Anspruch eines Zahnarztes gegen eines gesetzlich Versicherten auf Zahlung des Eigenanteils für eine prothetische Versorgung: Anwendbarkeit des Grundsatzes von Treu und Glauben bei formnichtiger Honorarvereinbarung; Begründung des Zahlungsanspruchs aus Geschäftsführung ohne Auftrag und/oder ungerechtfertigter Bereicherung
Leitsatz
1. Zur Anwendbarkeit des § 242 BGB bei formnichtiger Honorarvereinbarung für eine über das zahnmedizinisch notwendige Maß hinausgehende zahnärztliche Versorgung.
2. Bei einem formnichtigen Heil- und Kostenplan steht der Schutzzweck des § 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ, den Zahlungspflichtigen über die geplanten Leistungen und die voraussichtlich entstehenden Kosten zuverlässig zu informieren und ihn von einer unüberlegten und übereilten Honorarvereinbarung abzuhalten, Ansprüchen des behandelnden Zahnarztes aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung entgegen.
Gesetze: § 125 S 1 BGB, § 126 Abs 2 S 1 BGB, § 242 BGB, § 611 BGB, § 670 BGB, § 683 BGB, § 812 BGB, §§ 812ff BGB, § 2 Abs 3 S 1 GOZ
Instanzenzug: LG Wuppertal Az: 9 S 52/15vorgehend AG Wuppertal Az: 391 C 146/13
Tatbestand
1Die Klägerin ist Zahnärztin. Sie nimmt die gesetzlich krankenversicherte Beklagte auf Zahlung des Eigenanteils für zahnprothetische Leistungen in Anspruch.
2Nachdem die Beklagte sich am erstmals in der Praxis der Klägerin zur Zahnbehandlung vorgestellt hatte, erstellte diese unter dem zwei Heil- und Kostenpläne. Ein Plan hatte die Erbringung reiner kassenzahnärztlicher Leistungen (ohne Eigenanteil) zum Gegenstand, während der andere Plan zusätzliche, zahnmedizinisch nicht notwendige Arbeiten (mehrflächige Keramikverblendung sowie eine keramikverblendete Krone mit Geschiebe als Halterung) vorsah und in der Anlage einen voraussichtlichen Eigenanteil in Höhe von 6.838,52 € auswies. Die Beklagte, die von einer Praxismitarbeiterin darauf hingewiesen wurde, dass sie ihr Einverständnis zu der Behandlung schriftlich erklären müsse, nahm beide Pläne mit nach Hause und reichte schließlich den einen Eigenanteil ausweisenden Heil- und Kostenplan bei ihrer Krankenversicherung zur Genehmigung ein. Den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plan gab sie sodann an die Klägerin zurück, ohne jedoch die in dem Planformular und der beigefügten Anlage vorgesehene Unterschrift zu leisten. Die fehlende Unterschrift wurde von den Praxismitarbeitern nicht bemerkt. Ab dem erbrachte die Klägerin die vereinbarten zahnprothetischen Leistungen und verlangte mit Rechnung vom einen auf die Beklagte entfallenden Eigenanteil in Höhe von 3.860,30 €. Die Beklagte leistete trotz Mahnung keine Zahlungen. Daraufhin hat die Klägerin den Betrag gerichtlich geltend gemacht. Im Prozess hat sich die Beklagte darauf berufen, dass hinsichtlich eines von ihr zu tragenden Eigenanteils keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden sei.
3Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 3.860,30 € nebst Zinsen sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Anwalts- und Mahnkosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Gründe
4Die zulässige Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten.
I.
5Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Klägerin könne die begehrte Bezahlung der privatärztlichen Zahnarztleistungen nicht verlangen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) müssten über das zahnmedizinisch notwendige Maß hinausgehende Leistungen und ihre Vergütung in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung liege hier nicht vor, da keine der Parteien den maßgeblichen Heil- und Kostenplan vom unterschrieben habe. Dies habe dessen Nichtigkeit nach § 125 Satz 1 i.V.m. § 126 BGB zur Folge. Der Beklagten sei es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht verwehrt, sich auf diesen Formmangel zu berufen. Die Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung führe nicht zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis. Es habe sich nicht um einen Notfall gehandelt, so dass die Klägerin mit der Behandlung bis zur Leistung der Unterschrift hätte zuwarten können. Bereicherungsrechtliche Ansprüche seien ebenfalls ausgeschlossen. Die Formvorschriften in den Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte hätten den Zweck, den Zahlungspflichtigen wegen der Risiken einer Honorarvereinbarung vor einer übereilten Bindung zu schützen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn man einem Zahnarzt, der eine formunwirksame Honorarvereinbarung abgeschlossen habe, die Möglichkeit eröffnete, über das Bereicherungsrecht wirtschaftlich zu demselben Ergebnis zu gelangen. Außerdem habe die Klägerin nicht ohne Rechtsgrund geleistet. Formnichtig sei nur die Honorarvereinbarung, nicht jedoch der Behandlungsvertrag.
