Revision im Sicherungsverfahren: Anforderungen an eine formgerechte Unterzeichnung einer Revisionsbegründungsschrift
Gesetze: § 141 Abs 1 StPO, § 143 StPO, § 53 Abs 2 BRAO
Instanzenzug: LG Kleve Az: 170 KLs 21/15
Gründe
1Die Revision ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht im Sinne des § 345 Abs. 2 StPO begründet worden ist. Die Revisionsbegründungsschrift ist entgegen dieser Vorschrift nicht vom Pflichtverteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt Dr. S. , sondern "pro abs. Dr. S. " von der in derselben Kanzlei tätigen Rechtsanwältin H. unterzeichnet; auf diese konnte der Pflichtverteidiger seine Befugnisse indes nicht wirksam übertragen. Anhaltspunkte dafür, dass die Unterzeichnerin als allgemeine Vertreterin des Pflichtverteidigers gemäß § 53 Abs. 2 BRAO tätig geworden ist, sind nicht ersichtlich. Hierauf hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom hingewiesen. Dem ist der Beschuldigte nicht entgegengetreten (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 430/11, NStZ 2012, 276, 277; vom - 4 StR 473/15, juris Rn. 2 mwN).
2Rechtsanwalt Dr. S. war entgegen seiner Auffassung auch nicht - gleichzeitig neben dem Pflichtmandat - als Wahlverteidiger mandatiert, so dass sich auch hieraus keine Befugnis zur Erteilung einer Untervollmacht an Rechtsanwältin H. ergab. Zwar hat Rechtsanwalt Dr. S. eine vom datierende Verteidigervollmacht des Beschuldigten vorgelegt. Doch ist diese mit seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger am erloschen. Die Pflichtverteidigerbestellung setzt nach § 141 Abs. 1 StPO das Nichtbestehen eines Wahlmandates voraus (vgl. auch § 143 StPO). Entsprechend enthält der Antrag des Wahlverteidigers, ihn als Pflichtverteidiger beizuordnen, die Erklärung, die Wahlverteidigung solle mit der Bestellung enden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 142 Rn. 7 mwN). Wird dem Antrag stattgegeben, endet das zivilrechtliche Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis (§ 675 BGB) des Rechtsanwaltes, der in der Folge seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger allein auf der Grundlage der öffentlich-rechtlichen Bestellung ausführt. Das Ende des Vertragsverhältnisses hat das Erlöschen der zuvor erteilten Strafprozessvollmacht zur Folge (, BGHSt 59, 284, 286 f.; vgl. auch , juris Rn. 2).
3Schließlich hat Rechtsanwältin H. die Revisionsbegründung auch nicht ihrerseits als Wahlverteidigerin des Beschuldigten unterzeichnet. Zwar hat der Beschuldigte am jeden der in der Kanzlei des Pflichtverteidigers tätigen Rechtsanwälte "zur Einzelvertretung" in der gegen ihn anhängigen Strafsache bevollmächtigt. Doch ist dem Zusatz der Unterschrift unter die Revisionsbegründung "pro abs. Dr. S. " eindeutig zu entnehmen, dass Rechtsanwältin H. nicht als Wahlverteidigerin des Beschuldigten tätig geworden ist, sondern in Vertretung des Pflichtverteidigers Rechtsanwalt Dr. S. .
Becker Schäfer Gericke
Spaniol Berg
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:051016B3STR268.16.0
Fundstelle(n):
ZAAAF-87236