BGH Beschluss v. - VIII ZR 241/15

Revisionsverfahren in Zivilsachen vor dem Bundesgerichtshof: Beiordnung eines Notanwalts zur Erhebung einer Anhörungsrüge entgegen dem Rat des Prozessbevollmächtigten

Gesetze: § 78 Abs 1 S 3 ZPO, § 78b Abs 1 ZPO, § 321a Abs 2 S 1 ZPO, Art 103 Abs 1 GG

Instanzenzug: Az: VIII ZR 241/15 Urteilvorgehend Az: 3 S 40/13vorgehend Az: 3 S 40/13vorgehend Az: 3 S 40/13vorgehend Az: 21 C 316/11

Gründe

I.

1Die den Beklagten im Revisionsverfahren vertretenden Rechtsanwälte haben es abgelehnt, eine Anhörungsrüge gegen das vorgenannte Senatsurteil einzulegen, da diese offensichtlich unzulässig und damit aussichtslos sei. Ein Gehörsverstoß des Senats könne nicht dargelegt werden; der Umstand, dass der Senat der Rechtsauffassung des Beklagten nicht gefolgt sei, begründe keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

2Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Beklagten beantragt nunmehr, ihn als Notanwalt des Beklagten für die Durchführung des Verfahrens der Anhörungsrüge nach § 321a ZPO zu bestellen. Weiter beantragt er, das Revisionsverfahren auf die Anhörungsrüge hin fortzusetzen und dem Beklagten eine Frist zur Beauftragung eines bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zu setzen.

II.

31. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts für den Beklagten gemäß § 78b Abs. 1 ZPO ist zwar rechtzeitig innerhalb der Frist für die Einlegung einer Anhörungsrüge gestellt worden (§ 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Voraussetzungen des § 78b Abs. 1 ZPO für die Beiordnung eines Notanwalts sind jedoch nicht erfüllt.

4a) Die beantragte Beiordnung des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten als dessen Notanwalt kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil sich die Parteien vor dem Bundesgerichtshof durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Dies gilt auch für die - wie hier - im Revisionsverfahren erhobene Anhörungsrüge (vgl. Senatsbeschlüsse vom - VIII ZB 3/05, NJW 2005, 2017; vom - VIII ZB 91/14, juris Rn. 1; jeweils mwN [zur Rechtsbeschwerde]).

5b) Soweit der Antrag des Beklagten dahin zu verstehen sein sollte, dass hilfsweise die Beiordnung eines bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts als Notanwalt erstrebt wird, ist ihm der Erfolg ebenfalls zu versagen.

6aa) Mit dem vom Beklagten angestrebten Ziel kann die Bestellung eines Notanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO nicht gerechtfertigt werden. Die Anhörungsrüge gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs darf nach den gesetzlichen Vorschriften nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt erhoben und begründet werden; er trägt die Verantwortung für ihre Fassung. Die Beiordnung eines am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts allein zu dem Zweck, einen Rechtsbehelf entgegen dem Rat des Prozessbevollmächtigten einzulegen und durchzuführen und hierbei die rechtlichen Überlegungen des Beklagten zur Grundlage eines Begründungsschriftsatzes zu machen, würde dem Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung zuwiderlaufen, der darin besteht, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte Anwaltschaft zu stärken, die Rechtsuchenden kompetent zu beraten und den Bundesgerichtshof von unzulässigen Rechtsmitteln zu entlasten. Auch stünde eine solche Beiordnung im Widerspruch zur Eigenverantwortung des Rechtsanwalts (vgl. Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 175/12, juris Rn. 2; vom - VIII ZR 239/12, NJW 2013, 1011 Rn. 4; MünchKommZPO/Toussaint, 5. Aufl., § 78b Rn. 7; jeweils mwN).

7bb) Die Beiordnung eines Notanwalts kommt hier im Übrigen auch deshalb nicht in Betracht, weil die Rechtsverfolgung aus den im Schreiben der den Beklagten im Revisionsverfahren vertretenden Prozessbevollmächtigten vom genannten Gründen aussichtslos erscheint (§ 78b Abs. 1 ZPO). Das Vorbringen in der vom zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten gefertigten Antragsschrift vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern.

82. Dem Antrag des Beklagten, ihm eine Frist zur Beauftragung eines bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zu setzen, war nicht zu entsprechen. Das Gesetz sieht eine solche Fristsetzung nicht vor. Zudem ist der Beklagte bereits durch seine bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte vertreten.

93. Die gemäß § 321a Abs. 1 ZPO statthafte und innerhalb der Frist des § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO eingelegte Anhörungsrüge ist unzulässig, weil sie nicht durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist. Die Anhörungsrüge ist im Übrigen auch deshalb unzulässig, weil es an der gesetzlich vorgeschriebenen Darlegung (§ 321a Abs. 2 Satz 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) einer neuen eigenständigen und entscheidungserheblichen Gehörsverletzung durch den Senat (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 79/15, juris Rn. 2 ff., und VIII ZR 46/15, juris Rn. 2 ff.; jeweils mwN) fehlt (siehe zu dem als - vermeintlich - übergangen gerügten Vorbringen des Beklagten insbesondere die Rn. 9, 12, 15 ff., 23 bis 26 und 32 des angegriffenen Senatsurteils).

10Die Anhörungsrüge wäre im Übrigen aus den vorstehenden Erwägungen zumindest auch unbegründet. Daraus ergibt sich zugleich, dass der Senat den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:131216BVIIIZR241.15.0

Fundstelle(n):
NJW-RR 2017 S. 187 Nr. 3
NJW-RR 2017 S. 187 Nr. 3
XAAAF-90069