II.
6Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
7Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem genehmigten Heil- und Kostenplan vom auf Zahlung eines Eigenanteils an den zahnärztlichen Behandlungskosten in Höhe von 3.860,30 €.
81. Nach den nicht beanstandeten Feststellungen der Vorinstanzen ist zwischen den Parteien ein zahnärztlicher Behandlungsvertrag - jedenfalls konkludent - zustande gekommen, indem die Klägerin die Behandlung der Beklagten übernommen und auf der Grundlage des ausgewählten Heil- und Kostenplans im November und Dezember 2012 durchgeführt hat (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 630a Rn. 6).
92. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Parteien keine wirksame Honorarvereinbarung getroffen haben, da der der Behandlung zugrunde liegende Heil- und Kostenplan nicht der Form des § 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ genügt und deshalb nach § 125 Satz 1 i.V.m. § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB nichtig ist.
10Gegenstand der Eigenanteilsrechnung der Klägerin vom sind zahnärztliche Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen Versorgung hinausgingen und darauf beruhten, dass die Klägerin eine ästhetisch ansprechendere Lösung wünschte. Solche Leistungen darf der Zahnarzt nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des - über die fehlende Notwendigkeit aufgeklärten - Zahlungspflichtigen erbracht (§ 1 Abs. 2 Satz 2 GOZ) und zuvor in einem Heil- und Kostenplan einschließlich der Vergütung schriftlich vereinbart worden sind (§ 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ). Dabei handelt es sich um eine gesetzlich vorgeschriebene Schriftform im Sinne des § 126 BGB (Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl., § 2 GOZ Rn. 8, 22; siehe auch OLG Köln, r+s 1993, 431; Miebach in Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl., § 2 GOÄ Rn. 30 jeweils zu der Formvorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 GOÄ). Dementsprechend muss der Heil- und Kostenplan von beiden Parteien eigenhändig unterschrieben werden (§ 126 Abs. 2 Satz 1 BGB). Daran fehlt es hier. Die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form hat gemäß § 125 Satz 1 BGB die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge.
113. Die Berufung der Beklagten auf die Formunwirksamkeit des Heil- und Kostenplans verstößt jedoch gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).
12a) Der Formmangel eines Rechtsgeschäfts ist nur ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich. Formvorschriften dürfen im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Ausnahmen sind deshalb nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen. Dabei sind aber strenge Maßstäbe anzulegen. Das Ergebnis darf die betroffene Partei nicht bloß hart treffen, sondern es muss schlechthin untragbar sein (z.B. , NJW 2016, 1391 Rn. 15 mwN). Von der Rechtsprechung sind bislang insbesondere zwei Fallgruppen als Ausnahmen anerkannt worden: die Fälle der - hier nicht vorliegenden - Existenzgefährdung des einen Teils und die Fälle einer besonders schweren Treuepflichtverletzung des anderen Teils (st. Rspr.; vgl. nur , BGHZ 92, 164, 172 und vom - III ZR 400/04, NJW 2005, 3633, 3636; , NJW 1996, 2503, 2504; vom - V ZR 197/97, BGHZ 138, 339, 348 und vom - V ZR 222/03, NJW 2004, 3330, 3331 f; MüKoBGB/Einsele, 7. Aufl., § 125 Rn. 57 ff; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 125 Rn. 22, 27 ff; jeweils mwN; siehe auch BeckOGK/Hecht, BGB, § 125 Rn. 110 ff [Stand: ], der in den vorgenannten Fallgruppen eine Korrektur der Rechtsfolge des § 125 Satz 1 BGB im Wege der teleologischen Reduktion vornehmen will). Eine besonders schwere Treuepflichtverletzung kommt regelmäßig dann in Betracht, wenn eine Partei in schwerwiegender Weise gegen das Verbot des venire contra factum proprium verstoßen hat, etwa dadurch, dass sie die Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflichtung verweigert, nachdem sie über längere Zeit die Vorteile aus der formunwirksamen Vereinbarung in Anspruch genommen hat ( aaO und vom aaO; MüKoBGB/Einsele aaO Rn. 60; Palandt/Ellenberger aaO Rn. 30, 33).
