Stichtagsregelung für Leistungen an Gewerkschaftsmitglieder
Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, § 75 Abs 1 BGB, § 1 TVG
Instanzenzug: Az: 8 Ca 11417/12 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 7 Sa 259/13 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf ein höheres Transferentgelt (BeE-Monatsentgelt), eine höhere „Sprinterprämie“ sowie über eine weitere Abfindungszahlung.
2Der nicht gewerkschaftlich organisierte Kläger war seit längerem bei der Beklagten zu 1. bzw. deren Rechtsvorgängerin im Betrieb St.-Martin-Straße in München beschäftigt.
3Eine von der Beklagten zu 1. geplante vollständige Schließung ihres Betriebs St.-Martin-Straße konnte durch Verhandlungen mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat und der zuständigen Industriegewerkschaft Metall (im Folgenden IG Metall) teilweise abgewendet werden.
4Hierzu schlossen die Beklagte zu 1. und die IG Metall am einen „Transfer- und Sozialtarifvertrag“ (nachfolgend TS-TV) sowie einen Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag (nachfolgend ETS-TV) ab, nach dessen Geltungsbereich er
5Der TS-TV enthält ua. folgende Regelungen:
6Der ETS-TV regelt weiter:
7Am gleichen Tag vereinbarte die Beklagte zu 1. mit dem Betriebsrat des Betriebs St.-Martin-Straße einen „Interessenausgleich“, dem eine Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer beigefügt war und der ua. die Gründung von vier neuen Unternehmen/Gesellschaften als Rechtsnachfolgerinnen einzelner betroffener Unternehmensbereiche der Beklagten zu 1. vorsah. In Nr. 5 ist unter der Überschrift „Sozialplan“ geregelt:
8Der Kläger schloss im April 2012 mit den beiden Beklagten einen dreiseitigen Vertrag (im Folgenden DV), mit dem sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1. „aus betriebsbedingten Gründen mit Ablauf des “ ohne Kündigung beendet und bei der Beklagten zu 2. ab dem im Rahmen eines „Vermittlungs- und Qualifizierungsvertrages“ begründet wurde (Abschn. A Nr. 1, Abschn. B Nr. 1 DV). Des Weiteren wurde in Abschn. A Nr. 2.1 DV die Zahlung einer Abfindung vereinbart, deren Höhe von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängen sollte (max. 110.000,00 Euro) und überdies für Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des ETS-TV fielen, eine um 10.000,00 Euro höhere Abfindung vorsah (max. 120.000,00 Euro). Die monatliche Vergütung bei der Beklagten zu 2. war mit 70 % des Bruttomonatseinkommens vereinbart; für Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich des ETS-TV sollten 80 % geleistet werden (Abschn. B Nr. 4 DV). Hinsichtlich des weiteren Inhalts von TS-TV, ETS-TV, Interessenausgleich und DV wird auf die Entscheidungen der Vorinstanzen verwiesen (zu den tariflichen und betriebsverfassungsrechtlichen Vereinbarungen vgl. auch - Rn. 5 bis 8, BAGE 151, 235).
9Zur Bestimmung des BeE-Monatsentgelts von 70 % errechnete die Beklagte zu 2. - auf der Basis des letzten Bruttomonatseinkommens (x 13,5 : 12) - und unter Berücksichtigung der persönlichen Sozialversicherungs- und Steuermerkmale des Klägers dessen Nettoentgelt. Von diesem zog sie das vom Kläger erzielte Transferkurzarbeitergeld ab und zahlte die Differenz als Aufstockungsleistung. Diesen Zuschuss errechnete sie sodann auf einen Bruttobetrag hoch, der nun zusammen mit dem Transferkurzarbeitergeld und den Sozialversicherungsbeiträgen sowie den Steuern das Gesamteinkommen des Klägers ausmacht.
10Der Kläger schied zum aus dem Vertragsverhältnis zur Beklagten zu 2. aus und erhielt eine „Sprinterprämie“.
