BGH Beschluss v. - I ZB 1/15

Schiedsgerichtssache: Rechtsschutzbedürfnis für Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts nach Erlass eines Endschiedsspruchs; Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach Verneinung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch das Rechtsbeschwerdegericht; Erforderlichkeit der Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens als Frage der Zulässigkeit der Schiedsklage; Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bei Unwirksamkeit des Hauptvertrages

Leitsatz

1. Der Erlass eines Endschiedsspruchs lässt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts (§ 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO) nicht entfallen (Aufgabe von , SchiedsVZ 2013, 333 f.; Beschluss vom , III ZB 37/12, SchiedsVZ 2014, 200 Rn. 4 bis 8).

2. Gegen den Endschiedsspruch kann der Antrag auf gerichtliche Aufhebung (§ 1059 ZPO) gestellt werden, wenn das Rechtsbeschwerdegericht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO verneint hat. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, muss der Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO innerhalb einer Frist von drei Monaten bei Gericht eingereicht werden. Die Frist beginnt in entsprechender Anwendung von § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit dem Tag, an dem der Antragsteller die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts empfangen hat.

3. Die Frage nach der Erforderlichkeit der Durchführung eines der Schiedsklage vorgeschalteten Streitbeilegungsverfahrens ist nicht im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu beantworten, weil sie nicht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, sondern die Zulässigkeit der Schiedsklage betrifft.

4. Haben die Parteien eines Vertrages eine Schiedsklausel vereinbart, wonach alle Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen, führt nach § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrages im Zweifel nicht zur Unwirksamkeit  oder Beendigung der darin enthaltenen Schiedsvereinbarung und ist das Schiedsgericht zur Entscheidung von Streitigkeiten über die Gültigkeit und das Bestehen des Vertrags und die bei Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrags bestehenden Ansprüche zuständig.

Gesetze: § 1040 Abs 1 S 2 ZPO, § 1040 Abs 3 S 2 ZPO, § 1059 Abs 3 S 1 ZPO, § 1059 Abs 3 S 2 ZPO, § 1062 Abs 1 Nr 2 Alt 2 ZPO, § 1065 Abs 1 S 1 ZPO

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 26 SchH 11/14

Gründe

1I. Der Antragsgegner ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A.    GmbH. Der Antragsteller ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen ihrer Tochtergesellschaft A.    G.   GmbH. Der Antragsgegner hat gegen den Antragsteller eine Schiedsklage erhoben. Die Parteien streiten über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts.

2Die A.    -Gruppe hatte mit einem "Share Purchase Agreement" (SPA) vom das "Consumer Imaging Business" (CI Business) von der A. -Ge.  -Gruppe übernommen. Innerhalb der A.    -Gruppe waren die A.    GmbH für die Produktion und die A.    G.   GmbH für den Vertrieb in Deutschland zuständig. Die A.    GmbH schloss mit der A.    G.   GmbH als "CI Partner" unter Beteiligung weiterer Parteien am 1./ ein "Sales Processing and Servicing Agreement" (SPSA). Nach Art. 9.07 SPSA sollen alle Rechtsstreitigkeiten aus oder in Verbindung mit dieser Vereinbarung in Einklang mit Art. 9.09 SPA entschieden werden. Art. 9.09 Buchst. c SPA enthält folgende Schiedsklausel:

Die Parteien verständigen sich unwiderruflich darauf, dass Streitigkeiten, die aus oder im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen entstehen und die nicht im Einklang mit den Vorschriften dieses Art. 9.09 einvernehmlich gelöst wurden, abschließend durch ein Schiedsgericht in Frankfurt von drei Schiedsrichtern entschieden werden […].

Art. 7.05 SPSA regelt die Beendigung der Vereinbarung wie folgt:

Diese Vereinbarung soll automatisch enden mit Wirkung für alle Parteien, wenn ein CI Partner […] oder ein Lieferant zahlungsunfähig wird oder ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hinsichtlich eines CI Partners […] oder eines Lieferanten gestellt wurde.

3Die A.    GmbH, ein "CI Partner", beantragte am die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss vom eröffnete das Amtsgericht Köln das eigenverwaltete Insolvenzverfahren unter Bestellung des Antragsgegners zum Sachwalter. Mit Beschluss vom leitete das Amtsgericht Köln das Verfahren in das reguläre Insolvenzverfahren unter Bestellung des Antragsgegners zum Insolvenzverwalter über. Der Antragsteller wurde durch zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der A.    G.   GmbH bestellt.

4Ende des Jahres 2012 hat der Antragsgegner gegen den Antragsteller eine Schiedsklage erhoben, mit der er ihn aus abgetretenem Recht auf Auskunft über eingezogene Forderungen und auf Auskehrung der sich aus der Auskunft ergebenden Beträge in Anspruch nimmt. Außerdem beansprucht er aus eigenem Recht die Erstattung von Auslagen.

