Sozialgerichtliches Verfahren - Rechtsweg - Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das BSG bei sog negativen rechtswegübergreifenden Kompetenzkonflikt - Verweisungsbeschluss - Bindungswirkung - Durchbrechung
Gesetze: § 58 Abs 1 Nr 4 SGG, § 17a Abs 2 S 1 GVG, § 17a Abs 2 S 3 GVG
Instanzenzug: Az: S 30 AS 1842/15 Beschluss
Gründe
1I. In dem Verfahren geht es um eine Klage auf Erstattung überzahlter Rechtsanwaltsgebühren. Der Kläger hatte dem Beklagten auf einen Kostenfestsetzungsbeschluss hin Rechtsanwalts-gebühren bezahlt. Auf die Erinnerung wurde der Beschluss geändert und durch neuen Kostenfestsetzungsbeschluss die zu erstattende Anwaltsgebühr geringer festgestellt. Der Kläger fordert die danach zu viel gezahlten Rechtsanwaltsgebühren zurück. Der Beklagte verweigert die Rückzahlung. Das zunächst angerufene AG Lübben hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Cottbus verwiesen (Beschluss vom ). Das SG Cottbus hat sich ebenfalls für unzuständig erklärt und beim BSG beantragt, das zuständige Gericht zu bestimmen.
2II. Der Antrag ist zulässig. Das zuständige Gericht ist in entsprechender Anwendung von § 58 Abs 1 Nr 4 SGG zu bestimmen. Diese Vorschrift ist auch bei einem sogenannten negativen rechtswegübergreifenden Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige anwendbar, sofern sich die beiden beteiligten Gerichte jeweils für unzuständig erklärt haben ( - SozR 1500 § 58 Nr 4; ; ; ). Zwar unterliegt ein nach § 17a GVG ergangener und unanfechtbar gewordener Beschluss, mit dem ein Gericht den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen hat, nach dem Gesetz keiner weiteren Überprüfung. Doch ist eine - regelmäßig deklaratorische - Zuständigkeitsbestimmung im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege und der Rechtssicherheit dann geboten, wenn es innerhalb eines Verfahrens zu Zweifeln über die Bindungswirkung der Verweisung kommt und deshalb keines der in Frage kommenden Gerichte bereit ist, die Sache zu bearbeiten (vgl zur entsprechenden Anwendung von § 36 Abs 1 Nr 6 ZPO , MDR 2013, 1242 mwN; - NJW 2014, 2125). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil sowohl das AG Lübben als auch das SG Cottbus den Rechtsweg zum jeweils anderen Gerichtszweig für gegeben halten.
3Das BSG ist hier als der für einen der beteiligten Gerichtszweige zuständige oberste Gerichtshof für die Bestimmung zuständig, weil es vom SG Cottbus als erster oberster Gerichtshof um die Entscheidung angegangen worden ist.
4Das SG Cottbus ist zum zuständigen Gericht zu bestimmen. Ein nach § 17a GVG ergangener Beschluss, mit dem ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Gericht eines anderen Rechtswegs verwiesen hat, ist einer weiteren Überprüfung entzogen, sobald er unanfechtbar geworden ist. Ist das zulässige Rechtsmittel nicht eingelegt worden oder ist es erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden, ist die Verweisung für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs gemäß § 17a Abs 2 S 3 GVG bindend (so - RdNr 4; - RdNr 7; - MDR 2013, 1242; - NJW 2014, 2125).
5Der Verweisungsbeschluss des AG Lübben ist auch nicht unbeachtlich, er leidet nicht an einem schweren Mangel. Es kann offen bleiben, ob im Verfahren zur Bestimmung des Rechtswegs ein Verweisungsbeschluss vorliegt, der nach den Maßstäben überprüfbar ist, die von der Rechtsprechung für Verweisungsbeschlüsse wegen örtlicher Unzuständigkeit angewandt werden (vgl - SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4, - RdNr 5; - RdNr 9; - NJW 2014, 2125 mwN). Jedenfalls liegt weder der dort vorausgesetzte Verstoß gegen elementare Verfahrensgrundsätze noch eine objektiv willkürliche Entscheidung des AG vor. Folglich bleibt es bei der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des AG an das SG, das über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden hat (vgl zum ganzen auch ).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2016:011116BB4SF316R0
Fundstelle(n):
QAAAF-90751