Gründe
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) —eine GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer der Steuerberater A ist— erhob am beim Finanzgericht (FG) u.a. wegen auf Schätzungen beruhender Steuerbescheide Klage gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—). Das FG forderte die Klägerin durch Schreiben vom unter Fristsetzung gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf, innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Schreibens den Gegenstand ihres Klagebegehrens zu bezeichnen. Da die Klägerin auf diese Fristsetzung nicht reagierte, wies das FG die Klage durch Gerichtsbescheid vom als unzulässig ab. Am Erlass des Gerichtsbescheids wirkte u.a. der Richter am FG C mit. Seine Bestellung zum Berichterstatter in dem Rechtsstreit hatte C der Klägerin durch Schreiben vom mitgeteilt.
Am beantragte die Klägerin fristgerecht mündliche Verhandlung, die das FG daraufhin auf den terminierte. Mit Schriftsatz vom lehnte die Klägerin C wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung verwies sie auf die dem FG aus anderen Verfahren bekannten Spannungen zwischen C und ihrem Geschäftsführer A, die bereits in der Vergangenheit Grund für erfolgreiche Ablehnungsgesuche einiger Mandanten des A gewesen seien.
Das FG wies das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des C als unzulässig ab (Beschluss vom ). Es vertrat die Auffassung, die Klägerin könne gemäß § 43 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i.V.m. § 51 Abs. 1 FGO C nicht mehr wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen, da sie am mündliche Verhandlung beantragt habe, ohne die ihr schon vorher bekannten Ablehnungsgründe geltend zu machen.
2. Mit Schriftsatz des A vom hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den Beschluss vom aufzuheben und das Ablehnungsgesuch für begründet zu erklären.
3. Die Beschwerde war als unbegründet zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG entschieden, dass das Ablehnungsgesuch vom unzulässig ist. Die Klägerin hatte ihr etwaiges Recht, C wegen der mit dem Gesuch geltend gemachten Ablehnungsgründe abzulehnen, am bereits gemäß § 43 ZPO i.V.m. § 51 Abs. 1 FGO verloren.
a) Nach § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter nicht mehr wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Ein Antrag im Sinne der Vorschrift ist auch ein Antrag gemäß § 90a Abs. 2 FGO auf mündliche Verhandlung (s. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom X B 81/93, BFH/NV 1994, 498; vom X B 150/93, BFH/NV 1994, 883; Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., 1995, § 51 FGO Rz. 90; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 51 Rz. 32).
b) Die Klägerin hat ihr Ablehnungsgesuch vom ausschließlich auf Gründe gestützt, die ihrem Geschäftsführer A bereits am —dem Tag, an dem die Klägerin den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat— bekannt waren. Dies ist unstreitig.
Weder im Schriftsatz vom noch in früheren den Rechtsstreit betreffende Schreiben des A hat die Klägerin Ablehnungsgründe geltend gemacht. Zwar war C bereits vor dem in anderen Verfahren von Mandanten des A mit Erfolg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden. Dies ließ aber nicht den Schluss zu, auch die Klägerin werde C ablehnen. Erst recht nicht ließ es den Schluss zu, die Klägerin habe C abgelehnt.
Spätestens aufgrund des die Akteneinsicht betreffenden Schreibens des C an die Klägerin vom war A auch bekannt, dass C zum Berichterstatter für den Rechtsstreit bestellt worden war, also voraussichtlich auch künftig an dem Verfahren mitwirken würde. Ob A bereits vorher durch das Schreiben vom Kenntnis von der Bestellung des C zum Berichterstatter hatte oder ob dieses Schreiben —wie die Klägerin vorgetragen hat— ihr nicht vorliegt, kann daher ungeklärt bleiben.
c) Dass die Frist für den Antrag auf mündliche Verhandlung am ablief und die Klägerin somit spätestens an diesem Tag den Antrag stellen musste, falls sie Rechtsnachteile vermeiden wollte, steht der Anwendung des § 43 ZPO nicht entgegen. Es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet worden, dass sie wegen des Fristablaufs die Ablehnungsgründe nicht bereits zeitgleich mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung hätte geltend machen können (s.a. , BFH/NV 1997, 671).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 984 Nr. 8
XAAAA-65295