5Der Antragsteller hat die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts gerügt. Das Schiedsgericht hat sich durch Zwischenentscheid für zuständig erklärt. Der Antragsteller hat beim Oberlandesgericht die Aufhebung des Zwischenentscheids und die Feststellung seiner Unwirksamkeit beantragt. Das Oberlandesgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

6II. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts ist von Gesetzes wegen statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO genannte Entscheidung des Oberlandesgerichts über einen Antrag betreffend die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid bejaht hat (§ 1040 ZPO), findet gemäß § 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde statt. Die Rechtsbeschwerde ist auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet. Das Schiedsgericht hat, wie das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat, seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die Schiedsklage mit Recht bejaht.

71. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung macht ohne Erfolg geltend, der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Zwischenentscheid des Schiedsgerichts sei dadurch unzulässig geworden, dass das Schiedsgericht am einen Teilschiedsspruch über den Auskunftsanspruch und am den Endschiedsspruch erlassen habe.

8a) Die erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgetragene Tatsache, dass das Schiedsgericht während der Anhängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung einen Teilschiedsspruch und einen Endschiedsspruch erlassen hat, kann allerdings im Rechtsbeschwerdeverfahren berücksichtigt werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Beurteilung des Rechtsbeschwerdegerichts gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO nur die vom Beschwerdegericht festgestellten Tatsachen unterliegen. Neuer Tatsachenvortrag zu Prozessvoraussetzungen ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu berücksichtigen, weil Prozessvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen sind (, BGHZ 156, 165, 167 f. mwN). Das Vorbringen der Rechtsbeschwerdeerwiderung betrifft eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung, nämlich die Frage, ob das Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts mit dem Erlass des Teilschiedsspruchs oder des Endschiedsspruchs entfallen ist, weil die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts aufgrund unwirksamer Schiedsvereinbarung dann im Verfahren auf Aufhebung (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO) oder Vollstreckbarerklärung (§ 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO) des Schiedsspruchs zu prüfen ist. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage für den Erlass des Endschiedsspruch bislang bejaht (vgl. , SchiedsVZ 2013, 333 f.; Beschluss vom - III ZB 37/12, SchiedsVZ 2014, 200 Rn. 4 bis 8; Beschluss vom - I ZB 5/15, juris Rn. 7; vgl. auch Beschluss vom - I ZB 2/15, WM 2016, 1047 Rn. 80) und für den Erlass eines Teilschiedsspruchs verneint (vgl. , SchiedsVZ 2014, 254 Rn. 6).

9b) Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts entfällt jedoch weder mit dem Erlass des Teilschiedsspruchs noch mit dem Erlass eines Endschiedsspruchs. An der abweichenden Auffassung des ehemals für die Rechtsstreitigkeiten über Schiedsvereinbarungen und Schiedssprüche zuständigen III. Zivilsenats, der sich der für diese Rechtsstreitigkeiten nunmehr zuständige I. Zivilsenat zunächst angeschlossen hat, wird nicht festgehalten. Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie und das Interesse der Beteiligten, die auf das Verfahren über den Zwischenentscheid aufgewandten Kosten und Mühen nicht weitgehend zu entwerten, hat nach Ansicht des erkennenden Senats größeres Gewicht als die gegen eine Fortführung des Verfahrens nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO bestehenden Bedenken (vgl. Voit in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 1040 Rn. 12; Pörnbacher/Gebert, SchiedsVZ 2014, 202; Griebel, IPRax 2015, 324, 325; aA noch BGH, SchiedsVZ 2013, 333 f.). Zwischen der früheren Entscheidung des Schiedsgerichts in der Hauptsache und der späteren Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts im Zwischenstreit über die Zuständigkeit kommt es zwar zu einem Konflikt, wenn das Schiedsgericht in der Hauptsache über die Schiedsklage entschieden hat und das Rechtsbeschwerdegericht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO verneint. Dieser Konflikt kann jedoch dadurch aufgelöst werden, dass der Endschiedsspruch auf einen entsprechenden Antrag einer Partei nach § 1059 Abs. 1 und 2 ZPO vom Oberlandesgericht aufgehoben wird (vgl. MünchKomm.ZPO/Münch, 4. Aufl., § 1032 ZPO Rn. 28; aA [Nichtigkeit des Schiedsspruchs] Voit in Musielak/Voit aaO § 1040 Rn. 14; jeweils mwN auch zur Gegenansicht). Die in § 1059 Abs. 3 ZPO enthaltene Regelung wird dadurch nicht unterlaufen (aA noch BGH, SchiedsVZ 2013, 333, 334). Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, muss der Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO innerhalb einer Frist von drei Monaten bei Gericht eingereicht werden. Die Frist beginnt in entsprechender Anwendung von § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit dem Tag, an dem der Antragsteller die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts empfangen hat.

102. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die A.    GmbH und die A.    G.   GmbH eine wirksame Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) geschlossen haben. Sie haben mit der Vereinbarung in Art. 9.07 SPSA, dass alle Rechtsstreitigkeiten aus oder in Verbindung mit dem SPSA in Einklang mit Art. 9.09 SPA entschieden werden sollen, die in Art. 9.09 SPA enthaltene Schiedsklausel in das SPSA einbezogen. Das Oberlandesgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass die Parteien als Insolvenzverwalter über die Vermögen der A.    GmbH und der A.    G.   GmbH an diese Schiedsvereinbarung gebunden sind, soweit mit der Schiedsklage - wie im Streitfall - vertragliche Ansprüche geltend gemacht werden. Da die Schiedsvereinbarung weder ein gegenseitiger Vertrag im Sinne von § 103 InsO noch ein Auftrag im Sinne von § 115 InsO ist, kann der Verwalter weder die Erfüllung ablehnen noch erlischt die Schiedsvereinbarung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. , WM 2013, 1514 Rn. 8 mwN). Das Oberlandesgericht ist ferner davon ausgegangen, die von dem Antragsgegner gegen den Antragsteller mit der Schiedsklage geltend gemachten Ansprüche aus abgetretenem und eigenem Recht beträfen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem SPSA und würden insoweit von der Schiedsvereinbarung umfasst. Auch diese Beurteilung wird von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

113. Das Oberlandesgericht hat zutreffend angenommen, dass die Frage, ob die Schiedsklage nach Art. 9.09 SPA erhoben werden durfte, obwohl sich die Parteien nicht zuvor um eine einvernehmliche Lösung der Streitigkeit bemüht hatten, nicht im Verfahren zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nach § 1040 Abs. 3 ZPO zu beantworten ist.

12Nach Art. 9.09 Buchst. c SPA sind Streitigkeiten, die aus oder im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen entstehen und die nicht im Einklang mit den Vorschriften dieses Art. 9.09 einvernehmlich gelöst wurden, abschließend durch ein Schiedsgericht in Frankfurt von drei Schiedsrichtern zu entscheiden. In Art. 9.09 Buchst. a und b SPA ist das dem Schiedsverfahren vorzuschaltende Verfahren der einvernehmlichen Streitbeilegung geregelt. Das Schiedsgericht hat sich in seinem Zwischenentscheid mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Schiedsklage danach erst nach der vergeblichen Durchführung dieses Vorschaltverfahrens erhoben werden durfte. Es hat diese Frage mit der Begründung verneint, die Regelung des Art. 9.09 Buchst. a und b SPA erfasse schon nach ihrem Wortlaut keine Streitigkeiten zwischen Gesellschaften der A.    -Gruppe.

13Das Oberlandesgericht hat mit Recht angenommen, dass die Frage nach der Erforderlichkeit der Durchführung eines der Schiedsklage vorgeschalteten Streitbeilegungsverfahrens nicht im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu beantworten ist, weil sie nicht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, sondern die Zulässigkeit der Schiedsklage betrifft. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts wäre von vornherein nicht gegeben, wenn zunächst das vertraglich vereinbarte Vorschaltverfahren durchgeführt werden müsste. Selbst wenn der Erhebung der Schiedsklage ein Vorverfahren vorausgehen müsste und die Erhebung der Schiedsklage ohne Durchführung des Vorverfahrens unzulässig wäre, änderte dies nichts an der Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Entscheidung über die Schiedsklage. Die Zulässigkeit der Klageerhebung ist keine Voraussetzung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts.

144. Das Oberlandesgericht hat ferner mit Recht angenommen, dass die Schiedsvereinbarung nicht mit dem Antrag der A.    GmbH vom auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wirkungslos geworden ist.

15a) Nach Art. 7.05 SPSA soll die Vereinbarung mit Wirkung für alle Parteien unter anderem dann automatisch enden, wenn ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hinsichtlich eines "CI Partners" gestellt wurde. Die A.    GmbH, ein "CI Partner", hat am die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt.

16b) Es kann offenbleiben, ob die Bestimmung des Art. 7.05 SPSA, wonach die Vereinbarung unter der auflösenden Bedingung eines Insolvenzantrags steht, unwirksam im Sinne von § 119 InsO ist, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ausschließt (zu insolvenzabhängigen Lösungsklauseln in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie vgl. , BGHZ 195, 348 Rn. 8 bis 21). Das Oberlandesgericht hat mit Recht angenommen, die Bestimmung des Art. 7.05 SPSA führe - auch wenn sie wirksam sei - nicht dazu, dass die Schiedsklausel in Art. 9.07 SPSA in Verbindung mit Art. 9.09 SPA mit dem Antrag der A.    GmbH vom auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wirkungslos geworden ist.

