FA auf Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide in der Weise zu ändern, dass das Einkommen in 1990 um 411 534 DM und in 1991 um 2 445 804 DM gemindert wird, sowie die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Das dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetretene Finanzministerium (FinMin) Baden-Württemberg hat sich dem Vorbringen des FA angeschlossen, ohne eigene Anträge zu stellen.
II. Die Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Das FG ist im Ergebnis davon ausgegangen, dass die Zwischenschaltungen der irischen L und I den Tatbestand des § 42 AO 1977 erfüllen. Es liege ein Gestaltungsmissbrauch des Rechts vor, was zur Folge habe, dass die in Rede stehenden Kapitalerträge nicht der L und der I, vielmehr unmittelbar der Klägerin zuzurechnen seien und bei dieser der inländischen Besteuerung unterfielen. Dem ist nicht beizupflichten; die Erkenntnis des FG wird von den tatrichterlich getroffenen und den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen nicht getragen; es widerspricht den gesetzlichen Zusammenhängen zwischen § 7 ff. des Außensteuergesetzes (AStG) einerseits und § 42 AO 1977 andererseits.
a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. , BFHE 115, 107, BStBl II 1975, 553; vom I R 201/82, BFHE 146, 158, BStBl II 1986, 496; vom I R 105/89, BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029; vom I R 40/89, BFHE 166, 323, BStBl II 1992, 1026; , BFHE 120, 116, BStBl II 1977, 263; vom VIII R 11/77, BFHE 132, 198, BStBl II 1981, 339) erfüllt die Zwischenschaltung von Basisgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft im niedrig besteuernden Ausland den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs, wenn für ihre Zwischenschaltung in bestimmte Rechtsgestaltungen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen. Die Rechtsprechung ist Ausdruck des Grundsatzes, dass das Steuerrecht grundsätzlich die gewählte zivilrechtliche Gestaltung respektiert. Dies gilt jedoch nicht für solche Gestaltungen, die nur der Manipulation dienen. Sie können der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn mit ihnen ein angemessener wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird.
b) Der Senat ist des Weiteren davon ausgegangen, dass die Anwendung des § 42 AO 1977 aus logischen Gründen vorrangig vor derjenigen der §§ 7 ff. AStG sei (Senatsurteile in BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029, und in BFHE 166, 323, BStBl II 1992, 1026). Er hat diesen Vorrang aus den unterschiedlichen Rechtsfolgen abgeleitet: §§ 7 ff. AStG behandeln die ausländische Zwischengesellschaft als Einkünfteerzielungssubjekt. Die von diesem Subjekt erzielten Zwischeneinkünfte werden so behandelt, als ob sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausgeschüttet worden wären. § 42 AO 1977 setze jedoch —ebenso wie bereits § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes —EStG— (vgl. dazu in diesem Zusammenhang P. Fischer, Steuer und Wirtschaft International —SWI— 1999, 104, 105 f.)— logisch früher an, nämlich schon bei der Einkünfteerzielung im steuerlichen Sinne. Es sei die Rechtsfolge dieser Vorschriften, dass die Zwischeneinkünfte nicht von der Zwischengesellschaft, sondern von den hinter dieser stehenden Gesellschaftern erzielt würden. Diese steuerliche Zuordnung schließe es aus, die Einkünfte noch einmal als Zwischeneinkünfte der Zwischengesellschaft zuzurechnen und sie gemäß §§ 7 ff. AStG zu erfassen. Der Senat hat den so verstandenen Vorrang des § 42 AO 1977 jedoch wieder eingeschränkt, indem er darauf hingewiesen hat, dass § 42 AO 1977 einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts voraussetze, der am Gesetzeszweck der §§ 7 ff. AStG zu messen sei. Diese Vorschriften seien darauf angelegt, auch und gerade der ”Steuerflucht” durch Einschaltung sog. Basisgesellschaften zu begegnen. Aus diesen Zwecken sei abzuleiten, dass das bloße Erzielen von Einkünften aus passivem Erwerb für sich genommen keinen Missbrauchsvorwurf rechtfertigen könne, sondern nur die Hinzurechnungsbesteuerung auslöse. Um § 42 AO 1977 daneben anwenden zu können, müssten deshalb weitere Umstände hinzutreten, die die Gestaltung als missbräuchlich kennzeichnen, was insbesondere bei Einschaltung bloßer Briefkastenfirmen der Fall sei.
