Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden
A. Allgemeines
Die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährten Entschädigungen unterliegen grundsätzlich als Einnahmen aus „sonstiger selbständiger Arbeit” i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer. Dies gilt insbesondere für Entschädigungen, die für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden.
Steuerfrei sind
nach § 3 Nr. 13 EStG Reisekostenvergütungen, die nach den Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes oder entsprechender Landesgesetze gewährt werden,
nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig wären.
nach § 3 Nr. 45 Satz 2 EStG (ab dem VZ 2015) die private Mitbenutzung von Datenverarbeitungs- und Kommunikationsgeräten die den Ehrenamtlichen im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Verfügung gestellt werden.
B. Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG)
I. Ehrenamtliche Mitglieder eines Gemeinderats oder eines Stadtrats
Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen
seit dem
in einer Gemeinde oder Stadt mit
Tabelle in neuem Fenster öffnenmonatlichjährlich–höchstens 20.000 Einwohnern104,00 EUR1.248,00 EUR–20.001 bis 50.000 Einwohnern166,00 EUR1.992,00 EUR–50.001 bis 150.000 Einwohnern204,00 EUR2.448,00 EUR–150.001 bis 450.000 Einwohnern256,00 EUR3.072,00 EUR–mehr als 450.000 Einwohnern306,00 EUR3.672,00 EURDie pauschalen Entschädigungen und Sitzungsgelder sind jedoch mindestens in Höhe des in R 3.12 Abs. 3 Satz 3 LStR genannten Betrags von 200,00 EUR monatlich steuerfrei. Die Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge in anderen Monaten desselben Kalenderjahres ist zulässig. Dabei kann jedoch der steuerfreie Jahresbetrag uneingeschränkt nur dann angesetzt werden, wenn die Ratsmitgliedschaft während eines gesamten Kalenderjahres bestanden hat.
Neben den steuerfreien Beträgen nach Nr. 1 wird die Erstattung der tatsächlichen Fahrkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück, um an Rats-, Fraktions-, Gruppen- und Ortsvereinssitzungen, Bürgerversammlungen u. Ä. teilzunehmen, als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt. Bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs für die Fahrten zwischen Wohnung und Sitzungsort ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz oder dem entsprechenden Landesgesetz maßgebend.
Pauschale Fahrkostenerstattungen – soweit sie zusammen mit den übrigen Entschädigungen die Höchstbeträge nach Nr. 1 übersteigen – sind dagegen selbst dann steuerpflichtig, wenn sie nach Entfernungen oder durchschnittlichen Sitzungszahlen gestaffelt sind.
Die steuerfreien Beträge nach Nr. 1 erhöhen sich
für Ratsvorsitzende und für Fraktions- sowie Gruppenvorsitzende
auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1
für die Vertreter der Ratsvorsitzenden
auf das Eineindrittelfache der Beträge nach Nr. 1.
für die Vertreter des hauptamtlichen Bürgermeisters/Oberbürgermeisters in Gemeinden bzw. in kreisfreien und großen selbständigen Städten Bürgermeister auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1.
Sind satzungsgemäß mehrere – gleichberechtigte oder nachrangige – Vertreter bestellt, so gilt dies für alle Vertreter. Eine Vervielfachung des in R 3.12 Abs. 3 Satz 3 LStR genannten steuerfreien Mindestbetrags von 200,00 EUR monatlich kommt hingegen nicht in Betracht.
Übt ein Ratsmitglied mehrere dieser herausgehobenen Tätigkeiten zugleich aus, kann nur der höchste pauschale Steuerfreibetrag gewährt werden. Eine Addition ist nicht zulässig.
Im Übrigen ist die Regelung der R 3.12 Abs. 3 LStR zu beachten, d. h. dass Aufwandsentschädigungen der kommunalen Mandatsträger mindestens i. H. v. 200,00 EUR (bis einschließlich 2012: 175,00 EUR ) monatlich steuerfrei bleiben.
II. Ehrenamtliche Mitglieder eines Kreistages:
Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:
Tabelle in neuem Fenster öffnenseit dem
in einem Landkreis mitmonatlichjährlich–höchstens 250.000 Einwohnern204,00 EUR2.448,00 EUR–mehr als 250.000 Einwohnern256,00 EUR3.072,00 EURDie steuerfreien Beträge gelten auch für die Regionsabgeordneten der Region Hannover.
Abschn. I Nr. 2 und 3 ist sinngemäß anzuwenden.
III. Ehrenamtliche Mitglieder eines Samtgemeinderats
Die Regelungen des Abschn. I gelten sinngemäß. Dabei ist jedoch die Einwohnerzahl der Samtgemeinde maßgebend.
