Gründe
I. Mit Schreiben vom erhob der Steuerberater S namens der Kläger und Revisionskläger (Kläger) beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) Klage ”wegen Lohnsteuer 1983” und bat das FA, die sich bei den Steuerakten befindliche Prozessvollmacht dem Gericht zusammen mit dem Klageschriftsatz im Original zu übersenden. Dem kam das FA nach. In der —vom FA— vorgelegten und von den Klägern unterschriebenen Vollmacht bevollmächtigten diese S, sie u.a. vor allen Gerichten zu vertreten. Sie enthält weder ein Datum noch einen Bezug zum streitgegenständlichen Verfahren.
Da allein gegenüber dem Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) mehr als 70 von S durch Blankovollmacht vertretene Kläger auf Anfrage erklärt hatten, dass S ohne ihren Auftrag und zum Teil gegen ihren Willen Klagen erhoben habe, fragte das FG auch bei den Klägern persönlich an, ob sie S zur Führung dieses Rechtsstreites bevollmächtigt und beauftragt hätten. Für den Fall der Nichtbeantwortung kündigte das FG an, von keiner Bevollmächtigung des S durch die Kläger auszugehen und die Klage mangels wirksamer Prozessvollmacht als unzulässig zu verwerfen. S erhielt Abdruck dieser Anfrage.
Nachdem die Kläger dem FG nicht antworteten, wies das FG die Klage als unzulässig ab, erlegte S die Kosten des Rechtsstreits auf und ließ die Revision zu.
S legte für die Kläger —unter Vorlage einer (undatierten) Vollmacht— Revision ein, mit der er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Er rügt Verletzung der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 19 Abs. 4, 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), der §§ 76, 62 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und beantragt, von einer Kostenentscheidung gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) abzusehen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist antragsgemäß an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
1. Das FG hat die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Die im Klageverfahren vorgelegte Vollmachtsurkunde genügt den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Nachweis der Bevollmächtigung des S durch die Kläger. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das in einer Parallelsache ergangene Urteil des Senats vom XI R 87/98 (BFH/NV ..., ...) Bezug genommen.
Dieser Rechtsstreit unterscheidet sich zwar im Sachverhalt von dem der beiliegenden Entscheidung insoweit, als hier dem FG die Prozessvollmacht nicht vom Bevollmächtigten, sondern vom FA auf Bitten des Bevollmächtigten zusammen mit der nach § 47 Abs. 2 FGO erhobenen Klage vorgelegt wurde. Dieser Unterschied ist jedoch nicht entscheidungserheblich, obgleich die zu den Steuerakten eingereichte Vollmacht inhaltlich nicht ausreichend spezifiziert war, insbesondere keine Angaben zum Streitgegenstand enthielt. Es ist nunmehr in ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anerkannt, dass eine inhaltlich nicht ausreichend spezifizierte Vollmacht durch Angaben des Bevollmächtigten selbst vervollständigt werden kann. Dies kann durch Angaben des Bevollmächtigten auf der Vollmachtsurkunde, aber auch durch ein an das FG gerichtetes Begleitschreiben erfolgen, dem die Vollmacht beigefügt wird (vgl. z.B. , BFHE 185, 126, BStBl II 1998, 445). Dasselbe muss aber gelten, wenn die Klage nicht bei Gericht, sondern nach § 47 Abs. 2 FGO beim FA angebracht und das FA vom Bevollmächtigten gebeten wird, die sich in den Steuerakten befindliche Prozessvollmacht mit der Klageschrift an das FG weiter zu leiten. Auch spricht das Verhalten des FA im Streitfall, das dem FG die Vollmacht vorgelegt hat, dafür, dass ein konkreter Bezug der in den Steuerakten befindlichen Vollmacht zum streitgegenständlichen Rechtsstreit hergestellt werden kann.
2. Die Kostenentscheidung ist nach § 143 Abs. 2 FGO auf das FG zu übertragen. Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Revisionsverfahren kann nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen werden.
Eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG liegt vor, wenn das Gericht gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat und dies offen zutage tritt oder wenn dem Gericht ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V E 2/98, BFH/NV 1999, 72; vom I S 24/94, BFH/NV 1996, 61). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der BFH hat wiederholt entschieden, dass das FG Zweifeln an der Bevollmächtigung eines als Vertreter auftretenden Beraters nachgehen muss (vgl. z.B. , BFHE 164, 210, BStBl II 1991, 726; in BFHE 185, 126, BStBl II 1998, 445; , BFHE 180, 520). Da die Kläger bei einem Unterliegen die Kosten der Klage zu tragen haben (§ 135 Abs. 1 FGO) und S nach den Feststellungen des FG in einer Vielzahl von Fällen nicht zur Führung des konkreten Klageverfahrens bevollmächtigt war, entsprach es der Fürsorgepflicht des FG, bei den Klägern Rückfrage zu nehmen. Allein die Tatsache, dass der erkennende Senat anders als das FG im Ergebnis eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des S durch die Kläger bejaht, rechtfertigt nicht, von einer Erhebung von Gerichtsgebühren nach § 8 GKG abzusehen (vgl. z.B. , BFH/NV 1996, 575). Der Streitfall unterscheidet sich insoweit von der Entscheidung des VI. Senats des (Deutsches Steuerrecht 1999, 542), als hier die Revisionszulassung durch das FG zweifelsfrei zulässig war.
Der Senat hat es für sachgerecht gehalten, durch Gerichtsbescheid nach §§ 121, 90a FGO zu entscheiden.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 171 Nr. 2
QAAAA-65228