c) Nach dieser Rechtsprechung bleibt es im Streitfall im Grundsatz bei den in §§ 7 ff. AStG i.V.m. Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa DBA-Irland bestimmten Rechtsfolgen, also —zunächst— der Hinzurechnung der von der L und der I erwirtschafteten Kapitaleinkünfte gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 AStG und —sodann— der Freistellung der hinzugerechneten Beträge gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland, § 10 Abs. 5 AStG, bezogen auf die I i.V.m. § 26 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes —KStG— in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung. Die dagegen gerichteten Erwägungen des FG und des FA, die L und die I seien als ausländische Basisgesellschaften in rechtsmissbräuchlicher Weise nur zu dem Zwecke eingeschaltet worden, um die Klägerin in den Genuss des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs gelangen zu lassen (sog. rule shopping, vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 1 Rz. 68 f.), und die fraglichen Kapitalerträge seien deshalb ihr und nicht der L bzw. der I zuzurechnen, sind nicht tragfähig.
aa) Zwar erzielten beiden Gesellschaften nach den getroffenen Feststellungen nur passive Einkünfte. Sie sind jedoch keine bloße Briefkastengesellschaft. Solche wären in Irland im Rahmen des IFSC auch nicht anerkannt worden (vgl. Rosenthal in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Irland, Vor Art. I Rz. 38; ferner Tulloch, DB 1992, 1444, 1449). Ihre ”Passivität” beschränkte sich vielmehr darauf, das Kapitalanlagegeschäft zu betreiben. Zu diesem Zweck verfügten sie jeweils über einen eigenen Board of directors, dem die eigentliche Entscheidung darüber, in welcher Weise das Kapital anzulegen war, oblag und die dieser auch —im Einvernehmen mit den Gesellschaftern— wahrnahm. Damit ist weder die L noch die I eigenwirtschaftlich funktionslos. Sie überlassen vielmehr auf eigene Rechnung und Gefahr Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung und beziehen dadurch entsprechende —eigene— (positive oder auch negative) Einkünfte.
bb) Dass die Ausführung der einzelnen Anlagegeschäfte in wesentlichen Bereichen der D bzw. der X-Bank überlassen worden ist, vermag daran nichts zu ändern. Es ist im Kapitalanlagegeschäft üblich, sich einschlägig versierter Dienstleistender, in erster Linie Banken und Kreditinstitute, zu bedienen, die getroffene Anlageentscheidung —auch in Zusammenarbeit mit diesen— vorzubereiten und sodann durch diese durchführen zu lassen. Im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen IFSC-Förderung ist insbesondere der Abschluss entsprechender Managementverträge regelmäßig sogar Förderungsvoraussetzung (vgl. Raupach/ Burwitz in Steuerrecht und europäische Integration, Festschrift für Rädler, a.a.O., S. 539 ff.). Die im Streitfall gewählte Vorgehensweise ist sonach für Kapitalanlagegeschäfte geradezu typisch; sie rechtfertigt ohne Hinzutreten weiterer, hier nicht ersichtlicher Umstände, wie sie bei bloßen Briefkastenfirmen bestehen mögen (siehe dazu den Sachverhalt, über den der Senat durch Urteil in BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029 entschieden hat; ferner , BFHE 184, 329, BStBl II 1998, 163), keine von den zivilrechtlichen Vorgaben abweichende steuerliche Zuordnung (s.a. Rosenthal in Debatin/Wassermeyer, ebenda; Tulloch, DB 1992, 1444, 1449).
Insbesondere lässt sich nichts daraus herleiten, dass die L bzw. die I in Irland keine besonderen sächlichen und personellen Voraussetzungen für die Unterhaltung von Geschäftsbetrieben vorhielten. Gleichermaßen ist es unbeachtlich, dass die I ihre Tätigkeit bereits in 1992 eingestellt hat und sie liquidiert wurde; die steuerliche Anerkennung einer Kapitalanlagegesellschaft kann nicht davon abhängen, ob sie erfolgreich arbeitet bzw. —über einen Managementvertrag— arbeiten lässt. Und schließlich ist nach den vom FG getroffenen Feststellungen nicht erkennbar, dass die beiden Anlagegesellschaften der Klägerin gegenüber lediglich treuhänderisch tätig geworden wären; sie handelten danach vielmehr —dem Zweck einer Kapitalanlagegesellschaft entsprechend—, indem sie bei ihnen eingelegtes Geld im eigenen Namen (vgl. insoweit zum Begriffsverständnis auch § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften —KAGG—) verwalteten.