11Mit seiner Klage hat der Kläger eine weitere Abfindung entsprechend dem ETS-TV iHv. 10.000,00 Euro, die Zahlung von 80 % seines Bruttomonatseinkommens als BeE-Monatsentgelt unter entsprechender Anrechnung geleisteter Zahlungen sowie eine entsprechend höhere „Sprinterprämie“ geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, ihm stehe die höhere Abfindung und die Zahlung des höheren BeE-Monatsentgelts nach den Regelungen des ETS-TV zu. Er sei so zu stellen, als würde dieser Tarifvertrag Anwendung finden, da die durch den ETS-TV geschaffene Differenzierung bei der Abfindung und bei der Höhe des Transferentgelts den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie das Grundrecht auf negative Koalitionsfreiheit verletze. Aus der ihn beeinträchtigenden Begünstigung von Gewerkschaftsmitgliedern ergebe sich ein Anspruch auf eine gerichtlich vorzunehmende Anpassung der zu zahlenden Leistungen „nach oben“. Die Tarifverträge würden unzulässigerweise zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und anderen ohne sachlichen Grund beim notwendigen Ausgleich der sich aus der Betriebsänderung ergebenden wirtschaftlichen Nachteile differenzieren, was der dreiseitige Vertrag fortschreibe. Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft zu einem bestimmten Stichtag könne unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der streitigen Leistungen kein legitimer Differenzierungsgrund sein. Es sei ein unverhältnismäßiger Druck zum Beitritt in die Gewerkschaft aufgebaut worden. Die IG Metall habe im Vorfeld verkündet, sie werde nur in Verhandlungen über einen Standortsicherungsvertrag eintreten, wenn der Organisationsgrad bei 50 % liege. Die „nicht oder anders organisierten“ Arbeitnehmer seien bei der später durchgeführten Restrukturierung demgemäß „abgestraft“ und schlechter behandelt worden. Zudem seien die „Sprinterprämie“ und das Transferentgelt falsch ermittelt und berechnet worden. Sie seien auf der Basis von 80 % zu berechnen. Die Herunterrechnung auf das Nettoentgelt und die anschließende Hochrechnung auf die Bruttovergütung sei unverständlich und rechtlich unhaltbar, auch weil der dreiseitige Vertrag nicht hinreichend zum Ausdruck bringe, dass bei Bezug des Transferkurzarbeitergeldes kein Bruttomonatsentgelt, sondern lediglich ein Aufstockungsbetrag als Zuschuss erbracht werden solle.
12Der Kläger hat zuletzt beantragt,
13Die Beklagten haben zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Abfindung und das Transferentgelt seien korrekt berechnet und erfüllt worden. Der Kläger könne weder eine weitere Abfindung von 10.000,00 Euro noch ein BeE-Monatsentgelt in Höhe von 80 % oder eine höhere „Sprinterprämie“ verlangen. Er erfülle die Voraussetzungen des ETS-TV nicht, da er zum Stichtag nicht Mitglied der IG Metall gewesen sei. Die Differenzierung zwischen Gewerkschaftsmitgliedern sei zulässig, es gebe hierfür vor dem Hintergrund der angespannten wirtschaftlichen Situation der Beklagten zu 1. und der geplanten Stilllegung des Standorts St.-Martin-Straße einen hinreichenden Sachgrund. Mit den tariflichen Regelungen sei kein strukturell unzulässiger Druck auf die Beschäftigten zum Beitritt in eine Gewerkschaft ausgeübt worden. Allein die Höhe eines nur für einen begrenzten Zeitraum gewährten Vorteils reiche hierfür nicht aus. Dem nicht organisierten Kläger sei nichts genommen worden, worauf er einen Anspruch gehabt habe. