BAG Urteil v. - 5 AZR 220/16

Instanzenzug: Az: 3 Ca 261/15 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 18 Sa 1844/15 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs durch Sonderzahlungen und die Auswirkungen des Mindestlohngesetzes auf arbeitsvertraglich vereinbarte Entgeltbestandteile.

2Die Klägerin ist seit 1992, zuletzt als Mitarbeiterin in der Cafeteria, bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich beschäftigt.

3Der schriftliche Arbeitsvertrag regelt - inhaltsgleich mit weiteren Arbeitsverträgen der Arbeitnehmer der Beklagten - ua.:

4Die Beklagte schloss mit dem Betriebsrat am 8./ eine „Betriebsvereinbarung Inkrafttreten Mindestlohngesetz“ (im Folgenden BV Mindestlohn), die ua. bestimmt:

5Mitte Dezember 2014 versandte die Beklagte an alle Arbeitnehmer Änderungsverträge, die eine Erhöhung des Monatsentgelts um 2 % ab und eine anteilige Zahlung einer Jahressonderzahlung („13. Gehalt“) in jedem Monat vorsahen. Die Klägerin lehnte den Änderungsvertrag, anders als die weit überwiegende Mehrheit der Belegschaft, ab. Ende Januar 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die arbeitsvertragliche Regelung zur Rückzahlung zu viel gezahlten Urlaubs- und Weihnachtsgelds entfalle ersatzlos rückwirkend zum Jahresbeginn.

6Ab Januar 2015 zahlte die Beklagte der Klägerin neben dem Bruttogehalt iHv. 1.391,36 Euro monatlich weitere jeweils 57,97 Euro brutto, die sie mit „Urlaubsgeld 1/12“ und „Sonderzuwendung 1/12“ abrechnete, insgesamt 1.507,30 Euro brutto. Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen legte die Beklagte den vertraglichen Bruttostundenlohn iHv. 8,00 Euro zugrunde. Im Juni bis August, Oktober und November 2015 angefallene Überstunden vergütete die Beklagte ebenfalls auf der Basis von 8,00 Euro brutto/Stunde.

7Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin Zahlungs- und Feststellungsklage erhoben. Sie fordert weitere Vergütung für den Zeitraum von Januar bis November 2015.

8Die Klägerin meint, die Beklagte zahle den gesetzlichen Mindestlohn nicht in voller Höhe. Bei durchschnittlich 173,33 Stunden im Monat müsse das Bruttomonatsgehalt 1.473,33 Euro betragen. Die Jahressonderzahlungen seien nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar. Deren arbeitsvertraglich vereinbarte Fälligkeit könne nicht verändert werden. Die BV Mindestlohn sei unwirksam. Alle Entgeltbestandteile seien auf der Grundlage des Mindestlohns von 8,50 Euro/Stunde zu berechnen, Überstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten.

9Die Klägerin hat - soweit für die Revision relevant - beantragt,

10Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn sei erfüllt, die Zwölftelung der Jahressonderzahlungen zulässig. Zuschläge und Sonderzahlungen würden durch die gesetzliche Mindestlohnregelung nicht berührt und seien weiterhin nach dem arbeitsvertraglich Vereinbarten geschuldet.

11Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin im Wesentlichen zurückgewiesen und ihr (rechtskräftig) nur Nachtarbeitszuschläge iHv. 0,84 Euro brutto zugesprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Gründe

12Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht größtenteils zurückgewiesen. Der Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn ist erfüllt. Das Mindestlohngesetz hat die arbeitsvertraglich vereinbarten Entgeltbestandteile - wie Sonderzahlungen und Zuschläge für Sonderformen der Arbeit oder Arbeit zu besonderen Zeiten - nicht erhöht. Verzugszinsen kann die Klägerin nicht beanspruchen.

13I. Die Klage ist in den Zahlungsanträgen zulässig. Dagegen ist der Feststellungsantrag unzulässig.

141. Die Zahlungsanträge sind zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie sind auf konkrete Vergütungsdifferenzen über eine Zeit von elf Monaten gerichtet. Die Klage ist für den streitbefangenen Zeitraum als abschließende Gesamtklage zu verstehen (vgl.  - Rn. 12).

152. Der Feststellungsantrag ist unzulässig.

16Die von der Klägerin begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Abrechnung des Urlaubs- und Weihnachtsgelds betrifft kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO (zu den Anforderungen vgl.  - Rn. 12 mwN). Zwar sind die Gerichte gehalten, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird ( - Rn. 12 mwN). Doch scheitert jede Auslegung - etwa dahingehend, die Fälligkeit der Jahressonderzahlungen solle geklärt werden - am Wortlaut des Antrags.

17II. Die Zahlungsanträge sind unbegründet.