cc) In Anbetracht dessen übersieht die Vorinstanz, dass das Außensteuergesetz (jedenfalls in seiner noch für das Streitjahr maßgeblichen Fassung) gerade die Einschaltung derartiger, passiv tätiger Kapitalanlagegesellschaften uneingeschränkt akzeptiert und einem Missbrauchsverdikt entzieht (Senatsurteile in BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029; BFHE 166, 323, BStBl II 1992, 1026). Deutlich wird dies vor allem an der Einfügung des § 10 Abs. 6 AStG durch das Steueränderungsgesetz 1992 —StÄndG 1992— (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146), wonach Abs. 6 der Vorschrift mit erstmaliger Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1992 an (vgl. § 21 Abs. 7 AStG i.d.F. des StÄndG 1992) —und auch seitdem keineswegs generell, vielmehr nur unter bestimmten, begrenzenden Voraussetzungen— bei der Beteiligung an einer Kapitalanlagegesellschaft und daraus erzielten ”Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter” (vgl. dazu die Legaldefinition in § 10 Abs. 6 Satz 2 AStG i.d.F. des StÄndG 1992) unanwendbar bleibt. Ausdrückliches Ziel dieser Gesetzesänderung war es, die Erzielung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter zu bekämpfen (vgl. BTDrucks 12/1506, 181), und zwar gerade im Hinblick auf die irischen IFSC-Gesellschaften. Auch nach Auffassung des Gesetzgebers ließ sich dieses Ziel früherer Rechtslage nach offenbar nicht erreichen. Im Übrigen zeigt die Neuregelung des § 10 Abs. 6 AStG, dass infolge des darin gesetzlich vermuteten Missbrauchsvorwurfs nicht etwa eine anderweitige Rechtszuordnung der betreffenden Einkünfte vorgenommen wird. Vielmehr verbleibt es —wenn auch vorbehaltlich abweichender steuerlicher Zuordnungsvorschriften, wie §§ 39, 42 AO 1977 (Flick/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Kommentar zum Außensteuerrecht, 6. Aufl., § 10 AStG Anm. 209, 212; Vogel in Cagianut/Vallender, Steuerrecht, Festschrift Ernst Höhn, 1995, 461, 476 ff.)— bei der grundsätzlichen Zuordnungsentscheidung des Außensteuergesetzes, also der Zuordnung bei der ausländischen Kapitalanlagegesellschaft. Statt dessen setzt das Gesetz in seinen Rechtsfolgen bei dem inländischen Anteilseigner an und versagt diesem nunmehr lediglich die abkommensrechtliche Schachtelvergünstigung. - Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Einschaltung passiv tätiger Kapitalanlagegesellschaften im Grundsatz den Regelungen der §§ 7 ff. und damit auch des § 10 Abs. 5 AStG unterfiel. Diesen spezifisch außensteuerlichen Wertungszusammenhängen gilt es bei Anwendung des § 42 AO 1977 Rechnung zu tragen.
dd) Unabhängig davon zeigt sich auch andernorts, dass der deutsche Gesetzgeber ”das sog. Outsourcing im Bereich der Vermögensanlage und -verwaltung…institutionalisiert und typisiert” hat (so Sorgenfrei, Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht —EWS— 1998, 413), und zwar auch und sogar unter Verwendung eines eigenwirtschaftlich funktionslosen Vermögenspools, nämlich in § 1 KAGG, der insbesondere in seinem Abs. 2 Anlagegesellschaften in Gestalt an sich funktionsloser Spezialfonds anerkennt. Es wäre ein Wertungswiderspruch, die Einschaltung einer im Ausland, zumal in einem EU-Staat, ansässigen eigenständigen Kapitalgesellschaft mit vergleichbarer Zwecksetzung demgegenüber als missbräuchlich anzusehen, wenn dadurch genau jene Rechtsfolgen ausgelöst werden, die das Gesetz (in §§ 7 ff. AStG) —auch— für derartige Kapitalanlagegesellschaften vorsieht (siehe insoweit auch —im Hinblick auf § 10 Abs. 5 AStG— zur Gleichbehandlung der Erträge aus- und inländischer Investmentfonds nach dem Gesetz über Kapitalanlagesellschaften und dem Auslandsinvestitionsgesetz Finanz-Rundschau 1999, 1084, und vom , BStBl I 1998, 367).
