Anhang B: Anwendungsleitlinien
Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (Kapitel 6)
Grundgeschäfte (Abschnitt 6.3)
Risikokomponenten
B6.3.10
Bei der Designation von Risikokomponenten als Grundgeschäfte berücksichtigt ein Unternehmen, ob die Risikokomponenten vertraglich ausdrücklich erwähnt sind (vertraglich spezifizierte Risikokomponenten) oder ob sie im beizulegenden Zeitwert oder in den Zahlungsströmen aus einem Geschäft, dessen Teil sie sind, implizit enthalten sind (nicht vertraglich spezifizierte Risikokomponenten). Nicht vertraglich spezifizierte Risikokomponenten können sich auf Geschäfte beziehen, bei denen es sich nicht um einen Vertrag (z. B. erwartete Transaktionen) oder Verträge, in denen die Komponente nicht ausdrücklich spezifiziert wird (z. B. eine feste Zusage, die nur einen einzigen Preis und keine Preisformel mit Bezug zu verschiedenen Basiswerten hat), handelt. Zum Beispiel:
Unternehmen A verfügt über einen langfristigen Liefervertrag für Erdgas mit einer vertraglich vereinbarten Preisformel, in der auf Rohstoffe und andere Faktoren (z. B. Gasöl, Treibstoff und andere Komponenten wie etwa Transportkosten) Bezug genommen wird. Unternehmen A sichert die Gasölkomponente in diesem Liefervertrag mit einem Gasöl-Termingeschäft ab. Da die Gasölkomponente durch die allgemeinen Bedingungen des Liefervertrags vereinbart wird, handelt es sich um eine vertraglich spezifizierte Risikokomponente. Aufgrund der Preisformel folgert Unternehmen A, dass das Preisrisiko in Verbindung mit dem Gasöl einzeln identifizierbar ist. Gleichzeitig existiert ein Markt für Gasöl-Termingeschäfte. Daher folgert Unternehmen A, dass das Preisrisiko in Verbindung mit dem Gasöl verlässlich bewertbar ist. Infolgedessen handelt es sich bei dem Preisrisiko in Verbindung mit dem Gasöl in dem Liefervertrag um eine Risikokomponente, die für die Designation als Grundgeschäft infrage kommt.
Unternehmen B sichert seine zukünftigen Kaffeeeinkäufe basierend auf seiner Produktionsprognose ab. Die Absicherung für einen Teil des erwarteten Einkaufsvolumens beginnt bis zu 15 Monate vor der Lieferung. Unternehmen B erhöht das abgesicherte Volumen im Laufe der Zeit (mit herannahendem Liefertermin). Unternehmen B setzt zur Steuerung seines Kaffeepreisrisikos zwei unterschiedliche Arten von Verträgen ein:
börsengehandelte Kaffee-Termingeschäfte und
Kaffeelieferverträge für Kaffee der Sorte Arabica aus Kolumbien, der an einen bestimmten Produktionsort geliefert wird. Bei diesen Verträgen wird der Preis für eine Tonne Kaffee basierend auf dem Preis des börsengehandelten Kaffee-Termingeschäfts zuzüglich eines festgelegten Preisunterschieds sowie einer variablen Gebühr für Logistikdienstleistungen anhand einer Preisformel festgelegt. Der Kaffeeliefervertrag ist ein noch zu erfüllender Vertrag, aus dem Unternehmen B die tatsächliche Kaffeelieferung erhält.
Bei Lieferungen, die sich auf die aktuelle Ernte beziehen, kann Unternehmen B durch den Abschluss von Kaffeelieferverträgen den Preisunterschied zwischen der tatsächlichen eingekauften Kaffeequalität (Kaffee Arabica aus Kolumbien) und der Referenzqualität, die dem börsengehandelten Termingeschäft zugrunde liegt, fixieren. Bei Lieferungen, die sich auf die nächste Ernte beziehen, sind allerdings noch keine Kaffeelieferverträge verfügbar, sodass der Preisunterschied nicht fixiert werden kann. Unternehmen B setzt börsengehandelte Termingeschäfte ein, um die Referenzqualitätskomponente seines Kaffeepreisrisikos für Lieferungen, die sich sowohl auf die aktuelle Ernte als auch auf die nächste Ernte beziehen, abzusichern. Unternehmen B ermittelt, dass es drei verschiedenen Risiken ausgesetzt ist: einem Kaffeepreisrisiko im Vergleich zur Referenzqualität, einem Kaffeepreisrisiko unter Berücksichtigung der Differenz („Spread“) zwischen dem Preis von Kaffee in Referenzqualität und dem speziellen Kaffee Arabica aus Kolumbien, den es tatsächlich erhält, und der Variabilität der Logistikkosten. Da Unternehmen B für Lieferungen, die sich auf die aktuelle Ernte beziehen, einen Kaffeeliefervertrag abgeschlossen hat, handelt es sich bei dem Kaffeepreisrisiko im Vergleich zur Referenzqualität um eine vertraglich spezifizierte Risikokomponente, weil die Preisformel eine Indexierung entsprechend dem Preis des börsengehandelten Kaffee-Termingeschäfts beinhaltet. Unternehmen B folgert, dass diese Risikokomponente einzeln identifizierbar und verlässlich bewertbar ist. Für Lieferungen, die sich auf die nächste Ernte beziehen, hat Unternehmen B noch keine Kaffeelieferverträge geschlossen (d. h. bei diesen Lieferungen handelt es sich um erwartete Transaktionen). Somit stellt das Kaffeepreisrisiko im Vergleich zur Referenzqualität eine nicht vertraglich spezifizierte Risikokomponente dar. Unternehmen B berücksichtigt in seiner Marktstrukturanalyse, wie eventuelle Lieferungen des speziellen Kaffees, der dem Unternehmen geliefert wird, preislich gestaltet sind. Somit folgert Unternehmen B anhand dieser Marktstrukturanalyse, dass sich bei den erwarteten Transaktionen auch das Kaffeepreisrisiko niederschlägt, bei dem die Referenzqualität als einzeln identifizierbare und verlässlich bewertbare Risikokomponente widergespiegelt wird, obwohl sie nicht vertraglich spezifiziert ist. Infolgedessen kann Unternehmen B sowohl für Kaffeelieferverträge als auch für erwartete Transaktionen Sicherungsbeziehungen auf Risikokomponentenbasis (für das Kaffeepreisrisiko im Vergleich zur Referenzqualität) designieren.