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Betriebsparteien keinen Sozialplan oder eine andere eigenständige Regelung getroffen hätten, die allein unter den Anwendungsbereich dieser Norm fiele. Zudem nehme der Interessenausgleich für alle betroffenen Beschäftigten nur auf den TS-TV, nicht jedoch auf den ETS-TV Bezug; er differenziere gerade nicht zwischen organisierten und nicht organisierten Beschäftigten. Die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers stelle im Übrigen einen ausreichenden Rechtfertigungsgrund für eine ungleiche Behandlung durch die Betriebsparteien dar. Zudem scheide eine von dem Kläger geltend gemachte „Anpassung nach oben“ aus. Eine Anpassung der tariflichen Regelung durch die Gerichte würde vielmehr einen Eingriff in die Tarifautonomie darstellen, da der Beklagten zu 1. damit Regelungen aufgezwungen würden, die sie so nie abgeschlossen hätte. Zudem würde das Gesamtvolumen des „Sozialplans“ erheblich erhöht, da rund die Hälfte aller Arbeitnehmer des Betriebs dann Anspruch auf die zusätzlichen Leistungen hätten (Kosten ca. 7,2 Mio. Euro). Das BeE-Monatsentgelt sei auf der Basis von 70 % zutreffend berechnet worden. Während des Bezugs von Transferkurzarbeitergeld sei das Referenzbruttoentgelt nur als Rechengröße heranzuziehen. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut des abgeschlossenen dreiseitigen Vertrags iVm. TS-TV, der von einem „BeE-Monatsentgelt“ spricht. Der DV begründe keinen über die Regelungen des TS-TV hinausgehenden Anspruch. Mit der Bezugnahme auf den TS-TV hätten die Parteien des DV eine einheitliche Berechnungsmethode nach Maßgabe des TS-TV vereinbart.
14Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Gründe
15Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klage hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger für den von ihm erhobenen Anspruch auf Zahlung einer höheren Abfindung auch die Beklagten zu 1. und 2. jeweils als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen könnte, wofür wenig spricht. Denn der Kläger hat gegen die Beklagten weder einen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Abfindung noch auf Zahlung eines höheren BeE-Monatsentgelts oder einer höheren „Sprinterprämie“.
16I. Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Der Kläger kann weder aufgrund einer Geltung des ETS-TV noch auf der Grundlage der Regelungen im DV iVm. § 3 ETS-TV oder aus Gleichbehandlungsgründen bzw. aus § 75 BetrVG einen um 10.000,00 Euro höheren Abfindungsbetrag beanspruchen.
171. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich weder aus Abschn. A Nr. 2.1 DV noch aus § 3 ETS-TV. Er wird nicht vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrags erfasst. Nach § 1 Nr. 2 ETS-TV gilt der Tarifvertrag persönlich für alle Beschäftigten, die bis einschließlich , 12:00 Uhr Mitglied der IG Metall geworden sind, sofern sie die individuellen Voraussetzungen für den Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld gemäß §§ 169 ff. SGB III erfüllen. Da der Kläger zum Zeitpunkt des wirksam geregelten Stichtags nicht Mitglied der IG Metall war, gilt der ETS-TV für ihn nicht. Ihm steht deshalb keine höhere Abfindungszahlung zu, auch nicht nach Abschn. A Nr. 2.1 Satz 4 DV (vgl. dazu schon - Rn. 37, BAGE 151, 235; zuletzt: - 4 AZR 8/14 - Rn. 16).
18a) Mit den Regelungen über den persönlichen Geltungsbereich in § 1 Nr. 2 ETS-TV (zu den Kriterien der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags - Rn. 21 mwN) werden nicht nur „deklaratorisch“ die Voraussetzungen für eine normative Wirkung des Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1 TVG wiederholt, sondern ist vielmehr eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung formuliert worden (vgl. - Rn. 26, BAGE 151, 235). Anders als § 7 Abs. 1 TS-TV setzt ein Anspruch nach § 3 Satz 1 ETS-TV nicht nur eine Mitgliedschaft in der IG Metall im Sinne einer Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG voraus, sondern verlangt für den ergänzenden Abfindungsanspruch nach § 3 ETS-TV eine zum Stichtag bestehende Gewerkschaftsmitgliedschaft (ausf. - Rn. 26 ff., aaO). Damit differenzieren die Tarifverträge zwischen zwei Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern und damit allein zwischen tarifgebundenen Arbeitnehmern, also denjenigen, für die ein Tarifvertrag ohnehin nach § 1 Abs. 1 TVG nur Rechtsnormen über Abschluss, Inhalt und Beendigung von Arbeitsverhältnissen setzen kann. Entgegen der Auffassung der Revision und des Berufungsgerichts handelt es sich nicht um eine sog. einfache Differenzierungsklausel (vgl. - aaO).
