StBMag Nr. 9 vom Seite 3

Editorial

Sascha König, Chefredakteur und Steuerberater

Die große Abrechnung mit den Gesetzesvorgaben

Die Österreicher machen es schon seit ein paar Jahren anders: Bereits 1999 wurde dort eine vorschreibende Gebührenordnung für Steuerberater durch empfehlende „Honorargrundsätze“ ersetzt – und die wurden dann 2007 ganz abgeschafft. Seitdem sind die österreichischen Berufskollegen nicht verarmt, ihre Kanzleien nicht untergegangen, ihr Vermögen ist nicht verfallen. Und auch die Mandanten scheinen damit zurechtzukommen – die österreichischen Kollegen berichten jedenfalls nichts anderes. Dennoch fürchten viele in Deutschland, eine Abschaffung der Gebührenverordnung könnte hierzulande größere Folgen haben als bei unseren österreichischen Nachbarn. Mein Eindruck: Obwohl viele wissen, dass der Berufsstand gut auch ohne die StBVV auskommen dürfte, wird ein solches Eingeständnis als „Einknicken“ der deutschen Steuerberaterschaft vor der Europäischen Kommission betrachtet, die schon lange von einer weitgehenden Liberalisierung der deutschen Freiberufe träumt. Manche warnen vor einer Art Dammbruch: Wenn das geschehe, seien auch für andere Veränderungen die Schleusen offen.

Ich würde für mehr Selbstbewusstsein des Berufsstands plädieren: Die Bedeutung der deutschen Steuerberater basiert nicht auf Honorarverordnungen, sondern resultiert aus Leistung und fachlicher Kompetenz.

Im Grunde haben wir deutschen Steuerberater uns innerlich doch von der Gebührenordnung schon verabschiedet: Sie wird als praktischer kleiner Ratgeber gesehen, als Argumentationshilfe gegenüber den Mandanten, als Maßstab dafür, was der Gesetzgeber als angemessen ansieht. Aber viele Kollegen setzen bei der Abrechnungspraxis schon weitgehend auf individuelle Vereinbarungen oder Stundensätze. Auch hier gilt, wie für den Berufsstand an sich, jetzt im einzelnen: Wir Steuerberater können selbstbewusst unsere Leistung anbieten, wir müssen den Wettbewerb aus angrenzenden Berufsgruppen wie Rechtsanwälten oder Unternehmensberatern oder auch von Steuerberatern aus dem Ausland nicht scheuen. Unsere zeigt das wieder deutlich.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Start nach der Sommerpause,

Ihr

Sascha König

Fundstelle(n):
StBMag 9/2016 Seite 3
NWB EAAAF-80834