13b) Diese strengen Kriterien für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben durch die Berufung der Beklagten auf die Formnichtigkeit des Heil- und Kostenplans sind hier erfüllt. Die Voraussetzungen einer besonders schweren Treuepflichtpflichtverletzung liegen vor. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, hat sich die über die geplanten Leistungen und die voraussichtlich entstehenden Kosten umfassend aufgeklärte Beklagte bewusst für die teurere Behandlungsalternative entschieden. Dementsprechend hat sie allein den einen erheblichen Eigenanteil ausweisenden Heil- und Kostenplan bei ihrer Krankenversicherung eingereicht und nach Genehmigung in der Praxis der Klägerin vorgelegt, um auf dieser Basis die zahnprothetische Versorgung vornehmen zu lassen. Erstmals nach Abschluss der Behandlung, nachdem die Beklagte sämtliche Vorteile aus der zahnärztlichen Versorgung gemäß dem Heil- und Kostenplan in Anspruch genommen hatte, hat sie sich auf die Nichteinhaltung der Schriftform berufen. Es kommt hinzu, dass das Unterschriftserfordernis aus dem ausgehändigten Heil- und Kostenplan klar ersichtlich ist und die aus Albanien stammende, jedoch seit 1994 in Deutschland lebende Beklagte die erbetene Unterschriftsleistung lediglich deshalb (zunächst) zurückgestellt hatte, weil sie den - ihr bereits verständlich erläuterten - Heil- und Kostenplan (angeblich) nochmals übersetzen lassen wollte. Nach alledem ist das Verhalten der Beklagten als in hohem Maße widersprüchlich und treuwidrig zu werten, so dass sie sich auf den mit der Formvorschrift des § 2 Abs. 3 GOZ verfolgten Zweck (Schutz des Patienten vor einer übereilten Bindung, Information des Zahlungspflichtigen über die geplanten Leistungen und die voraussichtlich entstehenden Kosten) und die Formnichtigkeit der Vergütungsvereinbarung nicht berufen kann (zum Schutzzweck der Formvorschriften des § 2 Abs. 2, 3 GOZ siehe die Begründung zur Ersten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte, BR-Drucks. 566/11 S. 42 f; Spickhoff aaO § 2 GOZ Rn. 8, 20).
14c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Vertrauen der Klägerin auf das Zustandekommen einer wirksamen Honorarvereinbarung auch schutzwürdig.
15aa) Die Partei, die an dem formnichtigen Rechtsgeschäft festhalten will, muss auf die Formgültigkeit vertraut haben. Daher ist § 242 BGB unanwendbar, wenn beide Parteien den Formmangel kannten. Auch grobfahrlässige Unkenntnis des Formmangels verdient keinen Schutz (Palandt/Ellenberger aaO § 125 Rn. 25). Sofern beide Vertragsparteien den Formmangel nicht kannten, kann sich regelmäßig auch derjenige Vertragspartner auf die Formnichtigkeit des Rechtsgeschäfts berufen, der diese objektiv verursacht hat (MüKoBGB/Einsele aaO § 125 Rn. 61 mwN).
16bb) Diese Grundsätze stehen der Berufung der Klägerin auf § 242 BGB nicht entgegen. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führte lediglich ein schlichtes Büroversehen der Praxismitarbeiter der Klägerin dazu, dass die fehlende Unterzeichnung des Heil- und Kostenplans unentdeckt blieb. Weder kannten die Klägerin beziehungsweise ihre Mitarbeiter (ggf. Wissenszurechnung gemäß § 166 BGB) den Formmangel noch blieb er ihnen infolge grober Fahrlässigkeit verborgen, während die Beklagte - in Kenntnis des Unterschriftserfordernisses - den nicht unterschriebenen, jedoch inzwischen von der Krankenversicherung genehmigten Heil- und Kostenplan in der Praxis der Klägerin vorlegte, um diese nunmehr zu der in Aussicht genommenen zahnprothetischen Versorgung zu veranlassen.
17cc) Soweit die Beklagte offenbar meint, bereits das festgestellte Büroversehen begründe den Vorwurf grober Fahrlässigkeit, verkennt sie deren Maßstab. Grobe Fahrlässigkeit erfordert einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es muss eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegen, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom - III ZR 345/13, NJW-RR 2014, 90 Rn. 26; , BGHZ 119, 147, 149; vom - IV ZR 173/01, NJW 2003, 1118, 1119; vom - VI ZR 83/04, NJW 2006, 1271; vom - XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988 Rn. 15 und vom - VI ZR 86/08, NJW-RR 2009, 812 Rn. 10; Palandt/Grüneberg aaO § 277 Rn. 5; jeweils mwN). Dass die Mitarbeiter der Klägerin die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei Entgegennahme des bereits genehmigten Heil- und Kostenplans nach diesen Maßgaben in besonders schwerem Maße verletzt haben, ist weder festgestellt noch von der Beklagten vorgetragen oder sonst ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Praxismitarbeiter den Formmangel infolge (einfacher) Fahrlässigkeit nicht kannten, führt entgegen der Revisionserwiderung nicht zur Bejahung grober Fahrlässigkeit auf Seiten der Klägerin.
