Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren durch das Oberlandesgericht: Anfechtbarkeit bei irrtümlicher Zulassung der Rechtsbeschwerde
Gesetze: § 33 Abs 4 S 3 RVG, § 33 Abs 4 S 4 RVG, § 574 ZPO
Instanzenzug: Az: 13 U 178/13vorgehend LG Konstanz Az: 2 O 312/12
Gründe
I.
1Das Oberlandesgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom nach § 33 Abs. 1 RVG den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin - abweichend vom Gegenstandswert des Berufungsverfahrens (85.417 €) - auf 2.204 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die vom Oberlandesgericht nach § 574 ZPO zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
2Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Zwar hat das Oberlandesgericht die Beschwerde zugelassen und ist nach § 33 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 1 RVG (siehe auch § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO) das Beschwerdegericht an die Zulassung grundsätzlich gebunden. Allerdings bestimmt § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG, dass eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet. Diese Regelung ist vorrangig und kann durch die Zulassung nicht überspielt werden. Eine Entscheidung, die von Gesetzes wegen der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei einer - irrigen - Zulassung nicht anfechtbar (vgl. nur , NJW-RR 2011, 142 Rn. 4 f zu § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG; siehe auch OLG Köln, JurBüro 2012, 651, 652 a.E.; Bischof, RVG, 6. Aufl., § 33 Rn. 44; Müller-Rabe/Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 56 Rn. 33; Schneider/Thiel in Anwaltkommentar RVG, 7. Aufl., § 33 Rn. 147, § 56 Rn. 45, 51). Dies entspricht der Rechtslage bezüglich der entsprechenden Regelungen im Gerichtskostengesetz (siehe zu § 66 Abs. 3 Satz 3 bzw. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG: BGH, Beschlüsse vom - VI ZB 18/08, juris Rn. 4 und vom - I ZB 77/12, juris Rn. 10, 14).
3Die der zitierten Rechtsprechung widersprechende Auffassung der Streithelferin, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG beziehe sich nur auf die Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG, nicht aber auf eine Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO, ist unzutreffend. Zunächst ist vom Wortlaut her auch eine Rechtsbeschwerde eine Beschwerde. Nach § 33 Abs. 3 Satz 1 und 2 RVG ist im Übrigen eine Beschwerde zulässig, wenn entweder der Wert des Beschwerdegegenstands 200 € übersteigt oder wenn sie das Ausgangsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässt. Ist allerdings Beschwerdegericht ein oberster Gerichtshof, ist die Beschwerde nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG unzulässig beziehungsweise eine Zulassung unstatthaft. Würde man der Auffassung der Streithelferin folgen, wonach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG die Zulässigkeit einer vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde nicht ausschließt, käme man zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass im Fall des § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG nach der speziellen Regelung des § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG eine Zulassung der Beschwerde trotz Grundsatzbedeutung an den Bundesgerichtshof nicht statthaft ist, gleichzeitig nach der allgemeinen Regelung in § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine Zulassung aber möglich wäre. Der Gesetzgeber wollte aber mit § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG auch die Rechtsbeschwerde ausschließen. § 33 Abs. 4 RVG ist an die Regelung in § 66 Abs. 3 GKG angepasst (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 196). § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG entspricht § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG a.F. (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 157). Die durch Art. 32 Nr. 1 Buchst. a des ZPO-Reformgesetzes vom (BGBl. I 1887, 1916) neu gefasste Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG a.F. ("Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt.") "schließt auch die Rechtsbeschwerde aus, weil für die Entscheidung hierüber der Bundesgerichtshof zuständig sein soll" (so ausdrücklich BT-Drucks. 14/4722 S. 139). Folgerichtig wurde bereits im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG a.F. eine Rechtsbeschwerde als nicht statthaft angesehen, auch wenn das Ausgangsgericht sie zugelassen hatte (vgl. nur , NJW 2003, 70).
Herrmann Seiters Reiter
Liebert Arend
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:271016BIIIZB17.16.0
Fundstelle(n):
NJW 2017 S. 895 Nr. 12
NJW-RR 2017 S. 253 Nr. 4
EAAAF-87269