Unternehmen C sichert einen Teil seiner zukünftigen Kerosineinkäufe auf der Basis seiner Verbrauchsprognose bis zu 24 Monate vor Lieferung ab und erhöht das abgesicherte Volumen im Laufe der Zeit. Unternehmen C sichert dieses Risiko mit verschiedenen Arten von Verträgen je nach Zeithorizont der Absicherung ab, der sich auf die Marktliquidität der Derivate auswirkt. Bei längeren Zeithorizonten (12–24 Monate) setzt Unternehmen C Rohölverträge ein, da nur diese eine ausreichende Marktliquidität aufweisen. Bei Zeithorizonten von 6–12 Monaten nutzt Unternehmen C Gasöl-Derivate aufgrund ihrer hinreichenden Liquidität. Bei Zeithorizonten bis zu 6 Monaten verwendet Unternehmen C Kerosinverträge. Die von Unternehmen C vorgenommene Analyse der Marktstruktur bei Öl und Ölerzeugnissen und seine Auswertung der relevanten Tatsachen und Umstände ist wie folgt:
Unternehmen C ist in einem geografischen Gebiet tätig, in dem Brent das Referenzrohöl ist. Rohöl ist ein Referenzrohstoff, der sich als wesentlicher Eingangsstoff auf den Preis der verschiedenen raffinierten Ölerzeugnisse auswirkt. Gasöl bildet eine Referenz für raffinierte Ölerzeugnisse, die als Preisreferenz für Öldestillate im Allgemeinen herangezogen wird. Dies spiegelt sich auch in den verschiedenen Arten von derivativen Finanzinstrumenten bei den Märkten für Rohöl und raffinierte Ölerzeugnisse in dem Umfeld, in dem Unternehmen C tätig ist, wider, wie z. B.:
dem Referenzrohöl-Termingeschäft, das für das Rohöl Brent gilt,
dem Referenzgasöl-Termingeschäft, das als Preisreferenz für Destillate verwendet wird (beispielsweise decken Kerosin-Spread-Derivate den Preisunterschied zwischen Kerosin und diesem Referenzgasöl ab), und
dem Referenzgasöl-Crack-Spread-Derivat (d. h. ein Derivat für den Preisunterschied zwischen Rohöl und Gasöl — eine Raffinationsspanne), das an Brent Rohöl gekoppelt ist.
Der Preis von raffinierten Ölerzeugnissen hängt nicht davon ab, ob ein bestimmtes Rohöl von einer bestimmten Raffinerie verarbeitet wird, da es sich bei diesen raffinierten Ölerzeugnissen (wie Gasöl oder Kerosin) um standardisierte Erzeugnisse handelt.
Somit folgert Unternehmen C, dass das Preisrisiko seiner Kerosineinkäufe eine rohölpreisabhängige Risikokomponente basierend auf dem Rohöl Brent und eine gasölpreisabhängige Risikokomponente beinhaltet, selbst wenn Rohöl und Gasöl in keiner vertraglichen Vereinbarung spezifiziert sind. Unternehmen C kommt zu dem Schluss, dass diese beiden Risikokomponenten einzeln identifizierbar und verlässlich bewertbar sind, auch wenn sie nicht vertraglich spezifiziert sind. Infolgedessen kann Unternehmen C Sicherungsbeziehungen für erwartete Kerosineinkäufe auf Risikokomponentenbasis (für Rohöl oder Gasöl) designieren. Diese Analyse bedeutet auch, dass für den Fall, dass Unternehmen C Rohöl-Derivate basierend auf dem Rohöl West Texas Intermediate (WTI) einsetzt, Änderungen beim Preisunterschied zwischen den Rohölen Brent und WTI zu einer Unwirksamkeit der Absicherung führen würden.
Unternehmen D hält ein festverzinsliches Schuldinstrument. Dieses Instrument wird in einem Marktumfeld ausgegeben, in dem eine große Anzahl von ähnlichen Schuldinstrumenten über ihre Spreads zu einem Referenzzinssatz (z. B. LIBOR) verglichen werden, wobei variabel verzinsliche Instrumente in diesem Umfeld normalerweise an diesen Referenzzinssatz gekoppelt sind. Zinsswaps werden ausgehend von diesem Referenzzinssatz häufig zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos eingesetzt, ungeachtet des Spreads der Schuldinstrumente zu diesem Referenzzinssatz. Der Preis von festverzinslichen Schuldinstrumenten variiert direkt als Reaktion auf Änderungen des Referenzzinssatzes, sobald diese eintreten. Unternehmen D folgert, dass der Referenzzinssatz eine Risikokomponente ist, die einzeln identifizierbar und verlässlich bewertbar ist. Daher kann Unternehmen D Sicherungsbeziehungen für das festverzinsliche Schuldinstrument auf Risikokomponentenbasis bezogen auf das Referenzzinssatzrisiko designieren.
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QAAAF-87184