Der Einwand des FG, gleichgelagerte Fallgestaltungen seien im Inland nicht denkbar, weil sich hier kein Steuervorteil ergeben könne, überzeugt insoweit nicht. Zum einen ist es durchaus denkbar, dass auch ein innerstaatliches ”Outsourcing” steuerliche und sonstige wirtschaftliche Vorteile nach sich ziehen kann (beispielsweise bei Einbringung in Stiftungsgesellschaften oder bei Kapitalanlagen im Beitrittsgebiet), ohne dass dies von der deutschen Steuerrechtsordnung grundsätzlich missbilligt würde (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 184, 329, BStBl II 1998, 163). Zum anderen geht es darum auch gar nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass das Erzielen von Einkünften aus passivem Erwerb durch Anlagegeschäfte für sich genommen nach der Gesetzeskonzeption des Außensteuergesetzes stets eine Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG auslöst und keinen Missbrauchsvorwurf rechtfertigt.
ee) In Einklang hiermit sind die von der L und der I erzielten Kapitalerträge diesen und nicht —weder in unmittelbarer Anwendung von §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1 EStG noch über § 42 AO 1977— der Klägerin zuzurechnen. Sehen die gesetzlichen Regelungen die Gewährung abkommensrechtlicher Vergünstigungen vor, die ihrerseits, wie vorliegend das Schachtelprivileg gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland, ebenfalls nicht unter dem Vorbehalt einer Aktivitäts- oder Produktivitätsklausel stehen, so ist hiernach unabhängig davon zu verfahren, ob dies zu Lasten des inländischen Steuergläubigers gehen kann. § 10 Abs. 5 AStG i.V.m. Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland verdeutlicht, dass im Streitjahr genau dieses Ergebnis dem gesetzgeberischen Willen entsprach (so auch Rosenthal in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., Irland, Art. XXII Rz. 65; P. Fischer, DB 1996, 644, 645 Fn. 12). Bleiben hier Rechtsfolgelücken, so wäre es Sache des Gesetzgebers, diese in den insoweit vorrangigen Regelungen des Außensteuergesetzes und des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens zu schließen; eventuelle Zweifel an den Auswirkungen der steuerlichen Beihilfen für IFSC-Gesellschaften hätte die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) im Rahmen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeaufsichtsverfahrens geltend machen müssen (im Ergebnis ebenso Rosenthal in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Irland, Vor Art. I Rz. 50; Sorgenfrei, EWS 1998, 408; Scherer, Doppelbesteuerung und Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1995, S. 220 f.; Koschyk, a.a.O., S. 266; P. Fischer, ebenda; Vogel in Cagianut/Vallender, a.a.O., 461, 477 f.).
ff) Folglich stellt sich auch nicht die Frage, ob für ein derartiges ”Outsourcing” von Anlagekapital im niedrig besteuerten Ausland wirtschaftliche, außersteuerliche Gründe maßgeblich waren, oder ob es der Klägerin möglich gewesen wäre, ihr Kapital in vergleichbarer Weise ”durch eine Direktbeauftragung der D bzw. der X-Bank und der irischen Depotbank” anzulegen (so aber die Vorinstanz und —dem folgend— Höppner, IWB F. 3a Rechtsprechung Gr. 1, 632 und 640, in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1996/97, 147 ff., 192, und in Steuerrecht und europäische Integration, Festschrift für Rädler, 1999, S. 305 ff.). Bei Einschaltung einer Kapitalanlagegesellschaft im Ausland, insbesondere in einem EU-Mitgliedsstaat, bedarf es solcher Gründe regelmäßig ebenso wenig wie bei Einschaltung derselben im Inland.