18d) Die Anwendbarkeit des § 242 BGB scheidet auch nicht deshalb aus, weil bei Berücksichtigung des Formmangels (§ 126 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 2 Abs. 3 GOZ) der Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen culpa in contrahendo (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB), ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683, 670 BGB oder ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zustünde.
19Die Berücksichtigung des Formmangels muss - wie unter 3a) ausgeführt - zu einem untragbaren Ergebnis führen. Das ist nicht der Fall, wenn der bei einem nichtigen Vertrag bestehende Rechtsschutz (insbesondere Ansprüche aus culpa in contrahendo, Geschäftsführung ohne Auftrag oder § 812 BGB) die berechtigen Interessen der schutzbedürftigen Partei ausreichend sichert (Palandt/Ellenberger aaO § 125 Rn. 26; MüKoBGB/Einsele aaO § 125 Rn. 68; siehe auch Senatsurteil vom - III ZR 400/04, NJW 2005, 3633, 3635). Daran fehlt es hier.
20aa) Ein etwaiger Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB (vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung hinsichtlich des Unterbleibens der Unterschrift) würde zu keinem angemessenen Ausgleich führen. Denn in diesem Fall könnte die Klägerin lediglich das negative Interesse ersetzt verlangen, das heißt sie wäre so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn sie nicht auf die Gültigkeit der Honorarvereinbarung vertraut hätte (vgl. Palandt/Grüneberg aaO Vorbem. vor § 249 Rn. 17). Dann wäre die aufwändigere Zahnbehandlung (mit Eigenanteil der Beklagten) unterblieben, so dass der Klägerin auch kein auf das Erfüllungsinteresse (Honorarzahlung für die medizinisch nicht notwendigen Zusatzleistungen) gerichteter Schadensersatzanspruch zustünde.
21bb) Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) beziehungsweise aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) steht der Schutzzweck der Formvorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ entgegen. Die Notwendigkeit der Vereinbarung eines schriftlichen Heil- und Kostenplans soll dem Bedürfnis des Zahlungspflichtigen nach Information über die geplanten Leistungen und die voraussichtlich entstehenden Kosten und damit der Transparenz und dem Patientenschutz auch bei so genannten Verlangensleistungen Rechnung tragen (Begründung zur Ersten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte, BR-Drucks. 566/11 S. 42 f; Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl., § 2 GOZ Rn. 20). Wie § 2 Abs. 2 Satz 1 GOZ (dazu Spickhoff aaO Rn. 8) bezweckt auch § 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ, den Zahlungspflichtigen wegen der Risiken einer Honorarvereinbarung vor einer unüberlegten und übereilten Bindung zu schützen. Dieser Schutzzweck würde unterlaufen, wenn dem Zahnarzt bei einer formnichtigen Honorarvereinbarung ein entsprechender Bereicherungsanspruch oder Aufwendungsersatzanspruch nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag zustünde (siehe auch , BGHZ 138, 91, 99 und vom - III ZR 58/02, NJW 2002, 3772 zur Rechtslage bei unwirksamen Wahlleistungsvereinbarungen und vom - III ZR 400/04, NJW 2005, 3633, 3635 zur Rechtslage bei unwirksamer Vereinbarung von Zusatzleistungen im Rahmen eines Heimvertrags). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Patient - wie im Streitfall - mündlich umfassend über etwaige Behandlungsalternativen und deren Kosten aufgeklärt worden ist. Zwingende Formvorschriften gelten vielmehr auch dann, wenn ihr Zweck im Einzelfall auf andere Weise erreicht wird (Palandt/Ellenberger aaO § 125 Rn. 1 mwN).
22cc) Selbst bei Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag beziehungsweise der bereicherungsrechtlichen Bestimmungen käme ein diesbezüglicher Anspruch der Klägerin nicht in Betracht. Denn die Klägerin hat ihre Leistungen auf der Grundlage eines konkludent abgeschlossen (wirksamen) Behandlungsvertrags erbracht. Ohne schriftlichen Heil- und kostenplan ist lediglich die Honorarforderung nicht durchsetzbar (Spickhoff aaO § 2 GOZ Rn. 22). § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ verbieten, wenn die dort genannten Kriterien nicht erfüllt sind, lediglich die Abrechnung von Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen (siehe auch Senatsurteil vom aaO zum Vorliegen eines Rechtsgrundes bei unwirksamer Wahlleistungsvereinbarung).
III.
23Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
24Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat die Berufung der Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil zurückweisen kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Herrmann Tombrink Remmert
Reiter Pohl
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:031116UIIIZR286.15.0
Fundstelle(n):
NJW-RR 2017 S. 596 Nr. 10
JAAAF-87853