19b) Die gewählte Stichtagsregelung in § 1 Nr. 2 ETS-TV ist wirksam. Insbesondere verletzt sie weder die sog. negative Koalitionsfreiheit des Klägers noch verstößt sie gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
20aa) Tarifvertragsparteien sind innerhalb der Grenzen ihrer Reglungsmacht bei der Bestimmung der Voraussetzungen und der Festlegung der Höhe von Leistungen zur Abmilderung von wirtschaftlichen und sozialen Nachteilen anlässlich einer Betriebsänderung weitgehend frei. Ihr Gestaltungsspielraum umfasst dabei auch die Entscheidung, welchen Zeitraum sie für die an den tatsächlich eintretenden Nachteilen orientierte Ausgestaltung der Leistung wählen. Ihnen steht es frei, je nach Art der Betriebsänderung und der dadurch entstandenen Nachteile unterschiedliche Leistungen zu vereinbaren und dabei etwa neben einmaligen Abfindungszahlungen auch andere Leistungen - zB laufende Überbrückungsgelder - vorzusehen. Sie können grundsätzlich auch die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft zu einem bestimmten Stichtag als Anspruchsvoraussetzung formulieren, wenn der Stichtag nicht willkürlich gewählt wurde, sondern es für ihn einen sachlichen Grund gibt. Eine rechtliche Pflicht, einheitliche Regelungen für alle Gewerkschaftsmitglieder zu vereinbaren, ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Dadurch wird - unabhängig von der Höhe der tariflichen „Sonderleistung“ - auch kein „unerträglicher Druck“ zum Gewerkschaftsbeitritt erzeugt (vgl. hierzu ausf. - Rn. 33 ff., BAGE 151, 235). Die Stichtagsregelung kann damit ua. auch dem Regelungszweck dienen - und dies verkennt der Kläger -, einem bestimmten „berechenbaren“ Kreis von Gewerkschaftsmitgliedern einen Anspruch auf die Ergänzungsleistungen mit ihrer Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion zu vermitteln. Damit wird einerseits den „Außenseitern“ und „nicht organisierten Arbeitnehmern“ oder den „später Organisierten“ nicht die Möglichkeit genommen, auf vertragliche Weise auch an diesen tariflich geregelten Ansprüchen zu partizipieren. Es wäre aber andererseits nicht möglich, verlässlich zu bestimmen und zu planen, wie viele Mitglieder einen - zusätzlichen - Anspruch auf ergänzende Leistungen in dem begrenzten Zeitraum tatsächlich haben und nach welchen Kriterien dann das zugrunde gelegte, ausgehandelte finanzielle Volumen des Tarifvertrags „umverteilt“ werden müsste (vgl. dazu ausf. - Rn. 41 ff., aaO).
21bb) Die zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarte Stichtagsregelung für den vorliegenden Tarifvertrag mit sozialplanähnlichem Inhalt orientiert sich an der geplanten Betriebsänderung des Betriebs „St.-Martin-Straße“ in München als einmaligem Vorgang und regelt die damit im Zusammenhang stehenden Überbrückungsleistungen. Im Hinblick auf den tariflichen Regelungsgegenstand war es sachlich nicht ungerechtfertigt, für den persönlichen Geltungsbereich des ETS-TV einen Stichtag zu vereinbaren, nach dem sich der Kreis der betroffenen Gewerkschaftsmitglieder bestimmen sollte. Die Tarifvertragsparteien konnten unter Berücksichtigung der koalitionsspezifischen Interessen der IG Metall, die der Aufhebung des tariflichen Sonderkündigungsschutzes für bereits bei ihr organisierte Arbeitnehmer zustimmen sollte, die tariflich vorgesehene Ergänzungsleistung nach § 3 ETS-TV auf die Mitglieder beschränken, die am - 12:00 Uhr bereits in der Gewerkschaft waren und nicht erst, nachdem die Tarifverhandlungsergebnisse feststanden. Andernfalls hätte sich auch der Kreis der Anspruchsberechtigten nicht kalkulieren lassen (vgl. dazu ausf. - Rn. 41 ff., BAGE 151, 235; - 4 AZR 8/14 - Rn. 20).