181. Die Klagebegründung ist bereits unschlüssig, weil die Klägerin ihre Forderung nicht nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, sondern anhand eines monatlichen Stundendurchschnitts begründet hat. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn entsteht mit jeder geleisteten Arbeitsstunde (§ 1 Abs. 2 iVm. §§ 20, 1 Abs. 1 MiLoG). Dies erfordert die schlüssige Darlegung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Die Behauptung einer aus dem Durchschnitt eines Zeitraums ermittelten Stundenzahl ersetzt diesen Vortrag nicht ( - Rn. 19). Der Senat braucht aber nicht auf eine entsprechende Ergänzung des Vortrags der Klägerin hinzuwirken, weil die Zahlungsanträge in jedem Fall unbegründet sind.

192. Der Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG ist durch Erfüllung erloschen.

20a) Die Beklagte hat den Mindestlohnanspruch der Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit jedenfalls durch allmonatliche Zahlung des Bruttogehalts und eines Zwölftels der Jahressonderzahlungen erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).

21aa) Der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt ( - Rn. 22 mwN). § 3 MiLoG führt bei Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns zu einem Differenzanspruch. Dabei scheiden längere Berechnungszeiträume als ein Kalendermonat für die Frage, ob ein Anspruch auf Differenzvergütung entstanden ist, aus (vgl.  - Rn. 25 mwN).

22Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn haben alle Arbeitnehmer, auch wenn ihre durch Arbeits- oder Tarifvertrag geregelte Vergütung über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt (vgl.  - Rn. 23 mwN).

23bb) Der Arbeitgeber hat den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit 8,50 Euro ergibt (vgl.  - Rn. 26).

24Erfüllung iSv. § 362 Abs. 1 BGB tritt beim Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn ein mit Zahlung des Bruttoarbeitsentgelts, denn der gesetzliche Mindestlohn ist das als Gegenleistung für die Arbeit (mindestens) zu erbringende Entgelt (vgl. zur Auslegung des Begriffs Mindestlohn  - Rn. 28 ff.).

25Von den im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers fehlt nur solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 ArbZG) beruhen (vgl.  - Rn. 32).

26b) Danach sind die Mindestlohnansprüche der Klägerin in den Kalendermonaten Januar bis November 2015 erfüllt. Denn neben dem monatlichen Bruttogehalt kommt auch den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen Erfüllungswirkung zu. Sie sind eine im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis stehende Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit. Denn nach § 4 Arbeitsvertrag mindern sie sich um jeweils ein Zwölftel für Kalendermonate ohne Entgeltanspruch. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen die Jahressonderzahlungen nicht. Eine Rückforderung ist der Beklagten aufgrund ihrer vorprozessualen Erklärung vom Januar 2015 verwehrt.

273. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erhöhte Jahressonderzahlungen. Diese sind nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen.

28Nach § 4 Arbeitsvertrag betragen Urlaubs- und Weihnachtsgeld jeweils 50 % des „vereinbarten Entgelts“ bzw. des „vereinbarten Lohns“. Die Berechnung richtet sich daher nach der in § 3 Arbeitsvertrag bestimmten Vergütung. Der Wortlaut der Vereinbarung lässt keinen anderen Schluss zu. Das Mindestlohngesetz hat daran nichts geändert. Eine bestimmte Höhe von Sonderzahlungen sieht das Mindestlohngesetz nicht vor (vgl.  - Rn. 34).

294. Die Klägerin kann keine höheren als die arbeitsvertraglich vereinbarten Zuschläge für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit verlangen.

30Die Zuschläge sind nicht auf der Grundlage der in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG bestimmten 8,50 Euro, sondern des vertraglich vereinbarten Bruttostundenentgelts zu berechnen.

31Die Zuschlagspflicht für Überstunden und Arbeit an besonderen Tagen folgt allein aus § 3 Buchst. b und c Arbeitsvertrag und knüpft an den „vereinbarten Stundenlohn“ an. Damit bezieht sie sich auf eine arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung. Der Wortlaut lässt nur diesen Schluss zu, auch wenn in § 3 Buchst. a Arbeitsvertrag kein Stunden-, sondern ein Monatslohn genannt wird. Jedenfalls soll die Berechnungsgrundlage der Zuschläge einer zwischen den Parteien vereinbarten Vergütung folgen. Daran hat das Mindestlohngesetz nichts geändert (vgl.  - Rn. 36).

325. Die Klägerin hat aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf weitere Überstundenvergütungen.

33In den Monaten mit Überstundenleistung hat die Beklagte den Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn durch Zahlung des Bruttomonatsgehalts, der in Zwölfteln geleisteten Jahressonderzahlungen und der jeweiligen Überstundenvergütung iHv. 8,00 Euro brutto/Stunde erfüllt.