2. Auf die weiteren, insbesondere von der Klägerin angestellten Überlegungen zur Normenkollision und zur Vereinbarkeit zwischen §§ 7 ff. AStG und § 42 AO 1977 einerseits und den Regelungen des EG-Vertrages, vor allem dessen Art. 52 betreffend die Niederlassungsfreiheit (= Art. 43 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam) und deren Art. 67 ff. betreffend die Freiheit des Kapitalverkehrs (= Art. 56 ff. nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam), andererseits, braucht nicht eingegangen zu werden (vgl. dazu umfassend Rosenthal in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., Vor Art. I Rz. 51; Sorgenfrei, EWS 1998, 408, 413 f.; Kraft, Internationales Steuerrecht —IStR— 2000, 11; Koschyk, a.a.O., S. 211; Blumenberg/Lausterer in Festschrift für Rädler, a.a.O., S. 1 ff., 26). Das Gleiche gilt für die vom FA aufgeworfenen Fragen nach der Reichweite der angemessenen Sachverhaltsfiktion gemäß § 42 Satz 2 AO 1977 im Anschluss an eine als rechtsmissbräuchlich angenommene Gestaltung nach Satz 1 der Vorschrift, vorliegend also die Frage nach der Abzugsfähigkeit der in Irland angefallenen Aufwandspositionen.
3. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung weicht von jener des erkennenden Senats ab. Ihr Urteil war aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Die Sache muss an das FG zurückverwiesen werden, damit dieses den Sachverhalt weiter aufklären kann.
Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass das Schachtelprivileg gemäß Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 DBA-Irland nur für Dividenden gewährt wird, die einer in der Bundesrepublik ansässigen Kapitalgesellschaft von einer in Irland ansässigen Kapitalgesellschaft gezahlt werden. Die Finanzverwaltung (einheitlicher Bund-Länder-Erlass vom , z.B. BMF-Schreiben, BStBl I 1999, 698; FinMin Niedersachsen, GmbH-Rundschau 1999, 1162) nimmt dazu an, das Privileg gelte, wie sich aus der englischen Abkommensfassung ergebe, nur für irische ”companies limited by shares”. Dem ist beizupflichten (anders Häuselmann, IStR 2000, 8). Zwar erläutert der Abkommenstext den Begriff company limited by shares bezogen auf die in der Bundesrepublik ansässigen Gesellschaft durch den Klammerzusatz ”Kapitalgesellschaft”. Für die —im Streitfall ausschlaggebende— irische Beteiligungsgesellschaft fehlt dieser Zusatz aber. Dies lässt die Folgerung zu, dass die in Irland ansässige Gesellschaft die Voraussetzungen einer company limited by shares erfüllen muss. Dass der deutsche Text eine entsprechende Unterscheidung nicht nachvollzieht und uneingeschränkt von ”Kapitalgesellschaften” ausgeht, ändert daran nichts. Denn die begrifflichen Unterschiede wecken Zweifel und im Zweifel ist laut Schlussklausel des DBA-Irland die englische Textfassung die maßgebende.
Um eine company limited by shares handelt es sich entsprechenden Verlautbarungen nach (vgl. BStBl I 1999, 1076, Tabelle 1, S. 1116) —allein— bei der Public sowie der Private Company limited by shares, abgekürzt PrC. und PLC., nicht aber bei der Limited Partnership (abgekürzt: Ltd.), auch nicht bei der Unlimited Company, unabhängig davon, dass letztere als inländische juristische Person i.S. von § 1 Abs. 1 KStG zu qualifizieren und dementsprechend zu besteuern ist (vgl. z. B. Senatsurteil vom I R 228/81, nicht veröffentlicht; Rosenthal in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., Vor Art. I Irland Rz. 17; Beckmann, daselbst, Vor Art. I Großbritannien Rz. 11; Recht der Internationalen Wirtschaft —RIW— 1995, 961; RIW 1997, 1066). Im Streitfall handelt es sich bei der L und der I ausweislich der tatrichterlichen Feststellungen jeweils um eine ”Ltd.”, was die Gewährung des Schachtelprivilegs dem vorstehenden BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 698 ausschlösse und die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 7 i.V.m. § 10 Abs. 1 AStG zur Folge hätte. Andererseits gehen die Beteiligten —ohne jedoch letzte Erkenntnisse hierüber zu haben— davon aus, dass die L und die I dennoch companies limited by shares seien (vgl. ebenso zur ”Ltd.” Häuselmann, ebenda; Albrecht, IWB F. 5 Irland Gr. 3, 13, 14 und 33, 36). Darauf könnte hindeuten, dass von ihnen bei Gründung irische Verkehrsteuer gezahlt werden musste. Im Einzelnen bleiben indes Ungewissheiten, denen vom FG noch nachzugehen ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 824 Nr. 7
VAAAA-65355