17aa) Die Schiedsklausel in Art. 9.07 SPSA in Verbindung mit Art. 9.09 SPA ist zwar Teil der Vereinbarung, die nach der Bestimmung des Art. 7.05 SPSA - ihre Wirksamkeit unterstellt - mit dem Antrag der A.    GmbH vom auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch geendet hat. Eine Schiedsklausel - also eine im Hauptvertrag enthaltene Schiedsvereinbarung - ist jedoch nach § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln. Das gilt auch für die Prüfung ihres Bestehens und ihrer Gültigkeit (vgl. , BGHZ 69, 260, 263 f.; Beschluss vom - III ZB 83/13, BGHZ 202, 168 Rn. 18). Danach kann allein aus dem Umstand, dass die übrigen Vertragsbestimmungen wirkungslos geworden sind, nicht darauf geschlossen werden, dass auch die Schiedsklausel wirkungslos geworden ist. Vielmehr ist, wie das Oberlandesgericht mit Recht angenommen hat, anhand von Wortlaut und Zweck der Schiedsvereinbarung sowie der Interessenlage der Parteien zu entscheiden, ob mit der Beendigung der übrigen Vertragsbestimmungen auch die Schiedsklausel entfallen sollte. Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine Schiedsvereinbarung, wonach alle Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit einem Vertrag durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen, bedeutet, das Schiedsgericht solle auch über die Frage der Gültigkeit und des Bestehens des Vertrags und die bei Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrags bestehenden Ansprüche entscheiden (vgl. , BGHZ 53, 315, 319 bis 323; BGHZ 69, 260, 263 f.; vgl. auch Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 4 Rn. 17). In einem solchen Fall führt die Unwirksamkeit oder Beendigung des Hauptvertrages nicht zur Unwirksamkeit oder Beendigung der darin enthaltenen Schiedsvereinbarung.

18bb) Nach dem Wortlaut von Art. 9.07 SPSA in Verbindung mit Art. 9.09 SPA haben die Parteien hinsichtlich aller Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der Vereinbarung die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart. Das Oberlandesgericht hat angenommen, diese uneingeschränkte Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit könne nur so verstanden werden, dass die Parteien auch Streitigkeiten über die Folgen der Beendigung der Vereinbarung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts unterstellen wollten. Der Zweck der Schiedsvereinbarung spreche gleichfalls dafür, dass sie von der Regelung in Art. 7.05 SPSA unberührt bleiben sollte. An einem Streitbeilegungsmechanismus habe auch bei einer - für den Fall der Insolvenz vereinbarten - Beendigung der Vereinbarung Bedarf bestanden. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

19Die Rechtsbeschwerde rügt vergeblich, das Oberlandesgericht habe sich damit über den eindeutigen Wortlaut des Art. 7.05 SPSA hinweggesetzt, wonach diese Vereinbarung mit Wirkung für alle Parteien automatisch ende, wenn ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werde. Mit "dieser Vereinbarung" sei das SPSA gemeint, das in Art. 9.07 SPSA ausdrücklich auf die Schiedsvereinbarung in Art. 9.09 SPA Bezug nehme. Dies könne nur bedeuten, dass mit dem Insolvenzfall nicht nur das SPSA, sondern auch die darin in Bezug genommene Schiedsvereinbarung automatisch ende. Die Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass das SPSA mit dem Insolvenzantrag der A.    GmbH am automatisch beendet gewesen sei.

20Die Rechtsbeschwerde lässt außer Acht, dass die Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln ist (vgl. oben Rn. 18). Allein der Umstand, dass die Schiedsvereinbarung ein Bestandteil des Hauptvertrages ist, führt daher nicht dazu, dass sie das rechtliche Schicksal der übrigen Bestimmungen des Hauptvertrages teilt. Deshalb kann daraus, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, die Vereinbarung habe mit dem Eintritt des Insolvenzfalles automatisch geendet, nicht geschlossen werden, sie seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der beendeten Vereinbarung nicht mehr wie vereinbart durch ein Schiedsgericht zu entscheiden sind.

21III. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts auf Kosten des Antragstellers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Büscher                         Koch                         Löffler

                Schwonke                   Feddersen

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:090816BIZB1.15.0

Fundstelle(n):
NJW 2017 S. 488 Nr. 7
WM 2016 S. 1714 Nr. 35
ZIP 2016 S. 1752 Nr. 36
VAAAF-80889