222. Der Kläger kann den Anspruch auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Die vertraglichen Vereinbarungen nach Abschn. A Nr. 2.1 DV als Teil der erforderlichen Umsetzung der Tarifregelungen des TS-TV und des ETS-TV sind nicht an dessen Maßstab zu messen. Die Voraussetzungen für eine Begrenzung privatautonomen Handelns anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes liegen nicht vor (vgl. zum Prüfungsmaßstab und zu weiteren Einzelheiten - Rn. 55 ff., BAGE 151, 235).
233. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem „Interessenausgleich“ vom .
24a) Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, die Betriebsparteien hätten durch Nr. 5 des Interessenausgleichs („Sozialplan“) die Regelungen des TS-TV als eigenen Sozialplan übernommen. Die ausschließlich erfolgte Einbeziehung des TS-TV und nicht zugleich des ETS-TV in eine betriebliche Vereinbarung verstößt entgegen der Ansicht des Klägers nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 BetrVG, da die Betriebsparteien durch die Bezugnahme nur auf den TS-TV gerade davon abgesehen haben, zwischen bestimmten Mitgliedern der IG Metall und den anderen - auch unorganisierten - Arbeitnehmern zu differenzieren (so im Ergebnis und mit eingehender Begründung schon - Rn. 62 ff., BAGE 151, 235). Soweit weiter eingewandt werden könnte, der Betriebsrat habe seine ihm nach den §§ 111 ff. BetrVG obliegenden Aufgaben nicht oder nur unzureichend wahrgenommen, wird verkannt, dass es ein „Nebeneinander“ von Tarifverträgen mit sozialplanähnlichem Inhalt und betriebsverfassungsrechtlichen Sozialplänen gibt, für die unterschiedliche Akteure verantwortlich sind (zur Kompetenz der Tarifvertragsparteien zum Abschluss eines Tarifvertrags mit sozialplanähnlichem Inhalt vgl. - Rn. 64 ff., aaO). Jedenfalls sind die Betriebsparteien nicht verpflichtet, alle anlässlich einer Betriebsänderung zwischen den Tarifvertragsparteien getroffenen Vereinbarungen in einen Sozialplan zu übernehmen. Dagegen spricht bereits, dass sie angesichts der Vielfalt ausgleichsfähiger und -bedürftiger Nachteile einen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum haben, der sogar so weit geht, gar keinen Interessenausgleich oder Sozialplan abzuschließen. Schließlich ist nicht erkennbar, dass für die nicht vom ETS-TV erfassten Arbeitnehmer sich dadurch ein Nachteil ergeben hat, weil deshalb zu geringe Mittel für den betrieblichen Sozialplan vorhanden gewesen wären („Auszehrung“ des Topfes). Im Entscheidungsfall haben alle Arbeitnehmer der Beklagten zu 1., wie der Kläger, einen Anspruch auf eine Abfindung von bis zu 110.000,00 Euro gehabt (vgl. dazu - Rn. 67, aaO).
25b) Da ein Anspruch des Klägers bereits dem Grunde nach nicht gegeben ist, kann offenbleiben, ob - wie der Kläger meint - überhaupt eine Anpassung der Abfindungszahlung „nach oben“ stattfinden kann (ablehnend bei Sozialplanansprüchen, die das Gesamtvolumen erheblich erhöhen - zu III 1 der Gründe mwN, BAGE 108, 147), indem er für sich die Anwendung nicht nur des Tarifvertrags begehrt, der von einer Gewerkschaft abgeschlossen ist, der er qua privatautonomer Entscheidung nicht angehört, sondern sogar diejenigen Leistungen, die nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nur einem ausgewählten Teil der Gewerkschaftsmitglieder zustehen soll (vgl. - Rn. 59, BAGE 151, 235).