34Im Juni 2015 erbrachte die Klägerin dreieinhalb Überstunden, für die die Beklagte neben der Vergütung weitere 28,00 Euro brutto, mithin 1.535,30 Euro brutto geleistet hat. Im Juli 2015 leistete die Klägerin zehn Überstunden, für die sie neben der Vergütung weitere 80,00 Euro brutto, mithin 1.587,30 Euro brutto erhalten hat. Im August 2015 leistete die Klägerin 20 Überstunden, für die sie neben der Vergütung weitere 160,00 Euro brutto, mithin 1.667,30 Euro brutto erhalten hat. Im Oktober und im November 2015 erbrachte die Klägerin jeweils 25 Überstunden, für die sie neben der Vergütung jeweils weitere 200,00 Euro brutto, mithin je 1.707,30 Euro brutto erhalten hat. Die Klägerin hat in keinem der Fälle vorgetragen, sie habe über die damit jedenfalls in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns abgegoltenen 180,62 bzw. 186,74 bzw. 196,15 bzw. 200,86 Arbeitsstunden im Monat weitere Arbeit erbracht.

356. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen verspäteter Jahressonderzahlungen besteht nicht. Die Regelung der Fälligkeit der BV Mindestlohn mit jeweils 1/12 für jeden Kalendermonat verdrängt die arbeitsvertragliche Fälligkeitsvereinbarung.

36a) Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die formelle Wirksamkeit der BV Mindestlohn greifen nicht durch.

37aa) Die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe das Bestreiten eines wirksamen Betriebsratsbeschlusses übergangen, ist unzulässig. Der pauschale Hinweis auf ein Bestreiten genügt den Anforderungen an eine Gehörsrüge nicht (vgl.  - Rn. 42).

38bb) Die Rüge, der angebotene Zeugenbeweis sei nicht erhoben worden, ist ebenfalls unzulässig, denn ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Allein die Rüge, ein Beweis sei nicht erhoben worden, ist unzureichend, wenn die Klägerin - wie hier - nicht vorgetragen hat, wo und bei welcher Gelegenheit sie ein den Anforderungen des § 373 ZPO entsprechendes Beweisangebot gemacht habe (vgl.  - Rn. 43 mwN).

39cc) Die Würdigung der Beschlussfassung des Betriebsrats durch das Landesarbeitsgericht verletzt nicht § 286 ZPO. Danach haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer ggf. durchgeführten Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht (vgl.  - Rn. 35 mwN). Revisionsrechtlich ist diese Würdigung allein daraufhin zu überprüfen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht Denk- und Erfahrungsgrundsätze verletzt wurden.Gemessen daran hat das Landesarbeitsgericht § 286 ZPO nicht verletzt. Es hat, basierend auf dem Beklagtenvortrag zur Beschlussfassung des Betriebsrats, seine Überzeugungsbildung ausreichend dargelegt. Das Berufungsgericht durfte das weitere, lediglich pauschale Bestreiten der Klägerin für unerheblich halten.

40dd) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen Verstoß gegen § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG verneint. Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in einer Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn dieser beschlussfähig iSd. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Nicht erforderlich ist, dass an dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen (vgl.  - Rn. 45 mwN).

41b) Die BV Mindestlohn ist auch materiell wirksam.

42aa) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG greift nicht, denn es liegt ein Fall der erzwingbaren Mitbestimmung vor. Die BV Mindestlohn beinhaltet eine Fälligkeitsbestimmung. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG erfasst die Regelung des Zeitpunkts, zu dem die Arbeitsvergütung zu zahlen ist (vgl.  - Rn. 47 f. mwN). Eine die Beklagte bindende tarifliche Regelung besteht nicht.

43bb) Die arbeitsvertragliche Fälligkeitsregelung wird durch die der BV Mindestlohn verdrängt, denn sie ist betriebsvereinbarungsoffen.

44Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei den arbeitsvertraglichen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese Feststellungen hat die Klägerin nicht in revisionsrechtlich relevanter Weise beanstandet.

45Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen - auch konkludent - dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine konkludente Vereinbarung darf angenommen werden, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Danach ist die arbeitsvertragliche Fälligkeitsregelung der Jahressonderzahlungen betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Es handelt sich um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen mit kollektivem Bezug. Der Auszahlungszeitpunkt der Jahressonderzahlungen soll betriebseinheitlich geregelt werden. Dass der Vereinbarung der arbeitsvertraglichen Fälligkeitsregelung eine betriebsvereinbarungsfeste Individualvereinbarung zugrunde liegt, ist nicht ersichtlich (vgl. hierzu  - Rn. 52 mwN).

46c) Der Beklagten ist es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht verwehrt, sich auf die Fälligkeitsregelung der BV Mindestlohn zu berufen. Ein widersprüchliches Verhalten liegt nicht vor. § 242 BGB ist nicht deshalb anzuwenden, weil die Beklagte die Wirkung der BV Mindestlohn unter die Bedingung gestellt habe, dass mit sämtlichen Arbeitnehmern Änderungsverträge zustande kommen. Die BV Mindestlohn selbst enthält keine solche Bedingung und eine außerhalb der kollektiven Vereinbarung einseitig von der Beklagten formulierte Bedingung hätte keinen rechtlichen Einfluss auf den Inhalt einer Betriebsvereinbarung (vgl.  - Rn. 54). Gleiches gilt für das Schreiben der Beklagten vom Dezember 2014.

47III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:280916.U.5AZR220.16.0

Fundstelle(n):
TAAAF-88826