Die Regelungen zu I Nr. 1 gelten auch für Mitglieder des Rates einer Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde. Für ehrenamtliche Bürgermeister in Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden erhöhen sich die steuerfreien Beträge auf das Dreifache der Beträge nach Nr. 1, wenn ihnen die repräsentative Vertretung der Gemeinde obliegt (§§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 NKomVG). Für die Vertreter der ehrenamtlichen Bürgermeister in Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden erhöhen sich die steuerfreien Beträge auf das Doppelte der Beträge nach I Nr. 1. In diesen Fällen kommt eine Vervielfältigung des in R 3.12 Abs. 3 Satz 3 LStR genannten steuerfreien Mindestbetrags von 200,00 EUR monatlich nicht in Betracht.
IV. Ehrenamtliche Mitarbeiter der kommunalen Zweckverbände und der Verbandsversammlungen der Zweckverbände
Die Regelungen der Abschn. I und II gelten nicht bei kommunalen Zweckverbänden (z. B. Wasserversorgungs- oder Abwasserbeseitigungsverband).
Auf die Mitglieder der Verbandsversammlungen des Zweckverbandes Großraum Braunschweig ist Abschn. II sinngemäß anzuwenden.
V. Ehrenamtliche Mitglieder eines Ortsrats und Ortsvorstehers
Die Regelungen in Abschn. I Nr. 1 und 2 gelten sinngemäß. Dabei ist jedoch die Einwohnerzahl der Ortschaft maßgebend. Für den Vorsitzenden des Ortsrats (Ortsbürgermeister/-in) oder den Ortsvorsteher verdoppeln sich die steuerfreien Beträge nach Abschn. I Nr. 1*.
VI. Ehrenamtliche Mitglieder eines Stadtbezirksrates
Die Regelungen in Abschn. I Nr. 1 und 2 gelten sinngemäß. Dabei ist jedoch die Einwohnerzahl des Stadtbezirks maßgebend. Für Vorsitzende des Stadtbezirksrates (Bezirksbürgermeister/-in) verdoppeln sich die steuerfreien Beträge nach Abschn. I Nr. 1*.
VII. Gleichzeitige Mitgliedschaft in mehreren kommunalen Volksvertretungen
Steuerpflichtige, die gleichzeitig Mitglieder mehrerer kommunaler Volksvertretungen sind, können steuerfreie Entschädigungen i. S. d. vorstehenden Abschn. I bis V nebeneinander beziehen. R 3.12 Abs. 3 Satz 6 LStR ist insoweit nicht anzuwenden.
VIII. Tätigkeit von Ratsmitgliedern in Haupt ausschüssen
Die in Abschn. I Nr. 1 und II Nr. 1 genannten steuerfreien Höchstbeträge berücksichtigen auch die Tätigkeit von Abgeordneten in Hauptausschüssen . Eine pauschale Erhöhung der Höchstbeträge wegen solcher Tätigkeiten kann deshalb nicht vorgenommen werden. [1]
C. Wirkung der steuerfreien Aufwandsentschädigungen
Mit den steuerfreien Entschädigungen nach Teil B sind alle Aufwendungen, die mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit i. S. d. Teils B zusammenhängen, abgegolten. Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, ihre tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie nicht Kosten der Lebensführung sind, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In diesem Falle können die tatsächlichen Aufwendungen insoweit, als sie die steuerfreien Entschädigungen übersteigen, als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Die teilweise Anerkennung von Pauschalen und tatsächlichen Kosten nebeneinander ist nicht zulässig; die tatsächlichen Kosten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie für den gesamten Veranlagungszeitraum und alle Kostenarten einheitlich geltend gemacht werden.
Die vorstehenden Regelungen beruhen im Wesentlichen auf den MF-Erlassen vom , Nds. MBl 1978, S. 1653, vom , Nds. MBl 1990, S. 247, vom , Nds. MBl 2009, S. 516, vom Nds. MBl 2013, S. 899, und vom , Nds. MBl 2015, S. 1309, die im Zusammenwirken mit dem Niedersächsischen Innenministerium als oberste Aufsichtsbehörde oder in Betracht kommenden öffentlichen Kassen ergangen sind (Hinweis auf das BStBl 1993 II S. 50) sowie den , Nds. MBl 1999, S. 726, , Nds. MBl 2000, S. 341, , , Nds. MBl 2003, S. 354, und .
OFD Niedersachsen v. - S
2121 - 17 - St 213
Fundstelle(n):
IAAAF-80555
1Eine Vervielfältigung des in R 3.12 Abs. 3 Satz 3 LStR genannten steuerfreien Mindestbetrags von 200,00 EUR monatlich kommt nicht in Betracht.