26II. Auch die weiteren Klageanträge bleiben erfolglos.
271. Der Kläger kann keine Ergänzung der monatlichen Zahlungen zu den Mindestbedingungen seines Transferarbeitsverhältnisses nach § 2 Satz 1 ETS-TV (monatlich 80 %) seines Bruttomonatseinkommens bzw. eine auf dieser Basis errechnete „Sprinterprämie“ nach § 5 Abs. 12 TS-TV verlangen. Er hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 2. auf ein 80%iges Transferentgelt, da die Voraussetzungen des § 2 Satz 1, § 1 Nr. 2 ETS-TV nicht erfüllt sind. Der Kläger wird vom persönlichen Geltungsbereich des ETS-TV nicht erfasst.
282. Dem Kläger steht auch kein höheres BeE-Monatsentgelt auf der Basis von 70 % aufgrund einer anderen Berechnung(-smethode) zu.
29Nach Abschn. B Nr. 4 DV iVm. § 5 Abs. 3 TS-TV kann der Kläger kein höheres BeE-Monatsentgelt verlangen, auf das erst dann die etwaigen Nettoleistungen der Agentur für Arbeit anzurechnen sind. Das „Referenzbruttoentgelt“ stellt für den Zeitraum des Bezugs von Transferkurzarbeitergeld lediglich eine Rechengröße dar ( - Rn. 11 und Rn. 16). Das ergibt die Auslegung der im Formulararbeitsvertrag enthaltenen vertraglichen Regelung (zu den Maßstäben der Auslegung - Rn. 78, BAGE 151, 235).
30Die Parteien haben in Abschn. B Nr. 4 Satz 1 DV nicht lediglich ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 70 % der maßgebenden Bezugsgröße vereinbart. Zwar spricht die vertragliche Regelung von einem „BruttoMonats-Einkommen“. Dieses ist aber „gemäß § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrags“ zu zahlen, der von einem BeE-Monatsentgelt und nicht von einem Bruttomonatseinkommen handelt. Die ausdrückliche Bezugnahme auf § 5 Abs. 3 TS-TV bringt nach der Rechtsprechung des Senats hinreichend klar zum Ausdruck, dass die dort von den Tarifvertragsparteien getroffene Regelung maßgebend sein soll ( - Rn. 79, BAGE 151, 235). Damit wird zur Berechnung der Höhe des monatlichen Entgelts ein „Referenz“-Bruttoeinkommen benannt, das sich aus den Entgeltzahlungen der Arbeitgeberin und - sofern eine Zahlung erfolgt - aus den netto gewährten Leistungen der Agentur für Arbeit nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 TS-TV zusammensetzt. Damit besteht lediglich eine Verpflichtung, für den Bewilligungszeitraum eine Aufstockungsleistung iSv. § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB III in Form eines Zuschusses zum Transferkurzarbeitergeld zu zahlen. Dies wird durch Abschn. B Nr. 4 Satz 1 DV bestätigt, wonach das Entgelt „unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit“ geleistet wird.
31Aufgrund der gleichgerichteten Funktion von Transferkurzarbeitergeld und Aufstockungsleistung ist deshalb bei der vertraglichen Zusage von einem Zuschuss zum Nettoentgelt auszugehen ( - Rn. 20 ff. mwN). Beide Aufstockungsleistungen sollen die arbeitsausfallbedingte Nettoentgeltdifferenz verringern.
32Die Beklagte zu 2. hat das dem Kläger zustehende Bruttomonatseinkommen zutreffend ermittelt. Weitere Einwände hat der Kläger nicht erhoben. Sein Anspruch auf ein 70%iges Transferentgelt ist durch die unstreitig geleisteten Zahlungen erfüllt worden.
333. Da keine „Berechnungsfehler“ vorliegen, erhöht sich auch insoweit der Anspruch des Klägers bezüglich der ihm zu leistenden „Sprinterprämie“ nicht.
34III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:150616.U.4AZR368.14.0
Fundstelle(n):
MAAAF-86679