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FG Baden-Württemberg Urteil v. - 13 K 2290/14 EFG 2016 S. 1665 Nr. 20

Gesetze: AO § 122 Abs. 1 S. 1, AO § 122 Abs. 1 S. 3, AO § 124, AO § 125, AO § 171 Abs. 9, AO § 171 Abs. 5 S. 2, AO § 110

Mehrfach Bekanntgabe desselben Steuerbescheids

Ablaufhemmung im Falle der Steuerhinterziehung

keine Wiedereinsetzung bei Büroversehen

Abstimmungspflicht zwischen Prozessbevollmächtigten und Mandaten

Leitsatz

1. Ist der Umfang der Prozessvollmacht sowohl sachlich als auch zeitlich nicht klar und eindeutig formuliert, handelt die Finanzbehörde nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie den Steuerbescheid dem Steuerpflichtigen persönlich per Amtsboten und dem Prozessbevollmächtigten mittels einfachem Brief bekannt gibt.

2. Bei mehrfacher Zustellung zu verschiedenen Zeitpunkten an verschiedene Zustellungsempfänger beginnt der Lauf der Rechtsmittelfrist nach ständiger Rspr. mit der zeitlich ersten Zustellung.

3. Ein mehrfach bekannt gegebener Steuerbescheid ist nicht nichtig, wenn erkennbar ist, dass es sich um ein und denselben Steueranspruch und lediglich um mehrere Ausdrucke desselben Titels handelt.

4. Der Umstand, dass im Adressfeld des Bescheides nicht der Steuerpflichtige, sondern auch der Prozessbevollmächtigte genannt wird, führt weder zur Nichtigkeit noch zu einer sonstigen Unwirksamkeit des Bescheides.

5. Eine unrichtige Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten ist unschädlich, sofern der Inhaltsadressat den Verwaltungsakt tatsächlich erhalten hat

6. Die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 9 AO tritt nur für diejenigen Steueransprüche ein, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde in seiner Selbstanzeige mitgeteilt hat.

7. Liegt aufgrund des Eintritts der strafrechtlichen Verjährung keine verfolgbare Straftat vor, kann der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht gem. § 171 Abs. 5 S. 2 AO gehemmt werden.

8. Ein Büroversehen ist nicht ursächlich für ein Fristversäumnis, wenn der Bevollmächtigte dieses hätte erkennen und verhindern können, so dass eine Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist nach § 110 AO nicht in Betracht kommt.

9. im Falle des Ergehens von mehreren Steuerbescheiden besteht eine gegenseitige Informations- und Abstimmungspflicht zwischen dem Steuerpflichtigen und seinem Prozessbevollmächtigten, deren Nichteinhaltung grundsätzlich ein Verschulden begründet, das die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ausschließt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
EFG 2016 S. 1665 Nr. 20
PStR 2016 S. 314 Nr. 12
IAAAF-82512

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